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Verlieb dich nie in einen Vargas

Verlieb dich nie in einen Vargas

Titel: Verlieb dich nie in einen Vargas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Ockler
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Trikotnummer dreiunddreißig, Tim Riggins.
    Aber sie hatte unrecht, was die Vargas-Familie anging. Unrecht, was Emilio anging. Sie hatte ihm misstraut, noch ehe er je einen Fuß auf unser Grundstück gesetzt hatte, ihn in dem Moment als Herzensbrecher gebrandmarkt, als wir uns vor fünf Jahren in die Hände ritzten und die Worte des Schwurs aussprachen.
    Ich hatte ihn ebenfalls falsch beurteilt. Vielleicht würde er es nie erfahren. Vielleicht würde es ihn nie berühren. Vielleicht würde er mit seinem letzten Lohnscheck und einer Tasche voller Klamotten und Kopftücher davonfahren, wenn der Sommer vorbei war, sich auf den Weg zum Meer machen und nicht zurückblicken, so wie er es die ganze Zeit über angekündigt hatte.
    Trotz einer ganzen Perlenschnur von Vielleichts gab es eins, das ich mit absoluter Sicherheit wusste: Emilio Vargas hatte keine Seite im Buch der gebrochenen Herzen verdient. Wir hatten ihn trotzdem darin verewigt. Ich musste das wiedergutmachen.
    »Gib mir zehn Minuten«, sagte Emilio, als ich ihn im Duchess aufstöberte. »Wartest du so lange?«
    Ich erklärte eine Bank an der Rückwand der Werkstatt zu meiner. Emilio trug wieder kein T-Shirt, also war ihm bei der Arbeit zuzusehen nicht wirklich eine Strafe. Ich hatte es mir gerade für die Show bequem gemacht, als der Rest der Jungs auch schon mit den zu erwartenden anzüglichen Frotzeleien loslegte.
    »Hey, Jude …« Einer von ihnen – Marcus war sein Name, glaube ich – begann den alten Beatles-Song zu singen und lachte, als sei das die originellste Idee der Welt, als hätte ich ihn mir nicht schon mein ganzes Leben lang anhören müssen. Seine Stimme war nicht schlecht, aber er versiebte das meiste vom Text, und als er zur zweiten Strophe kam, war John Lennon vermutlich so weit, aus dem Grab zu kriechen und ihm eine zu knallen.
    »Du solltest an dieser Stelle aufhören«, sagte ich. »Das mit dir und den Motorrädern läuft doch echt gut. Bleib lieber dabei.«
    »Nein, jetzt kommt der gute Teil.« Er räusperte sich und legte wieder los, eine Hand aufs Herz gelegt. Das Ganze war irgendwie rührend, wenn man auf so was stand, was auf mich nicht zutraf. Jedenfalls nicht, solange er der Sänger war. »Hey, Jude, don’t be a fool. Don’t go out with … that bum E-mi-li-o. The minute. you let him into your …«
    »Ich hoffe für dich, das ist das Ende deines Songs, Kumpel.« Emilio schlug ihm auf die Schulter, und Marcus zwinkerte mir zu und wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Harley zu, an der er gearbeitet hatte. Eine Knucklehead, wie ich dank Emilios Unterricht wusste.
    »Er ist ein Idiot«, sagte Emilio zu mir. »Ich bin fast fertig.«
    Kaum war er außer Hörweite, schlenderte Marcus auf die betont lässige einstudierte Art zur Bank zurück. Ohne Zweifel war er einer von denen, die so was vor dem Spiegel übten.
    »Was gibst du dich mit Emilio ab? Wie wäre es mit uns zwei Hübschen?« Er wischte sich die Hand an seinem schwarzen Muskelshirt ab und streckte sie aus, vermutlich, damit ich sie ergriff, woraufhin wir dann auf sein Moped steigen und in den Sonnenuntergang fahren würden. Ehe ich seine Träume platzen lassen konnte, schlug Samuel seine Hand weg.
    »Los, Bewegung«, sagte Samuel. Er schubste ihn zurück zu den Motorrädern, aber der Kerl gab sich davon völlig unbeeindruckt.
    »Sie mag mich.«
    »Sie findet dich bescheuert«, sagte Samuel. »Und sie hat recht.«
    Marcus wölbte eine Augenbraue, leckte sich über die Lippen – eine weitere Kostprobe seines umwerfenden Spiegelrepertoires – und beugte sich vor, um mir den nächsten Vorschlag zu unterbreiten: »Wenn du so weit bist, den Schritt vom Jungen zum Mann zu wagen, ruf mich an.«
    »Wie wäre es, wenn du mich anrufst, sobald du so weit bist, den Schritt vom Jungen zum Mann zu wagen?«
    Die anderen Jungs grölten, und gerade als ich beschloss, dass dieses Spiel Spaß machen könnte, kehrte Emilio zur Bank zurück und zog sich ein T-Shirt über den Kopf. » Vamos , princesa .«
    Er brachte mich durch eine schmale Tür an der Rückseite der Werkstatt nach draußen, eine, die ich ihn schon hatte benutzen sehen. Ich war immer davon ausgegangen, sie führe in einen Pausenraum oder Raucherbereich, aber sie mündete auf einen Gehweg, der ein paar krumme, sonnenbefleckte Kurven nahm und hinter der Fifth Street in den Wald abzweigte. Ich folgte ihm, den Blick auf das weiße Kopftuch geheftet, das aus seiner Hosentasche hing, und fragte mich, was aus dem blauen geworden

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