Verhext
unterbrochen.
Iphiginia sah auf die Uhr. Eine Minute vor drei. Sie warf einen Blick aus dem Fenster und entdeckte die schwarze Kutsche vor der Tür. Ihr Puls begann, schneller zu klopfen. Freudige Erwartung belebte all ihre Sinne.
Es war vollkommen verrückt, dachte sie. Sie durfte nicht zulassen, daß Marcus eine solche Wirkung auf sie hatte. Also bemühte sie sich, ihrer Stimme einen neutralen Klang zu verleihen.
Die Tür der Bibliothek wurde geöffnet, und die Haushälterin erschien.
»Ja, Mrs. Shaw?«
»Der Earl of Masters wünscht Sie zu sehen, Madam. Sind Sie zu
Hause?«
»Natürlich ist sie zu Hause. Das sieht doch jeder Idiot.« Marcus spazierte in die Bibliothek, ohne abzuwarten, bis ihn die Angestellte ordnungsgemäß angekündigt hatte. »Guten Tag, Mrs. Bright. Miss
Farley«
»Mylord«, sagte Iphiginia betont kühl. »Sie kommen zu früh.« »Eine Minute. Ich hoffe, Sie verzeihen mir.« Marcus ging hinüber zum Schreibtisch, nahm ihre Hand und hob sie an seine Lippen. Seine Augen blitzten amüsiert auf, als sei er sich Iphiginias inneren Durcheinanders nur allzu bewußt.
»Erlauben Sie mir, Ihnen meinen Mittelsmann Mr. Manwaring vorzustellen«, sagte Iphiginia.
Marcus blickte Adam aus zusammengekniffenen Augen an. »Manwaring.«
»Sir.« Adam erhob sich höflich. »Ich wollte gerade gehen.«
»Ach ja?« fragte Marcus in ermutigendem Ton. »Dann lassen Sie sich nicht von mir aufhalten.«
Adam errötete.
Iphiginia runzelte die Stirn ob dieser unverhohlenen Unhöflichkeit. »Mr. Manwaring war mit seinen Ausführungen noch nicht ganz fertig, nicht wahr, Mr. Manwaring?«
Adam schob seine Papiere zusammen. »Wie gesagt sonst gibt es nicht viel zu erzählen, außer, daß Miss Todd fast immer von der Wycherley Agentur vermittelt wurde.«
»Verdammt«, sagte Marcus leise.
Iphiginia blickte ihn überrascht an. »Stimmt etwas nicht, Mylord?«
»Nein.« Marcus ging hinüber zum Fenster. »Mir fiel nur gerade etwas ein.«
Iphiginia wandte sich erneut an Adam. »Vielen Dank, Mr. Manwaring. Sie haben uns wie immer sehr geholfen. Das wäre dann alles für heute.«
Marcus sprach, ohne sich umzudrehen. »Einen Augenblick, Manwaring.«
»Ja, Mylord?«
»Haben Sie sich bei der Wycherley Agentur nach Miss Todd erkundigt?«
»Ja, das habe ich«, sagte Adam. »Ich habe gestern mit Mrs. Wycherley persönlich gesprochen. Sie leitet die Agentur seit über zwanzig Jahren. Sie war auch diejenige, die mir sagte, daß Miss Todd vor fünf Jahren gestorben ist.«
»Ich verstehe.«
Iphiginia starrte auf Marcus’ breiten Rücken. Adam war ihr Mittelsmann, nicht seiner. »Würdest du Mr. Manwaring bitte zur Tür begleiten, Amelia?«
Amelia erhob sich eilig. »Ja, natürlich.«
Adam errötete. »Das ist doch nicht nötig. Ich finde auch allein zur Tür, Miss Farley«
»Es ist mir ein Vergnügen, Sie hinauszubegleiten, Mr. Manwaring.« »Nun, wenn Sie darauf bestehen.«
Iphiginia wartete, bis sich die Tür der Bibliothek hinter den beiden geschlossen hatte. Dann kicherte sie vergnügt. »Wissen Sie, die beiden sind wie geschaffen füreinander.«
»Welche beiden?«
»Meine Cousine und Mr. Manwaring. Ich hoffe wirklich, daß sie bald merken, daß sie das ideale Paar sind. Sie haben so viele Gemeinsamkeiten, was ihre Persönlichkeit und ihren Intellekt angeht.«
»Was für ein Unsinn.« Marcus fuhr ungeduldig zu ihr herum. »Gefallen Sie sich in der Rolle der Heiratsvermittlerin?«
»Sie werden schon sehen«, verkündete Iphiginia selbstsicher. »Ich habe ein Gespür für solche Dinge.«
»Blödsinn. Sie haben ein Gespür dafür, Durcheinander anzurichten.«
Sie blitzte ihn böse an. »Was ist los mit Ihnen, Sir? Sind Sie immer noch beleidigt wegen des kleinen Zwischenfalls bei den Pettigrews? Wie ich Ihnen bereits sagte, es hat sich nichts verändert. Und wir werden den Erpresser erwischen.«
»Nein, verdammt, ich bin wegen der Sache nicht beleidigt. Das würde schließlich nichts nützen. Was geschehen ist, ist nun mal geschehen.«
»Weshalb haben Sie dann so schlechte Laune?«
Er ließ seinen massigen Körper vorsichtig auf einen der klauenfüßigen Stühle sinken und starrte Iphiginia nachdenklich an. »Glauben Sie an den Zufall?«
Iphiginia zuckte leicht mit den Schultern. »Es geschehen manchmal schon seltsame Dinge. Warum fragen Sie?«
»Weil es bezüglich unserer Erpressergeschichte einen recht interessanten Zufall gibt.«
»Welchen?«
»Meine Freundin, das zweite Opfer, hatte zu der Zeit, als
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