Verlangen
einer zweiten. Lyssa war dankbar dafür, dass er nicht sehen konnte, wie tief seine Erwiderung sie traf. Freundlich, ohne Intimität.
Sie öffnete die Augen, denn sie weigerte sich, die Ältesten ihre Qualen sehen zu lassen.
»Erinnere dich an dein Versprechen«, sagte er leise. »Nimm den Anhänger nicht ab. Niemals.«
Sie nickte und brachte kein Wort heraus.
Connor näherte sich ihnen; sein Auftreten war zurückhaltend. Sie fragte sich, was er sah, wenn er sie beide betrachtete, vor allem, als er zusammenzuckte und den Blick abwandte. Aidan ließ sie los und begab sich an die Konsole.
Sie schluckte schwer und kehrte ihm den Rücken zu. »Gehen wir.«
Jeder Schritt, der sie weiter von Aidan fortführte, zerquetschte sie noch mehr, bis sie gequält aufkeuchte. Connor trat in das Wasser auf dem schmalen Felsvorsprung und streckte ihr die Arme entgegen. Sie griff nach seinen ausgestreckten Fingern …
… und erstickte einen Schrei, als sie von hinten in eine erdrückende, aber augenblicklich vertraute Umarmung gezogen wurde. Ein stählerner Arm schlang sich um ihre Taille, der andere presste sie mit einer Hand zwischen ihren Brüsten eng an ihn.
»Ich liebe dich«, sagte Aidan heiser mit seinen Lippen an ihrem Ohr; sein Körper hatte sich mit spürbarer Verzweiflung um ihren geschlungen. »Sag mir, dass du es weißt.«
Sie hob die Hände, um seine Unterarme zu umklammern. »Ich weiß es.«
Lyssa hätte beinahe gesagt, er solle von ihr träumen. Stattdessen hielt sie den Mund und fühlte, wie ihr Herz zerbrach.
Lyssa schreckte aus dem Schlaf hoch und schoss abrupt in die Höhe; ihr Herz raste so schnell, dass sie es an ihre Rippen pochen spürte. Eine Schweißschicht überzog ihre Haut, und ihr Atem ging so keuchend, dass sich ihr Brustkorb heftig hob und senkte.
Der Platz neben ihr im Bett war leer, und das Kissen wies noch den Abdruck des Mannes auf, der erst kürzlich dort geruht hatte.
»Aidan.« Tränen stiegen in ihr auf und fielen in einem stetigen Strom.
Lyssa hob das Kissen an ihr Gesicht, atmete den Duft seiner Haut ein, der noch daran haftete, und weinte.
17
Breitbeinig und mit hinter dem Rücken geballten Fäusten stand Aidan der Röhre gegenüber, die den in der Ausbildung begriffenen Ältesten enthielt, doch was er sah, war Lyssas Gesicht – große, dunkle Augen, in denen Schmerz und Verwirrung standen. Er holte tief Luft und klammerte sich an den seidenen Faden seiner Zurechnungsfähigkeit. Endlose Tage erstreckten sich vor ihm, eine Ewigkeit ohne Lyssa.
»Verdammt noch mal, Cross.«
Er drehte den Kopf und blickte in Connors finsteres Gesicht.
»Scheiße, Mann«, murrte Connor. »Ich stehe schon seit Minuten hier und rufe dich.«
Aidan zuckte gleichgültig die Achseln. »Was willst du?«
Connor seufzte und fuhr sich mit einer Hand durch das blonde Haar. »Ich will, dass du glücklich bist. Oder wenn das nichts wird, dann wenigstens, dass du dich nicht ganz so elend fühlst.«
»Hast du getan, worum ich dich gebeten habe?«
Connor kam weiter in den Raum hinein und nickte. »Abgesehen von Lyssa weiß niemand auf Erden, dass du jemals existiert hast.«
»Lyssa wehrt sich immer noch dagegen?«, fragte er leise.
»Tut mir leid.« Connor zuckte matt die Achseln. »Sie ist zu stark.«
Aidan wandte den Blick ab. Seine Kehle war zugeschnürt. Es brachte ihn um, sich vorzustellen, dass Lyssa die gleichen Qualen durchlitt wie er. Er schaffte es nur mit Mühe zu atmen, und sie war viel sensibler. Eben diese Empathie war es gewesen, was ihn zuerst zu ihr hingezogen hatte. »Arbeite weiter daran.«
»Wager tut sein Bestes.«
Connor schwieg lange Zeit und fragte dann: »Würdest du sie vergessen, wenn du es könntest?«
»Nein.« Aidan lächelte kläglich. »Es ist besser, geliebt und den geliebten Menschen verloren zu haben, als nie geliebt zu haben.«
»Davon verstehe ich nichts, Mann«, sagte Connor barsch. »Irgendwie gefällt es mir auf dieser Seite des Zauns. Um ehrlich zu sein, das Gras sieht viel grüner aus als auf deiner Seite.«
Connor ging, seine Schritte entfernten sich nahezu lautlos auf dem Steinboden. Noch lange, nachdem er gegangen war, hingen ungestellte Fragen schwer in der Luft, und Aidan war dankbar dafür, dass sein Freund nicht auf Antworten gedrängt hatte. Er konnte jetzt nicht über Lyssa oder über das reden, was er getan hatte, während er mit ihr zusammen gewesen war. Es war zu schmerzhaft.
Er kniff die Augen zu und versuchte, sich auf die Aufgaben zu
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