Verlangen
hellbeigen Teppich, und ihre Hände zogen das eingeschlagene Handtuch zwischen ihren Brüsten straffer, um zu verhindern, dass es auf den Boden fiel. Sie blieb neben dem Bett stehen und betrachtete die Kleidungsstücke, die er trug – eine lose sitzende schwarze Hose und eine passende Weste. Im Gegensatz zu dem, was er gestern gekauft hatte, saßen diese Sachen wie angegossen. Sie schmiegten sich wie eine zweite Haut an seine Hüften, doch die Hosenbeine waren ausgestellt, um ihm Bewegungsfreiheit zu gewähren. Das fremde Material und die nahtlose Verarbeitung riefen ihr in Erinnerung, dass sie aus verschiedenen Welten stammten.
Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie sich seine geliebten Gesichtszüge einprägte, wie sie in diesem Moment aussahen, die harten, kantigen Linien durch den Schlummer weicher gezeichnet. Abgesehen von den silbernen Haarsträhnen an den Schläfen sah Aidan nicht älter aus als sie mit ihren dreißig Jahren.
»Umwerfend«, hauchte sie, total vernarrt in seine nackten Arme und seine goldene Kehle. Sie beugte sich über ihn und presste ihre Lippen auf seine. »Ich liebe dich.«
Er schlief unbeirrt weiter.
Da sie dringend Kaffee brauchte, schlüpfte Lyssa in ein Minikleid aus Baumwolle mit einem zarten pastellfarbenen Blumenmuster. Sie war auf halber Höhe der Treppe, als sie eine vertraute Stimme hörte, die sie aus der offenen Haustür rief.
»Lyssa?«
Sie sprang die restlichen Stufen hinunter. »Hallo Mom.« Ihre Umarmung war überschwänglich.
»Was zum Teufel ist in deinem Eingangsbereich passiert?«, fragte ihre Mutter und stocherte mit der Spitze ihrer offenen Sandale in den gesprungenen und pulverisierten Überresten einer Bodenfliese herum. Sogar die Sandalen ihrer Mutter hatten Absätze.
»Mir ist etwas runtergefallen.«
»Ein Vorschlaghammer?«
Lyssa lachte.
»Hast du gerade gekichert?« Ihre Mutter hob ruckartig den Kopf und kniff ihre Augen zusammen. Sie stieß einen leisen Pfiff aus. »Da sieh dich mal einer an! Wer auch immer dein Kerl ist, er hat keine Zeit versäumt, das Flitterwochenstadium seines Besuchs anzusteuern.«
»Mom!« Lyssa ging kopfschüttelnd in die Küche, um Kaffee zu holen, und fand einen mit Folie abgedeckten Teller, auf dem Cracker lagen, mit Erdnussbutter beschmiert und Rosinen darauf.
»Was ist das denn?«, fragte ihre Mutter mit weit aufgerissenen Augen, die in einem seltsamen Gegensatz zu ihrem kosmopolitischen Auftreten standen. In einem weich fallenden bunten Chiffonrock und einem azurblauen Top sah Cathy, wie immer, fabelhaft aus. Sie bewegte die Hände beim Sprechen, und die schmalen goldenen Armreifen an ihren Handgelenken klimperten fröhlich.
»Das gibt’s zum Frühstück.«
»Spielst du wieder mal den Babysitter für Justin?«
»Nee. Das ist mein Frühstück.« Lyssa nahm einen Cracker und biss hinein. Etwas Besseres hatte sie nie gekostet, von lie bevollen Händen zubereitet, eine lebhafte Erinnerung an den spätnächtlichen Snack, den sie gemeinsam verspeist hatten.
»Igitt.« Ihre Mutter rümpfte die Nase. »Also, wo steckt er?«
»Wo steckt wer?« Lyssa schenkte sich rasch eine Tasse Kaffee ein, fügte Sahne und Süßstoff hinzu und spülte damit die klebrige Erdnussbutter hinunter.
»Sei nicht so begriffsstutzig. Ich möchte ihn kennenlernen. So gut hast du seit Jahren nicht mehr ausgesehen.«
Lächelnd griff Lyssa nach einem weiteren Cracker und kam um die Anrichte herum, um sich auf ihren liebsten Hocker an der Bar zu setzen.
Ihre Mutter folgte ihr. Eine steile Falte verunzierte ihre Stirn zwischen den Augenbrauen. »Ist er Professor?« Sie begab sich an den Esstisch und warf einen Blick auf die Bücher, die dort lagen. »Oder Student?«
»So etwas Ähnliches.«
»Warum diese Geheimniskrämerei? Das gefällt mir nicht.«
Einen Moment lang verkrampfte sich Lyssa. Sie fragte sich, wie sie das Buch mit dem juwelenbesetzten Einband erklären sollte. Erleichterung durchflutete sie, als sie sah, dass es unter einem Stapel von Papieren verborgen war. »Du bist doch nur neugierig.«
»Stonehenge, so, so. Da wollte ich schon immer mal hin.«
»Ich nicht.« Nicht, wenn es hieß, dass Aidan nach Hause gehen würde. Es gab so viele Dinge, die sie über ihn wissen wollte, so viele Dinge, die sie ihm zeigen und mit ihm gemeinsam unternehmen wollte. Er sagte, er wüsste alles über sie, weil er im Zwielicht in ihr Inneres schauen könnte. Sie wollte die Zeit haben, ihn genauso gut kennenzulernen, wie er sie kannte.
»Ist er
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