Verlangen, das für immer brennt
sie auszuüben, sie zu kontrollieren. Doch damals war sie jung und dumm gewesen.
Als sie es nicht mehr länger hinauszögern konnte, öffnete sie die Badezimmertür. Luc sah sie für einen langen Augenblick unverwandt an. Dann räusperte er sich und sagte: „Dann gehe ich mich jetzt mal umziehen. Du kannst dich ja inzwischen von Deedee verabschieden.“ Und mit diesen Worten verschwand er im Bad.
Sie hatten beschlossen, im Gegensatz zu ihren Gästen erst am nächsten Morgen von der Insel abzureisen. Denn der Tag war lang und anstrengend gewesen, und die Weiterreise nach Key West würde einige Stunden dauern.
Schweren Herzens verabschiedete Hattie sich von der kleinen Deedee. Ihr fiel es selbst schwer zu glauben, wie eng das Band zwischen ihr und dem Kind in den letzten Monaten geworden war. Ana schien zu spüren, dass Hattie nur widerwillig bereit war, das Kind abzugeben. Denn sie tätschelte ihr beruhigend den Arm und sagte: „Machen Sie sich keine Sorgen, Herzchen. Wir werden rund um die Uhr für Deedee da sein.“
Mit einem erzwungenen Lächeln legte Hattie der alten Dame das schlafende Kind in den Arm. „Das weiß ich. Sie liebt Sie, Ana. Und Sherman ebenfalls.“
Als die Gäste die Geländewagen bestiegen, die sie wieder zum Boot bringen sollten, beugte sich Leo zu Hattie herunter und flüsterte ihr zu: „Ich hoffe, du weißt, was du tust. Sei gut zu meinem Bruder.“
Währenddessen kam Luc in schwarzen Chinos und einem hellblauen Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln aus dem Haus. Er strahlte eine solche maskuline Eleganz aus, dass es Hattie für einen Augenblick den Atem verschlug.
Nachdem sich auch Luc von seinen Gästen verabschiedet hatte, ertönte in der Ferne die Schiffssirene, und die Jeeps fuhren ab. Das frisch gebackene Brautpaar winkte den Hochzeitsgästen noch eine Weile nach.
Dann waren sie allein.
Als sie wieder zum Haus zurückgingen, breitete sich eine unangenehme Stille zwischen ihnen aus. Hattie schlug das Herz bis zum Hals. Sie hatte keine Ahnung, was als Nächstes passieren würde.
Doch Luc brach die Spannung, indem er ein unverfängliches Thema ansprach: „Hast du Hunger? Es ist genug zu essen da, und …“ Er fuhr sich durchs Haar. Zum ersten Mal an diesem Tag wirkte er etwas verunsichert.
Tatsächlich hatte Hattie vor lauter Aufregung den ganzen Tag über kaum einen Bissen heruntergebracht. „Ja, was zu essen wäre schön.“
„Dann lass uns runter an den Strand gehen und dort essen.“
In der Küche stellten sie sich einen Picknickkorb zusammen, und Luc kramte eine große Stranddecke aus einem Schrank hervor.
Kaum hatten sie Sand unter den Füßen, schlüpften sie unter Gelächter aus ihren Schuhen und krempelten die Hosenbeine hoch. Es war fast wie damals, wenn sie im Sonnenschein durch den Park getollt waren. Gemeinsam breiteten sie die Decke aus und setzten sich nebeneinander.
Zum ersten Mal, seit sie sich wiederbegegnet waren, gab es kein Kind, das sie wie ein Schutzschild zwischen sich setzen konnten. Die Stimmung wurde mit jeder Minute, die verstrich, angespannter und aufgeladener. In dieser idyllischen Abgeschiedenheit war es so gut wie unmöglich, die Vergangenheit zu ignorieren.
Luc stützte sich auf die Ellbogen und sah nachdenklich aufs Meer hinaus. „Ich habe mich oft gefragt, was du so treibst, in den letzten Jahren. Ob du wohl glücklich bist.“ Dann drehte er plötzlich den Kopf und sah sie direkt an. „Warst du denn glücklich?“
„Schwer zu sagen. Wie definiert man Glück? Ich hatte einen Job, den ich mochte, Freunde, Familie … also ja, vermutlich war ich glücklich.“
Er runzelte fast unmerklich die Stirn. „Vor zehn Jahren war ich noch so dumm … auf dem College, meine ich. Ich kannte den Unterschied zwischen Lust und Liebe nicht. Heute bin ich mir nicht einmal mehr sicher, dass Liebe überhaupt existiert.“
Seine Worte trafen Hattie bis ins Mark. „Wie kann man nicht an die Liebe glauben?“
„Ich glaube ja, dass man sein Kind oder seine Geschwister und Eltern lieben kann. Das sind echte Gefühle. Aber die Liebe zwischen Mann und Frau?“ Er verzog die Lippen zu einem harten Lächeln. „Das sind vor allem Hormone.“
Sein Zynismus gab ihren Schuldgefühlen neue Nahrung. Sie zog die Beine unter sich und malte mit einem Stöckchen Muster in den Sand. „Also hattest du bis jetzt nie vor zu heiraten?“
„Nach dem Debakel damals mit dir? Nein, danke. Einmal war mehr als genug.“
„Es tut mir leid.“
„Aber das muss es nicht!
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