Verheißung Der Nacht
sie, dass er sich von ihr zurückzog, bis in die hinterste Ecke des Zimmers. Mit dem Rücken zur Wand blieb er dort stehen.
»Es sollte wohl eher ein gemeinsamer Trost sein«, meinte sie, als sie sicher war, dass er nicht beabsichtigte, das Schlafzimmer zu verlassen.
»Und zum Teufel mit all den Regeln.«
Sie schüttelte den Kopf, ihr Haar fiel ihr über das Gesicht. »Das hier soll nicht für ewig sein. Du kannst es, wenn du willst, als eine schlichte menschliche Begegnung betrachten. Und dafür habe ich die Regeln eingehalten.«
»Indem du mitten in der Nacht hierherkommst?« fragte er ungläubig.
»Du hast nicht geschlafen, denn sonst hättest du mich nicht gehört. Ich habe versucht, mich dir von vorn zu nähern, und ich habe dich gewarnt, indem ich deinen Namen gerufen habe. Ich habe mich so langsam wie möglich bewegt, und ich glaube, wenn du fair bist, kannst du nicht behaupten, dass mein Kommen eine Bedrohung für dich ist.«
»Das ist Ansichtssache«, behauptete er knapp.
»Vielleicht habe ich dich missverstanden .« Sie stand auf und kam mit fließenden Schritten auf ihn zu. »Sag mir, wenn ich auf dich zukommen würde wie jetzt, wenn ich die Hand ausstrecken würde, um dich zu berühren, wäre das noch innerhalb der Regeln?«
Der Wind wehte ins Zimmer und drückte das Nachthemd eng an ihren Körper. Als ein Windstoß ihr langes Haar erfaßte und ihre Locken Reids Haut streiften, blieb Cammie stehen. Sie hob eine Hand und legte die Fingerspitzen eine nach der anderen gegen seine Brust. Langsam und vorsichtig ließ sie sie durch das goldbraune krause Haar auf seiner Brust gleiten.
»Tu das nicht!« Sein Befehl klang rauh.
Sie hielt inne. Bis zu diesem Augenblick hatte Mut und Sehnsucht sie aufrechterhalten und ein eigenartiges Gefühl, das ihr sagte, dass es richtig war, was sie tat. Doch jetzt verschwanden diese Gefühle.
Sie zog die Hand zurück und schlang die Arme um ihren Oberkörper. In einem Ton, der ihr Verlangen und auch ihre Verzweiflung ausdrückte, sagte sie: »Ich bemitleide dich nicht, das tust du schon selbst zur Genüge. Aber ehe du uns beide opferst, denkst du vielleicht einmal darüber nach, dass es Menschen gibt, die Probleme haben, die menschliche Nähe genau- sosehr brauchen, wie du sie ablehnst. Und auch sie fühlen Schmerz.«
Er hörte ihr zu, schien die Wahrheit in ihren Worten zu begreifen. Leise sagte er: »Das einzige, was ich verletze, ist dein Stolz. Und Stolz heilt.«
Sie ließ sich seine Antwort durch den Kopf gehen, doch es entging ihr auch nicht, dass ein Schauer durch seinen Körper lief. Er preßte die Arme hinter sich gegen die Wand, als wollte er sie beiseite schieben, um Platz zu haben für seinen Rückzug. Ihre Stimme klang vorsichtig, aber sie gab sich noch nicht geschlagen. »Sag mir, dass du mich nicht willst, und ich werde gehen.«
»Das wäre eine offensichtliche Lüge.«
Das wäre es wirklich. Das zuckende Licht der Blitze verriet ihr, wie erregt er war.
»Warum ist es denn so kompliziert?« fragte sie.
»Oh, das ist es nicht«, nahm er ihre Herausforderung an. »Nicht wenn das, was du von mir willst, reiner Sex ist. Irgendwie hatte ich geglaubt, du erwartest Mondschein und Blumen und Versprechen für die Zukunft.«
»Das hatte ich schon einmal«, wehrte sie ab, und ihre Augen waren ganz groß in der Dunkelheit. »Es hat nicht lange angehalten.«
»Das wird dies hier auch nicht. Und ich werde dir weh tun«, fügte er noch hinzu, Verzweiflung in der Stimme. »Wenn nicht jetzt, dann irgendwann, wenn du Freundlichkeit am nötigsten brauchst und wenn du es am wenigsten erwartest.«
»Ich brauche nur die heutige Nacht«, flüsterte sie schmerzlich.
Der Wind heulte um das Haus, der Regen rauschte. Die Blitze zuckten in regelmäßigen Abständen, wie eine abgenutzte Neonreklame.
Als er dann endlich sprach, hatte seine Stimme den beißenden Ton von unterdrückter Wut. »Das«, sagte er, »brauche ich auch.«
Er griff nach ihr, als wolle er ihr jeden einzelnen Knochen im Körper brechen, als wünschte er sich, sie würde ihren Wagemut bedauern. Sie wich nicht zurück, dennoch konnte sie nicht verhindern, dass ein Schauer durch ihren Körper lief, als er seine Hände auf sie legte. Er hob sie auf seine starken Arme und trug sie zum Bett.
Sie hatte erwartet, er würde sie aufs Bett werfen, doch statt dessen sank er mit ihr auf den Armen auf die Matratze. Die Finger, mit denen er sie berührte, mit denen er sie noch näher an seinen starken Körper
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