Verirrte Herzen
deswegen habe ich dir diesen Brief geschrieben. Ich wollte dir so gern sagen, wie leid es mir tut. Ich bereue von ganzem Herzen, was passiert ist, und du kannst dir nicht vorstellen, wie gern ich die Zeit einfach zurückdrehen würde. Aber das ist unmöglich, ich kann es nicht ungeschehen machen.« Anne war den Tränen nahe. Wie oft hatte sie sich vorgestellt, Caro alles sagen zu können, was ihr auf dem Herzen brannte. Aber nun war es noch viel schwerer, die richtigen Worte zu finden, als sie gedacht hatte. »Bei allem, was ich auch versucht habe, ich kann dich einfach nicht vergessen. Ich hoffe, dass wir uns wiedersehen können, damit wir alles in Ruhe klären können. Ich kann so nicht weiterleben. Ich weiß nicht, wie es dir in den letzten Monaten ergangen ist und ob du wieder glücklich bist. Ich für meinen Teil war seit unserer Trennung keinen einzigen Tag mehr glücklich. Du hast mich gelehrt, was Liebe ist, und ich werde diese Erfahrung niemals vergessen können, so wie ich dich niemals vergessen kann.«
Caro hörte ergriffen zu. Auch sie liebte Anne noch immer. Sie war die große Liebe ihres Lebens. Doch der Schmerz saß noch immer zu tief. Ständig spürte sie diesen Stich im Herzen, wenn sie Annes Bild vor sich sah. Sie konnte ihr nicht verzeihen, es ging einfach nicht. Die Enttäuschung war zu groß gewesen. Aber alles, was Caro über die Lippen brachte, war ein einfaches: »Hm, na ja.« Mehr konnte und wollte sie nicht sagen.
Darum fuhr Anne fort: »Ich wollte dich fragen, ob du nicht Lust hättest, dich mit mir auf einen Kaffee zu treffen.« Sie umklammerte den Hörer fester. Jetzt kam der Moment der Wahrheit. Ihre Knie waren so wackelig, dass sie sich kaum mehr auf den Beinen halten konnte.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis Caro kaum hörbar in den Hörer flüsterte: »Ja, ich habe Lust.«
Erleichtert atmete Anne tief durch. Sie strahlte, ihre Augen leuchteten. In diesem Moment hätte sie nicht glücklicher sein können. Ihr größter Wunsch war in Erfüllung gegangen. Sie würde Caro wiedersehen.
»Aber mach dir bitte keine zu großen Hoffnungen. Ich möchte dir nur die Chance geben, endlich mit mir zu sprechen.« Caros ernüchternde Worte trafen Anne wie ein messerscharfer Pfeil mitten ins Herz. Ihr wurde schwarz vor Augen, und sie musste sich setzen. »In Ordnung«, entgegnete sie mit leiser Stimme. Sie biss sich auf die Lippen.
Es war überhaupt nichts in Ordnung. Die Enttäuschung nahm Anne die Luft zum Atmen. Wie konnte sie nur so naiv sein und glauben, es würde mit einem Mal alles wieder gut werden? Manchmal war sie eine schreckliche Närrin.
Anne blickte aus dem Fenster. Es war fast dunkel draußen. Der Regen trommelte gleichmäßig und monoton an die Scheibe und ließ sie noch deutlicher ihre Einsamkeit spüren.
Annes Finger klopften nervös auf die Tischplatte. Unruhig rutschte sie auf ihrem Stuhl hin und her. Alle zehn Sekunden sah sie auf die Uhr. Es wollte einfach nicht später werden. Sie war eine halbe Stunde zu früh in dem kleinen Café angekommen. Zu Hause hatte sie es nicht mehr ausgehalten.
An einem Tisch in einer kleinen Nische hatte sich Anne so hingesetzt, dass sie die Eingangstür gut im Blick hatte. Nervös nippte sie an ihrem Glas Wasser.
Eigentlich war sie von Caros Idee, sich auf neutralem Boden zu treffen, wenig begeistert gewesen. Anne fand, dass hier kein geeigneter Ort war, um intime Dinge zu besprechen. Doch sie war froh, dass Caro sie überhaupt sehen wollte, und so hatte sie eingewilligt.
Die Tür schwang auf.
Sofort spürte Anne ein heftiges Ziehen in ihrer Magengegend. Für einen Augenblick blieb ihr Herz stehen, ehe es stürmisch weiterpochte.
Mit zaghaften Schritten kam Caro langsam auf sie zu. Ihre Haare schimmerten im Sonnenlicht. Wie ein Engel stand sie vor Anne und lächelte sie mit einem Leuchten in ihren tiefblauen Augen an. »Ich hoffe, du wartest noch nicht zu lange.«
Caros süße Stimme klang in Annes Ohren wie betörende Musik. Ihr Puls raste. »Nein, ich bin erst wenige Minuten hier«, log sie.
Caro nahm Anne gegenüber Platz. Mit ihren schlanken Fingern griff sie nach der Getränkekarte, um sie konzentriert zu studieren. Auf ihrer Stirn bildeten sich kleine Fältchen.
Verträumt beobachtete Anne Caro beim Lesen. Sie war noch viel schöner, als Anne sie in Erinnerung gehabt hatte.
»Es ist schön, dich zu sehen«, unterbrach Caro die Stille, nachdem sie die Karte zur Seite gelegt hatte. Ihr Blick ruhte auf Anne.
»Das finde ich
Weitere Kostenlose Bücher