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Verhängnisvolles Gold

Verhängnisvolles Gold

Titel: Verhängnisvolles Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Jones
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sie nahm meinen rosafarbenen Hello-Kitty-Rucksack in eine Hand und legte den anderen Arm um mich. Manchmal trug sie mich einfach aus der Tür hinaus ins Auto. Und genau daran erinnere ich mich in diesem Augenblick, in dem ich mich an sie lehne: klein sein und keine Verantwortung tragen, sich einfach gehen lassen dürfen, müde sein, Angst haben, einfach sein …
    »Ach, Zara Liebling«, murmelt sie in die Haare an meinem Ohr. »Du armer Schatz. Was haben diese Wesen dir angetan?«
    Wesen. Ich bin eines dieser Wesen.
    Ich zwinge mich, so weit zurückzutreten, dass ich sie anschauen kann. Mehr graue Haare schimmern zwischen all dem Braun. Die Haut unter ihren Augen ist von feinen Linien durchzogen und ihr Kinn scheint auch irgendwie älter geworden zu sein. Als ob es ein bisschen durchhängt? Vielleicht, keine Ahnung.
    »Mir geht’s gut, Mom«, sage ich, während sie den Kopf schüttelt. In ihren Augen sammeln sich Tränen. Sie hat mich nicht gesehen, seit ich mich in einen Elf verwandelt habe. Und jetzt bin ich so schwach, verletzt und müde. Ihre Lippe kräuselt sich ein bisschen, und sie weicht vor mir zurück, als wäre ich giftig.
    »Aber irgendwie habe ich kalte Füße«, sage ich. Ich hätte wirklich gern Schuhe an.
    Mit zusammengekniffenen Augen wirbelt sie zu Astley und dem anderen Elf herum, der wirklich sehr entspannt aussieht für jemanden, der gefesselt auf einer Veranda hockt. Eine Sekunde lang schaut sie sie nur an. Als sie mich loslässt, torkle ich nach hinten, aber Astley ist schneller als menschenmöglich neben mir und fängt mit der Hand meinen Kopf auf, bevor er gegen die Zedernschindeln des Hauses schlägt. Meine Mutter flippt aus.
    »Fass sie nicht an!«, sagt sie noch einmal und ihre Hände ballen sich zu Fäusten.
    »Es ist ein bisschen spät, jetzt die beschützende Mutter zu spielen«, gibt er zurück.
    »Was?« Sie spuckt ihn geradezu an mit dem Wort.
    »Soweit ich weiß, haben Sie sie hierher ins Zentrum der Gefahr geschickt, weil Sie zu große Angst davor hatten, sie selbst zu beschützen.« Wut kocht in ihm hoch, wie ich es nie zuvor gesehen habe. Ich weiß nicht, woher diese Wut kommt, aber sie braust durch die Luft, unbehaglich und hart und überraschend. Ich spüre sie.
    »Astley.« Ich sage seinen Namen, um ihn zu bremsen, aber meine Stimme klingt so schwach, dass sie nicht einmal auf mich Eindruck macht. Auf ihn offenbar auch nicht, denn er redet einfach weiter. »Sie kommen doch nur, wenn es Ihnen in den Kram passt. Sie haben zu viel zu tun mit Ihrem Job und Ihrem Leben, um sich um Ihr eigen Fleisch und Blut zu kümmern, stattdessen vertrauen Sie seine Sicherheit einem ältlichen Werwesen an, das …«
    »Astley!« Diesmal schreie ich seinen Namen. Warum tut er das? Vielleicht ist er nicht nur auf meine Mutter wütend, sondern überhaupt auf alle Mütter. Er hört auf und holt tief Luft. Aber er entschuldigt sich nicht.
    Von einer Eiche neben der Veranda fliegen Krähen auf und flattern krächzend davon.
    Meine Mom tritt einen Schritt vor. »Was fällt dir ein!«
    Astley will etwas sagen, aber Betty, die plötzlich bei uns auf der Veranda steht, schneidet ihm das Wort ab. Sie funkelt ihn böse an, wahrscheinlich weil sie es nicht gerade toll findet, von einem Elfenkönig als ältlich bezeichnet zu werden, und schreit dann: »Verschwinde!«
    Mein Körper ist von allem vollkommen überwältigt, sodass ich schwanke. Astley nimmt mich auf seine Arme. Ich bin zu müde, um zu protestieren, bringe aber ein »Mir geht’s gut« heraus.
    »Am besten trag ich sie rein.«
    »Du setzt keinen Fuß in dieses Haus«, sagt Betty. »Das ist mein Haus. Du kommst nicht herein. Gib sie mir.«
    Er zögert. Ich nicke leicht, und er zuckt zusammen, aber er legt mich in Bettys Arme. An dieser Stelle muss ich eines zugunsten meiner Großmutter sagen: Sie ist stark. Meine Mutter streckt die Hand aus und streicht mir die Haare aus dem Gesicht.
    Astley bleibt einen Augenblick vor der Tür stehen. Seine Stimme ist ganz sanft und ruhig: »Wir alle hier stehen auf derselben Seite.«
    »Du hast meine Tochter in ein Monster verwandelt«, sagt meine Mutter. Weniger starke Typen würde ihr Blick töten. »Wir stehen nicht auf derselben Seite.«
    Etwas in mir bricht auf und das schmerzt sehr viel mehr als meine Schusswunde.
    »Sie hat mich darum gebeten«, erwidert er unnachgiebig. Der Wind weht ihm die Haare aus der Stirn. »Wir sind keine Monster.«
    Meine Mutter macht ebenfalls keinen Rückzieher. »Du hast ihre

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