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Verlangen

Verlangen

Titel: Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Day
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irgendjemandem ergriffen worden. Es war ihm wichtig, dass sie wusste, warum er fortging; nur dann würde sie damit leben können. Es akzeptieren können. Es hinter sich zurücklassen können.
    Sie würde nicht gleich bemerken, dass etwas nicht stimmte, aber später, wenn sie genauer hinsah, würde sie es verstehen.
    Die Nachricht hob er sich bis zum Schluss auf. Er zog einen Stuhl heraus und holte tief Atem, ehe er seinen Abschiedsbrief schrieb.
    Er konnte es nicht von Angesicht zu Angesicht tun. Das wäre viel zu qualvoll gewesen. Er faltete das Blatt zusammen, hob es an die Lippen und küsste es; dann legte er es auf die aufgeschlagenen Seiten des Buchs, das er Sheron gestohlen hatte.
    Das zweite Buch, das mit dem juwelenbesetzten Einband und den Verweisen auf Stonehenge und die Ausrichtung der Gestirne, schien nur wenige oder gar keine Bezüge zu dem Band zu haben, den die Ältesten verborgen aufbewahrt hatten. Falls in diesem Buch Antworten zu finden waren, konnte er sie nicht entdecken. Es schien mehr Probleme als Lösungen aufzuwerfen, wie ein Puzzle, das immer komplizierter wurde, je weiter er damit kam.
    Ohne bewusste Überlegung glitten seine Fingerspitzen über den Text, den er übersetzt hatte.
    »Hüte dich vor dem Schlüssel, der sich im Schloss dreht und die Wahrheit enthüllt.«
    Die Worte trafen ihn schwer, jedes ein Schlag. Regungslos saß er da und atmete durch zusammengebissene Zähne pfeifend ein und aus.
    Der Schlüssel würde nicht die Pforte zu den Albträumen öffnen. Der Schlüssel würde etwas enthüllen, von dem die Ältesten nicht wollten, dass es enthüllt wurde. Deshalb machten sie Jagd darauf. Deshalb wollten sie die Zerstörung des Schlüssels.
    Aber warum der Schlüssel ein Träumer war und warum die Merkmale, die ihm zugeschrieben wurden, so wichtig waren, wusste er nicht. Und der Anhänger …
    Erschauernd schloss er die Augen. Dort, in dem uralten Text, hatte er eine Zeichnung des Anhängers gefunden, den Sheron ihm vor so langer Zeit geschenkt hatte. Eine Reliquie aus der alten Welt. Ein Teil der Prophezeiung, in den die Ältesten nie jemanden eingeweiht hatten. Der Stein würde sie beschützen, und das Feuer, mit dem er auf ihre Nähe reagierte, verstärkte ihre Fähigkeiten im Zwielicht. Sie war fähig gewesen, die Tür ohne den Anhänger zu errichten. Er stellte sich vor, mit dem Anhänger würde sie in der Lage sein, sowohl Wächter als auch Albträume vollständig von dem Portal fernzuhalten. Endlich wäre sie in ihren Träumen sicher.
    Als er diesen Abschnitt des Textes übersetzt hatte, war er anfangs verwirrt gewesen, weil ihm nicht einleuchtete, weshalb ihm, einem Mann, der allnächtlich ausgesandt wurde, um mit Träumern zu interagieren, die der Schlüssel sein könnten, etwas so Gefährliches anvertraut werden sollte. Warum hatte man den Anhänger nicht weggeschlossen?
    Dann hatte er weitergelesen.
    Der Schlüssel. Das Schloss. Der Wächter.
    Lyssa war der Schlüssel, was durch die Reaktion des Steins bewiesen wurde, der das Schloss war. Er konnte nur vermuten, dass er der Wächter war. Und was wäre das Resultat, wenn die drei zusammenkamen?
    »Das Ende des Universums in der Form, in der wir es kennen.«
    Danach wurde die Übersetzung lückenhaft. Viele der verwendeten Wörter waren ihm nicht bekannt. Aber einige Dinge waren klar verständlich. Entzweiung. Vernichtung. Zu sagen, es klänge nicht gut, wäre eine enorme Untertreibung.
    Er musste ins Zwielicht zurückkehren, um Antworten zu finden, und er musste sich von Lyssa fernhalten.
    Die Erschaffung von Spalten war nicht die Richtung, in der er sich genauer umsehen musste. Er musste wissen, was es mit Lyssas Fähigkeit auf sich hatte, ins Zwielicht zu blicken und Träume zu steuern, denn genau das jagte den Ältesten solche Angst ein. Weshalb sollte ein neugieriger Wächter wie er keine ebenso große Bedrohung darstellen? Und der Stein. Was war er? Wozu diente er? Warum war er ihm anvertraut worden?
    Und was hatte das alles zu bedeuten? Waren die Ältesten böswillig oder gut? Er wusste es nicht, aber er sagte sich unwillkürlich, wenn ihre Sache gerecht sei, hätten sie die Wächter freimütig eingeweiht. Sie hatten in so vielen Punkten gelogen. Sie behaupteten, von einer Reise in diese Welt könne man nicht zurückkehren, doch Teile seiner Übersetzung hatten ihn vom Gegenteil überzeugt. Warum sollten die Ältesten geheim halten, dass es möglich war, nach Belieben zwischen dem Einschluss und dieser Daseinsebene

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