Verirrte Herzen
und wickelte sie in ihre Decke ein.
»Mir ist so kalt«, klagte Lilly. Sie zitterte am ganzen Körper so sehr, dass das Bett mitwackelte. Offensichtlich hatte sie Schüttelfrost.
Eilig holte Anne das Fieberthermometer und steckte den Sensor in Lillys Ohr. Eine Sekunde später piepste das Gerät. »Fast vierzig Grad«, murmelte Anne. Zärtlich strich sie über Lillys Stirn. »Ich hole dir den Fiebersaft.« Wenig später ließ sie die pinkfarbene Flüssigkeit auf einen Löffel laufen. »So, Mund aufmachen.«
Lilly gehorchte. Der Saft schmeckte lecker nach Himbeere.
»Versuch ein bisschen zu schlafen. Ich bleibe bei dir.« Anne setzte sich auf die Bettkante und strich ihrer Tochter durch die Haare.
Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis Lilly in einen unruhigen Schlaf fiel. Immer wieder stöhnte sie laut auf. Kleine Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn.
Als Anne eine Stunde später erneut Fieber maß, war es noch angestiegen. Anne gab Lilly noch ein Zäpfchen und machte ihr Wadenwickel.
»Ist alles in Ordnung?« Nadine spähte um die Ecke.
Anne zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Sie hat hohes Fieber. Ich habe ihr gerade noch einmal andere Medikamente gegeben. Damit sollte das Fieber endlich sinken.« Vor Besorgnis hatte sich eine tiefe Furche in Annes Stirn eingegraben.
Liebevoll legte Nadine ihre Hand auf Annes Schulter. »Das wird schon wieder.« Sie lächelte ihr aufmunternd zu.
Es war wirklich nicht das erste Mal, dass Lilly krank war und Fieber hatte, aber dieses Mal wirkte ihre Tochter kränker als sonst, und auch das Fieber war höher. »Du hast sicher recht. Aber als Mutter macht man sich irgendwie immer zu viele Sorgen.« Anne seufzte.
»Na gut. Ich werde mich mal schlafen legen. Wenn etwas sein sollte, weckst du mich«. Mit diesen Worten zog sich Nadine in ihr Schlafzimmer zurück.
»Alles klar und danke.« Anne verzog ihre Mundwinkel zu einem angedeuteten Lächeln.
Von dem Gespräch der beiden Frauen geweckt öffnete Lilly die Augen. »Ich habe Durst«, flüsterte sie leise. Es strengte sie sehr an zu sprechen.
Anne holte ihrer Tochter ein Glas Wasser, das Lilly in kleinen Schlucken austrank. Ihre Augen glänzten fiebrig.
»Möchtest du vielleicht auch eine Kleinigkeit essen, mein Schatz?« fragte Anne.
Lilly schüttelte geschwächt den Kopf. »Ich habe keinen Hunger.«
»Dann schlaf weiter.« Anne fuhr sanft durch Lillys verschwitzte Locken.
Die ganze Nacht wachte Anne an Lillys Bett. Trotz Medikamenten und Wadenwickeln wollte das Fieber nicht sinken. Annes Sorge wurde immer größer.
Im Morgengrauen schreckte Lilly plötzlich aus dem Schlaf hoch. »Mama, mein Kopf tut so weh«, klagte sie. Tränen kullerten ihr schmerzverzerrtes Gesicht hinunter.
Besorgt schaltete Anne die Nachttischlampe ein, um die Dunkelheit zu vertreiben.
»Das ist so hell, mach das wieder aus«, jammerte Lilly mit heiserer Stimme. Mit der Hand verdeckte sie ihre zusammengekniffenen Augen. Das Weinen wurde stärker.
»Ich hole dir einen kalten Waschlappen und noch einen Löffel Saft, der hilft gegen deine Schmerzen«, sagte Anne und verschwand mit eiligen Schritten.
Als sie wiederkam, hörte sie Lillys leises Wimmern. Sie schien wieder eingeschlafen zu sein. Vorsichtig rüttelte Anne an ihr, damit sie den Saft nehmen konnte. »Mach kurz die Augen auf. Du kannst sofort weiterschlafen.« Doch Lilly reagierte nicht. Annes Rütteln wurde kräftiger. »Lilly! Aufwachen.« Noch immer öffnete ihre Tochter nicht die Augen. Mit aller Kraft versuchte Anne ihre Tochter zu wecken. Ihre Stimme wurde hysterisch. »Lilly«, schrie sie verzweifelt.
Von Lilly war weiterhin nur ein Stöhnen zu hören.
Vom Lärm aufgeschreckt, kam Nadine ins Zimmer gerannt.
»Sie reagiert nicht mehr«, kreischte Anne verzweifelt.
Nadine erfasste blitzschnell die Situation und stürmte zum Telefon. »Ich rufe einen Krankenwagen.«
Starr vor Angst saß Anne bei Lilly auf dem Bett und hielt die Hand ihrer Tochter. Tränen flossen ihre Wangen hinunter.
»Der Notarzt ist gleich da. Es wird alles wieder gut«, versuchte Nadine Anne zu beruhigen.
»Lilly, mein Schatz, wach doch auf«, bettelte Anne mit tränenerstickter Stimme.
Endlich ertönte schrill das Martinshorn. Gleichzeitig fuhren der Notarzt und der Rettungsdienst vor.
Nadine stand bereits wartend in der Tür, um die Rettungskräfte direkt zu Lilly zu bringen. Mit hastigen Schritten stürzten sie in das Zimmer.
»Was ist passiert?« fragte der Notarzt, der sich
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