Verhext in Texas: Roman (German Edition)
Aber dann war es doch jedes Mal bloß ein Kunde. Ich verbrachte mehr Zeit vorn im Laden als gewöhnlich; um im Büro sitzen zu bleiben, war ich viel zu nervös.
Gegen Mittag hielt ich die Warterei nicht mehr aus und überlegte mir, dass die Person von MMI sicher sofort auftauchen würde, sobald ich mal für eine Weile hier verschwand. Also holte ich mir mein Mittagessen im Dairy Queen und fuhr dann rüber ins Motel, um mit Nita zusammen zu essen. Sie saß an der Rezeption und hatte die Nase ganz tief in ein pinkfarbenes Buch mit einem Martini-Glas auf dem Cover gesteckt. Als bei meinem Eintreten die Glocke bimmelte, fuhr sie hoch. »Was führt dich denn her?«, fragte sie.
»Ich brauchte mal eine Pause von meiner verrückten Familie«, antwortete ich vollkommen ehrlich. »Manchmal mache ich mir Sorgen, dass der Wahnsinn auf mich überspringt und ich genauso schlimm werde wie sie.«
Sie stöhnte auf. »Wem sagst du das! Du hättest mal die Zeremonie sehen sollen, die Mom hier heute Morgen abgehalten hat. Mit Räucherstäbchen, Gesang und allem Drum und Dran.«
Der Raum roch anders als sonst, nicht nach dem üblichen Putzmittel und Raumspray. »Warum? Was ist passiert?«
»Dad hat sich die Bänder der Überwachungskamera von neulich Nacht angesehen, als das Fenster plötzlich verschwunden ist. Es war niemand da in der halben Stunde vor und nach dem Zeitpunkt, an dem ich mir sicher bin, etwas gehört zu haben. Die Bilder sind zu pixelig, als dass man genau sagen könnte, wann das Fenster verschwand. Mom hat natürlich einen Anfall gekriegt. Ich glaube ja, die Zeitangabe der Überwachungskamera stimmt nicht. Sie wurde vor einigen Jahren nicht auf die Sommerzeit umgestellt und seitdem geht sie immer falsch. Aber Mom hat sich darauf versteift, dass böse Geister ihre Finger im Spiel hatten.«
»Deine und meine Mom trinken anscheinend die gleiche Teesorte«, sagte ich und gesellte mich auf ihre Seite des Tresens. »Meine Mom ist neuerdings davon überzeugt, dass in der Stadt verrückte Dinge vor sich gehen.« Auch wenn sie ja recht hatte. Es war ihre Begeisterung dafür, merkwürdige Dinge zu entdecken – und die Möglichkeit, dass sie das in Schwierigkeiten bringen würde –, die mich beunruhigte. Und jetzt fragte ich mich, ob dieses fehlende Fenster vielleicht irgendetwas mit dem hiesigen Zauberer zu tun hatte.
»Das kommt daher, dass diese Stadt so unglaublich langweilig ist, dass man sich Dinge einbilden muss, um überhaupt mal was Aufregendes zu erleben. Wenn mein Dad jedes kulturelle Klischee erfüllen und unbedingt ein Motel führen musste, warum konnte es dann nicht wenigstens eins in einer richtigen Stadt sein? Wir könnten in der Nähe von einem großen Freizeitpark wohnen. Oder einer bedeutenden Sehenswürdigkeit.« Nita wedelte mit dem Buch durch die Luft. »Das ist nicht fair! Warum kann ich nicht so ein Leben haben und mit meinen Freundinnen nach der Arbeit Cocktails in einer Bar trinken und heiße Dates mit erfolgreichen Männern haben? Wenn ich mir vorstelle, dass du längst an dem Punkt warst und das alles hinter dir gelassen hast!«
»Es ist nicht ganz so, wie es einem die Bücher suggerieren.«
»Du bist also nicht mit deinen Freundinnen ausgegangen und hast keine Dates gehabt?«
»Doch, schon. Aber es war gar nicht so spaßig, wie das in Büchern immer klingt. Ich hatte eine Menge Blind Dates, die alle in die Hose gegangen sind. Einige waren sogar richtige Katastrophen.«
»Du weißt doch, wie es immer so schön heißt: Man muss viele Frösche küssen, bevor man seinen Prinzen findet.«
Ich erschauderte. »Das ist nicht so effektiv, wie man meinen sollte«, murmelte ich leise.
»Was soll das heißen?«
»Ich meine, Quantität heißt nicht unbedingt, dass man irgendwann Qualität findet.« Außerdem tendierten Männer, die Frösche gewesen waren, dazu, nachhaltige Probleme zu haben, wenn der Zauber aufgehoben war und sie sich wieder in Männer zurückverwandelt hatten.
»Klingt trotzdem besser, als das Leben an einer Motel-Rezeption zu verbringen. Ist ein einziges Date denn zu viel verlangt?«
»Du hast noch nie ein Date gehabt?«
»Ach, komm schon, Katie, du warst doch auf derselben Schule.«
»Ja, aber seitdem?«
»Okay, vielleicht eins oder zwei in meiner Zeit am College, als meine Eltern es nicht mitbekommen haben. Aber seitdem nicht mehr. Wen gibt es denn hier schon, mit dem ich ausgehen könnte?«
»Steve Grant ist offenbar noch Single.«
Sie lachte laut auf. »Ha, ha, der
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