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Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Ich
sagte…
     
    Judy gab es einen Stich. Sie ließ das Büchlein sinken.
Dea Nukleia: der kleine Scherz, nur zwischen ihr und Ben – so
hatte sie zumindest gedacht. Aber er hatte auch ihn auch mit Caroline
geteilt, vielleicht stammte er sogar von Caroline… zum Teufel
mit ihm, mit diesem Mistkerl…
     
    … signifikanten Fortschritt bei dem
HK-Problem…
     
    … nicht wissen, welch ungeahnte
Anwendungsmöglichkeiten sich hierbei ergeben könnten, doch
ich denke, das geht jedem Wissenschaftler so. Das alles erinnert mich
an den großen Pasteur, der…
     
    … und genau in diesem Moment fielen die Computer aus. Das
Unglück, so völlig von der Technik abhängig zu sein,
die wir benötigen, um jene Technik voranzutreiben, die wir
brauchen, um eine ganz neue Technik zu erschaffen…
     
    Und dann, ganz am Ende, veränderte sich der Charakter des
Büchleins. Selbst Bens Schrift war jetzt anders:
größer, weniger sorgfältig, hingeworfene Worte, die
über die ganze Seite gingen. Die gewichtigen Verallgemeinerungen
fehlten, und es war mehr echte Wissenschaft vorhanden, Gleichungen
und GenCodes, dazwischen eingestreut knappe, drängende Fragen.
Manchmal stand unter einer hingekritzelten Eintragung ein riesiges
Fragezeichen, manchmal ein Ausrufungszeichen. Ben warf sich nicht
mehr in Positur, er war etwas Konkretem auf der Spur, und seine
Erregung wirkte echt.
    Die letzten beiden Seiten explodierten zu temperamentvollen
Kritzeleien.
    Der einsame Kämpfer, eine halbe Figur mit schwarzer Maske und
Cowboyhut, schoß eine Silberkugel aus seinem Colt. Ben hatte
kein Talent, die Figuren waren schlecht und übertrieben
gezeichnet, aber sie waren Ausdruck purer nichtkünstlerischer
Aufgeregtheit. Die riesige Silberkugel trug die Aufschrift ehrlich!
Die gegenüberliegende Seite war mit Projektilen in allen Formen
und Größen bedeckt, die aus einer verrückten
Ansammlung von Waffen hervorschossen: aus Gewehren und Revolvern und
Kanonen und merkwürdig aussehenden Dingern, deren
Unkenntlichkeit entweder in ihrer Nichtexistenz begründet lag
oder in Bens Unzulänglichkeit als Zeichner. Jedes Projektil trug
einen Namen. PETEY. DER BRONZE-LÖWENZAHN. PRINZESSIN GRIMELDA.
Und am untersten Ende der Seite stand in Großbuchstaben, die
mit explodierenden Sternen dekoriert waren, EUREKA!
    Judy starrte die beiden Seiten an. EHRLICH – damit meinte er
gewiß Paul Ehrlich, den berühmten Bakteriologen und
Nobelpreisträger der Jahrhundertwende. Ehrlich hatte die Idee
der ›magischen Kugel‹ postuliert, eines Wirkstoffes, der,
einmal ›abgeschossen‹, nur jene Zellen treffen sollte, die
eine Krankheit verursachen, ohne anderen Körperzellen Schaden
zuzufügen. Judy wußte von Ben, daß das medizinische
Zentrum der Universität Boston gute Arbeit in dieser Richtung
geleistet hatte, als es dort gelungen war, ausgehend von
Diphtherietoxinen eine genmanipulierte ›Kugel‹ zu schaffen,
die auf AIDS abzielte. Das veränderte Toxinmolekül konnte
nur über einen bestimmten, ausschließlich an
HIV-infizierten Zellen vorkommenden Rezeptor in diese Zellen
eindringen.
    Ben und Caroline hatten sich mit der Frage beschäftigt, wie
die Hüllproteine von Retroviren an Rezeptoren haften. War ihnen
plötzlich klargeworden, daß ihre Arbeit zu einer magischen
Kugel führen könnte, die aus gentechnisch veränderten
Viren statt aus Toxinen hergestellt wurde? Eine magische Kugel
für etwas wie Krebs, zum Beispiel?
    Jetzt wünschte Judy, sie wäre damals zu Bens letztem
Vortrag in Las Vegas gegangen.
    Aber was hatten diese mit absonderlichen Namen versehenen
Geschosse auf der anderen Seite zu bedeuten? Wer waren Petey und
Kassandra und Prinzessin Grimelda? Und was für ein Name war
›der Bronze-Löwenzahn‹?
    Plötzlich kam ihr ein Gedanke. Sie rappelte sich hoch und
rief im Labor von Whitehead an. Keiner ging ans Telefon. Ach ja, es
war doch Sonntag. Sie blätterte im Telefonverzeichnis und fand
eine brauchbare Nummer.
    »Könnte ich bitte Greg Harkins sprechen…? Greg?
Hier spricht Judy Kozinski. Ja, Doktor Kozinskis Frau… Vielen
Dank. Ja, es war ein schrecklicher Schlag. Hören Sie, es tut mir
leid, Sie am Sonntag zu Hause stören zu müssen, aber Sie
gehörten doch zu den Doktoranden, die letzten Sommer dem Labor
meines Mannes zugeteilt waren, oder? Erinnern Sie sich vielleicht
noch an die Namen der Versuchsratten?«
    Der junge Mann am anderen Ende der Leitung zögerte. Judy
erinnerte sich nicht, wie er aussah oder ob er verheiratet war;

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