Verlangen, das für immer brennt
Arm reichte, sagte sie mit belegter Stimme: „Luc liegt mir am Herzen, Leo. Sehr sogar.“
„Ich weiß. Wäre es anders, wäre ich heute nicht hier. Aber wenn du ihm jemals wieder wehtust, dann gnade dir Gott.“
Nicht unbedingt die aufmunternden Worte, die Hattie sich für den Start in ihr neues Leben gewünscht hätte.
Leo führte sie hinter das Haus, wo sie vor den Blicken der übrigen Hochzeitsgesellschaft verborgen war. Dann beugte er sich zu ihr herunter und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Offenbar sah er die Panik in ihrem Blick, denn er warf ihr ein aufrichtiges Lächeln zu und sagte: „Hals- und Beinbruch, Prinzessin.“ Sekunden später war er fort.
Als die ersten Töne des Hochzeitsmarsches erklangen, ging Hattie den schmalen Holzsteg entlang über eine kleine Düne zu dem Podest, das Luc nur für diesen Anlass hatte errichten lassen. Zaghaft setzte sie einen Fuß vor den anderen, bis sie den blumengeschmückten Holzbogen erreicht hatte, unter dem sie getraut werden würden.
Im Nachhinein konnte sie sich kaum mehr an die nächsten Minuten erinnern. Nur den Moment, in dem sie Luc vor dem Altar stehen sah, hatte sie noch glasklar vor Augen. Er trug einen formalen schwarzen Smoking, eine graue Weste und ein strahlend weißes Hemd. Und er erwiderte ihren Blick mit einer so unverfälschten Begierde, dass sie fast stolperte.
Als sie neben ihm angekommen war, wandte er sich nach vorn und ergriff ihre Hand. Den Rest der Zeremonie durchlebte Hattie wie im Rausch. In ihrem Kopf gab es nur noch das Rauschen des Meeres, Lucs warme Hand und den herben Duft seines Aftershaves, der sich mit dem süßen Geruch der Lilien in ihrer Hand vermengte.
Erst als sie Luc den Ehering über den Finger streifte, kehrte sie wieder in die Realität zurück. Sekunden später prangte neben ihrem Verlobungsring der gleiche schmale Platinring, den von nun an auch Luc tragen würde.
Und dann kam der Augenblick, auf den sie unbewusst die ganze Zeit über gewartet hatte. „Du darfst die Braut jetzt küssen“, verkündete der Friedensrichter und lächelte seinem Freund aufmunternd zu.
Hattie und Luc drehten sich zueinander. Lucs dunkles Haar wurde vom Wind zerzaust, und er wirkte ernst und angespannt, aber auch von Vorfreude erfüllt. Dann ergriff er Hatties andere Hand, und plötzlich schien die Zeit stehen zu bleiben.
Langsam, ganz langsam senkte er den Kopf, und seine Lippen streiften die ihren, zart erst, dann immer fordernder. Seine Zunge begehrte Einlass, und er schlang die Arme um Hatties Taille.
Mit klopfendem Herzen ließ Hattie sich gegen ihn sinken und erwiderte seinen Kuss. In ihren Augen brannten Tränen.
Erst eine gefühlte Ewigkeit später drang das Gelächter der Hochzeitsgäste zu ihr durch. Luc wich zurück. Er wirkte genauso benommen, wie Hattie sich fühlte.
Danach rissen die Gratulanten sie für eine Weile auseinander, doch sie spürte die ganze Zeit über Lucs Blicke auf sich ruhen.
Nachdem sie die Glückwünsche entgegengenommen hatten, führten sie die Festgesellschaft zurück zum Haus. In einem zum Meer hin verglasten, riesigen Wohnzimmer war eine große, mit Rosen geschmückte Tafel aufgebaut worden. Porzellangeschirr, Kristallleuchter und Silber glänzten miteinander um die Wette.
Hattie und Luc nahmen am Kopfende Platz, und mehrere Kellner versorgten die Anwesenden mit Champagner. Als jeder Gast ein Glas in der Hand hatte, erhob sich Leo und schlug mit einem Löffel gegen sein Glas.
„Luc ist nicht nur mein kleiner Bruder, sondern auch mein bester Freund“, setzte er an. „Als wir unsere Eltern verloren und zu unserem Großvater nach Italien geschickt wurden, hatten wir in der Fremde nur einander.“ Er hielt inne und kämpfte sichtlich dagegen an, von seinen Gefühlen überwältigt zu werden. Dann ging er um den Tisch herum und trat hinter Luc und Hattie, denen er jeweils eine Hand auf die Schulter legte. „Ich kenne ihn besser als irgendjemanden sonst. Und ich weiß, dass er alles Glück der Welt verdient hat. Also lasst uns auf Luc und seine wunderschöne Braut anstoßen. Und darauf, dass sie immer so glücklich sein mögen wie heute.“
Applaus und Hochrufe erfüllten den Raum, und kurze Zeit später begannen die Kellner, das Essen aufzutragen. Hattie wusste, dass es köstlich war. Doch wie schon am Morgen schmeckte sie kaum etwas.
Sie war mit Luc verheiratet. Um ihre Nichte zu schützen, die sie mittlerweile über alles liebte. Doch um welchen Preis?
Als Luc ihr den Arm um die
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