Verheißung Der Nacht
Absichten getan. Er mochte der Eigentümer der Papierfabrik sein, doch seine Erziehung war offensichtlich vernachlässigt worden, während er in der Armee war. Seine Kleidung schien nur aus Jeans und Tarnkleidung zu bestehen. Er lebte im Wildreservat und fuhr einen Jeep. All das zusammengenommen machte ihn zum König der Primitiven. Er war all das, was sie an einem Mann verachtete.
Warum reagierte ihr Körper dann auf ihn wie noch auf keinen anderen Mann zuvor?
Cammie trat die Decke weg und rollte sich auf den Rücken.
Das hier war nur ein vorübergehender Augenblick des Irrsinns, sie würde darüber hinwegkommen.
Weniger als alles andere konnte sie jetzt noch eine weitere Verwicklung in ihrem Leben gebrauchen. Wie auch immer, eine Frau warf sich nicht einem Mann in die Arme.
Sie verlangte nach ihm mit einer tiefen, inneren Sehnsucht, die mit körperlichem Verlangen nichts zu tun hatte. Es war, als würde ihr innerstes Wesen die Arme nach ihm ausstrecken.
Reid würde sie für verrückt halten oder womöglich verdorben. Vielleicht stimmte das ja. Warum sonst würde sie daran denken, sich dem Schmerz und der Gefahr auszusetzen, die ihr dieser Mann bringen würde?
Sie setzte sich auf und glitt aus dem Bett, ging zum Fenster hinüber, zog die Gardine beiseite und sah hinaus. Die Bäume im Garten erstrahlten in einem silbrigen Grün unter dem Licht der Blitze, die Unterseite der Blätter zeigte sich hellgrau, als die Äste im Wind heftig hin und her wehten. Donner grollte warnend in der Ferne und entlud sich dann in einem lauten Krachen.
Cammie griff nach dem Verschluss des Fensters und öffnete ihn. Das Geräusch des Regens erfüllte den Raum, der Wind trug einen Hauch frischer, feuchter Luft ins Zimmer. Wie ein Aphrodisiakum wirkte er auf sie. Der Donner wurde lauter, die Blitze greller. Als sie sich aus dem Fenster beugte, zuckte der silberne Speer eines Blitzes über den Himmel, gleich danach erfolgte ein krachender, explodierender Donner, der den Boden unter ihren Füßen beben ließ.
Und dennoch tobte in ihrem Inneren ein viel größerer Sturm, ein wüster Konflikt zwischen inneren Werten und Instinkt.
Über letzteres hatte sie an diesem Abend viel nachgedacht und auch darüber geredet. Warum also sollte sie sich Gedanken darüber machen, sich jetzt davon leiten zu lassen?
Sie wandte sich von dem Fenster ab, ließ es offen und ging durch das Schlafzimmer in den Flur. Sie zögerte sekundenlang und schloss die Augen, dann öffnete sie sie weit und drehte sich zu dem Schlafzimmer am anderen Ende des langen Flurs um.
Als sie mit entschlossenen Schritten zu diesem Zimmer strebte, schien es ihr, als stände sie selbst abseits und beobachtete sich mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und Zustimmung. Es war unheimlich, als gehorchten ihre Beine nicht länger, als könnte sie den Füßen, die sich langsam über den dicken Orientteppich auf dieses Zimmer zubewegten, nicht länger Einhalt gebieten. Sie wurde unwiderstehlich angezogen von einer Macht, die sie nicht kontrollieren konnte.
Stimmte das oder war es nur eine Entschuldigung? Wie auch immer, sie konnte sich nicht zurückhalten. Sie war auch nicht sicher, ob sie es überhaupt wollte.
Doch ihr Selbsterhaltungstrieb funktionierte noch. Sie streckte die Hand aus nach der Türklinke des blauen Zimmers und drückte sie vorsichtig hinunter. Als sie die Tür dann behutsam aufstieß, rief sie leise den Namen des Mannes und versuchte, ihn nicht zu erschrecken, falls er noch schlief.
Aber er schlief nicht.
Er seufzte so tief und so nahe neben ihr, dass sie seinen warmen Atem auf ihrem Gesicht fühlte. Im gleichen Augenblick schloss sich seine Hand fest im ihr Handgelenk und zog sie nach vorn. Es war nur ein kleiner Ruck, beinahe sanft, doch er hatte genügend Kraft, sie bis mitten in das Zimmer zu wirbeln. Sie hielt sich am Bettpfosten fest und setzte sich abrupt auf das Bett.
Reid stieß die Tür heftig zu, dann drehte er sich zu ihr um.
»Wolltest du meine Reflexe testen?« fragte er voll unterdrückter Wut.
Sein Fenster war auch geöffnet, genau wie ihres. Hinter den Gardinen, die sich im Wind bauschten, zuckten Blitze über den dunklen Nachthimmel. In dem schwachen blauen Licht konnte sie die kräftige männliche Schönheit seines nackten Körpers erkennen. Und auch die Qual in seinem Gesicht.
»Nein«, antwortete sie leise. »Ich wollte sie eher in Versuchung führen.«
»Du hast wohl Mitleid mit der armen Bestie. Ist es das?«
An seiner Stimme hörte
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