Verhext
geht es nicht. Es gibt genug Leute, die so wohlhabend sind wie du und die einem Freund nicht einen Pfennig leihen würden.«
Marcus ignorierte diese Bemerkung. »Dieser verdammte Erpresser wird immer dreister. Es wird Zeit, der Sache ein Ende zu machen.«
»Hast du inzwischen herausgefunden, wer dieser Erpresser ist?«
»Nein.« Marcus sah sie aus zusammengekniffenen Augen an. »Aber ich muß dich etwas fragen.«
»Worum geht’s?«
»Ich glaube, mich daran zu erinnern, daß zum Zeitpunkt von Spaldings Tod eine junge Frau bei dir angestellt war. Ich bin ihr nur ein, zweimal begegnet, aber ich glaube, sie hatte rote Haare.«
»Caroline Baylor.« Hannah verzog angewidert das Gesicht.
»Was weißt du über sie?«
»Sehr wenig. Spalding erlaubte mir nie, irgendwo allein hinzugehen, noch nicht einmal zu meiner Familie in Hampshire. Er behauptete, er wolle mich schützen, aber in Wahrheit hat er wohl nur befürchtet, daß ich ihm davonlaufen würde. Er hatte Angst vor dem Skandal.«
»Dieses Schwein.«
»Als ich mich darüber beschwerte, ständig im Haus bleiben zu müssen, heuerte er Caroline Baylor als Gesellschafterin für mich an. Ich mochte sie nie. Sie war irgendwie verschlagen. Sie kam von einer angesehenen Agentur und hatte alle möglichen Referenzen, aber ich glaube bis heute, daß sie eigentlich Spaldings Geliebte war.«
Es wäre typisch für Spalding gewesen, seine Mätresse im Haushalt seiner Frau zu beschäftigen, überlegte Marcus. »Weißt du, was aus ihr geworden ist?«
»Sie verschwand am Morgen, nachdem ich -« Hannah umklammerte ihre Tasche, »nachdem ich Spalding getötet hatte. Aber sie war in jener Nacht nicht im Haus, Marcus. Sie war ausgegangen. Das weißt du. Du kamst direkt, nachdem ich abgedrückt hatte. Ich war mit Spalding allein gewesen.«
»Du sagst, sie kam von einer angesehenen Agentur. Erinnerst du dich noch an den Namen?«
»Die Wycherley Agentur. Sie gilt als beste Agentur in ganz London.«
»Vielleicht weiß ja die Inhaberin der Agentur, was aus ihr geworden ist.«
Hannah riß die Augen auf. »Du glaubst doch nicht etwa, daß Caroline Baylor die Erpresserin ist?«
»Wo glaubst du, war sie in jener Nacht?«
»Keine Ahnung.« Hannah verzog das Gesicht. »Caroline Baylor war anders als andere Gesellschafterinnen. Sie kam und ging, wie es ihr gefiel. Warum willst du sie plötzlich unbedingt finden?«
Es war nicht einfach, so viele Geheimnisse zu bewahren. Marcus wählte seine Worte mit Bedacht. »Ich habe die Hypothese aufgestellt, daß die Erpresserin eine bezahlte Gesellschafterin sein könnte. Jemand, der eine Zeitlang eine Position innehatte, in der er sowohl hinter deine Geheimnisse als auch hinter die des anderen Opfers gekommen sein könnte.«
»Und der nun seine ehemaligen Arbeitgeber erpreßt? Großer Gott, an so etwas hätte ich niemals gedacht.« Hannah runzelte die Stirn. »Ich kann mir Caroline durchaus als Erpresserin vorstellen. Aber warum sollte sie so lange warten?«
»Wir wissen noch nicht einmal, ob sie hinter der Sache steckt. Aber es ist ein Anfang.« Marcus zog seine Taschenuhr hervor und warf einen Blick darauf. Es war halb drei. Um drei Uhr war er mit Iphiginia verabredet. »Ich muß los, Hannah. Ich werde dafür sorgen, daß du die fünftausend Pfund so schnell wie möglich bekommst. Mein Mittelsmann wird sie dir zukommen lassen.«
»Es ist wirklich nett von dir, mir nach all den Jahren noch einmal zu helfen«, flüsterte Hannah. »Ich wüßte nicht, was ich ohne dich machen würde.«
»Wir sind Freunde. Es besteht also keine Veranlassung, mir zu danken.« Marcus beugte sich vor, um die Tür der Droschke zu öffnen.
»Marcus, warte.« Hannah berührte ihn sanft am Arm. »Verzeih mir die Frage, aber bist du unterwegs, um Mrs. Bright zu treffen?«
Marcus sah sie an. »Warum fragst du?«
»Als deine Freundin muß ich dir sagen, daß ich die wildesten Gerüchte gehört habe.«
»Über mich hat es schon immer die wildesten Gerüchte gegeben, Hannah, das weißt du.«
»Ja, aber dieses Mal ist es etwas anderes. Ich habe gehört, daß deine neue Mätresse wirklich ungewöhnlich ist.«
Marcus unterdrückte den Wunsch, ihr zu sagen, daß Iphiginia nicht seine Mätresse war, sondern daß sie in seinem Leben eine viel wichtigere Rolle spielte. Aber dazu war es noch zu früh, selbst Hannah gegenüber.
Er rettete sich durch einen seiner bekannten Grundsätze. Erkläre niemals etwas.
»Hannah, du weißt, daß ich über solche Dinge niemals rede.« Er
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