Verlieb dich nie in einen Vargas
Daumen auf den blauen Pick-up, der in der Einfahrt stand. Nicht, dass er zu übersehen gewesen wäre. »Ich fahre hinter dir her.«
»Ich könnte dich nachher zu deinem Wagen zurückbringen.« Er ließ die Motorradschlüssel vor meiner Nase baumeln, und mir schoss die Karte in seinem Zimmer durch den Kopf, die Parade aus Reißzwecken, die auf das Meer zu marschierten. »Es könnte dir sogar gefallen.«
»Ich bezweifle ernsthaft …«
»Jude, warte!« Susana kam mit einer Tupperschüssel voller Plätzchen aus dem Haus gerannt. »Die hier sind für dich. Nimm sie für deine Familie mit nach Hause. Besonders für deine Mutter. Sag ihr, dass ich oft an sie denke.«
Ich nahm die Schüssel, und sie küsste mich, strich mir mit der Hand über die Haare und legte einen Finger unter mein Kinn. »Komm wieder und besuch mich, ja? Du bist mir jederzeit willkommen, cari ñ a . Mit oder ohne diesen Grobian.« Sie beugte sich vor und verstrubbelte Emilios Haare.
» Te quiero «, befahl er, und ihr ganzes Gesicht leuchtete auf, und sie so zusammen zu erleben, während sie sich neckten und einfach … na ja, Mutter und Kind waren … Ich weiß auch nicht. Es war schwer, es mit allem in Einklang zu bringen, was meine Schwestern über diese Familie gesagt hatten. Wie konnte jemand so Schreckliches seine Mutter so sehr lieben? Wie konnten sie Fotos von Cousins und Landkarten und Blumen und Kerzen haben? Wie konnten sie so reizend zu mir sein?
Nachdem Susana ins Haus zurückgekehrt war, drückte Emilio meine Hand, ließ sie aber gleich wieder los. »Danke für deine Hilfe. Ma ist total aus dem Häuschen. Sie hat dich wirklich gern.«
»Ach ja?« Ich wandte den Kopf ab, um mein unvermeidliches Erröten zu verbergen. »Ich schätze, meinem Charme erliegen die Eltern genauso wie deinem.«
Emilio lachte. »Weißt du was, princesa ? Ich glaube, dieses Freund-Freundin-Ding könnte tatsächlich funktionieren.«
»Nicht, solange Rosette dabei ein Wörtchen mitzureden hat, chillo .« Ich stieg in den Pick-up. »Du weißt schon, dass das eine Fischart ist, oder, chillo ?«
Emilio zuckte mit den Achseln und warf seine Maschine an. »Nö.« Er ließ den Motor aufheulen und rief mir über das Knattern hinweg zu: »Bei uns heißt chillo Lover.«
14
»Natürlich hat sich deine Mutter in mich verliebt. Seht mich an!« Papi deutete auf ein altes Gruppenfoto der Las Ara ñ as Blancas. Er war der Anführer der Gang, einer bunt gemischten Truppe schwarzhaariger Höllenhunde in zerrissenen Jeans auf noch höllischeren Maschinen. Valentina stach wie ein Juwel unter den anderen hervor, und ich versuchte mir vorzustellen, wie es gewesen sein musste, ein junges argentinisches Mädchen zu sein, das über diesen wilden Haufen aus Chrom, Leder und Hitze stolperte.
Jeder einzelne dieser Jungs hätte mit einem Warnschild versehen werden müssen.
Achtung: Schwere Herzschäden voraus!
»Es war kein Problem, Mädchen kennenzulernen.« Papis Augen glitzerten. »Aber deine Mutter … die war ein harter Brocken. Jedes Mal, wenn wir zu dem Diner fuhren, in dem sie arbeitete, bestellte ich das Gleiche: Hühnchen Milanese mit ensalada rusa als Beilage und eine Cola. Sie brachte mir das Essen und legte zack die Rechnung auf den Tisch, noch ehe ich den ersten Bissen zu mir genommen hatte. Sie sagte nie Hallo, gar nichts! Die Jungs nannten sie Coco , weil sie so knallhart war. Sie setzten Geld darauf, dass ich es nicht schaffen würde, sie zu knacken und dazu zu bewegen, mit mir zu reden.«
»Wie ging es weiter?« Ich hatte die Geschichte noch nie gehört. Mari, die am anderen Ende der Küche neben der Kaffeekanne stand, zuckte mit den Schultern, als ginge es ihr ebenso.
»Ich brauchte den ganzen Sommer dafür, aber ich verdiente mir eine Stange Pesos.« Papi blätterte zum nächsten Bild, einer Aufnahme davon, wie er und einer der anderen vor einem schwarzen Motorrad knieten. Das Foto erinnerte mich an Emilio und seine Kumpel vom Duchess.
»Ich kehrte auf die Straße zurück, unternahm eine weitere lange Reise. Aber eure Mutter konnte meinem Charme nicht ewig widerstehen«, erzählte Papi. »Zwei Jahre später haben wir geheiratet. Wie alle von den Jungs. Die meisten haben auch mit dem Motorradfahren aufgehört.« Papi schwieg, während er durch den Rest des Albums blätterte. Ich fragte mich, ob er es bereute, ob er glaubte, ein aufregenderes Leben versäumt zu haben, und eine Mischung aus Schwermut und Schuld jagte einen kribbelnden Schauer über meinen
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