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Verlieb dich nie in einen Vargas

Verlieb dich nie in einen Vargas

Titel: Verlieb dich nie in einen Vargas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Ockler
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Wand zurück, der er die ganze Zeit über schon als schmückender Pfeiler gedient hatte. Als ich mich wieder zu Zoe umwandte, starrte sie mich ungläubig an.
    »Sieht ganz so aus, als wärt ihr nur Freunde «, sagte sie.
    Ein weiterer Pulk Karten unterbrach uns, vier grölende Pik- und Karo-Jungs, die Zoe alle drängten, ihren Hintern schleunigst zur Party zu bewegen.
    »Geht ihr alle zu Emma?«, fragte ich. Emma Scully veranstaltete immer die Premierenpartys, weil sie einen Pool mit Swim-up-Bar hatte und man von ihrem Grundstück aus das ganze Flusstal überblickte. Ihre Eltern vertraten zudem die Nichts-fragen-nichts-sagen-Einstellung, was die Partys betraf.
    Es kam mir jetzt blöd und belanglos vor – die Aufgedrehtheit nach dem Auftritt, wie wir alle gekreischt und uns gegenseitig untergetaucht hatten wie kleine Kinder, nur um im nächsten Augenblick total erwachsen zu tun mit unseren süßen Rumgetränken, aus denen kleine Papierschirmchen ragten.
    »Du könntest auch mitkommen, falls … Ich meine, ich nehme an, du bist mit Emilio unterwegs, daher …«
    »Danke«, sagte ich. »Ich sollte wahrscheinlich … ich sollte langsam nach Hause.«
    »Okay. Gut.« Zoe bewegte sich bereits ein Stück auf den Ausgang zu. Etwas flackerte in ihrem Blick – Bedauern? Unbehagen? Trauer? –, und ich fragte mich, ob uns dieselben Erinnerungen vor Augen standen. War es tatsächlich möglich, dass ein Jahr zuvor mein Name noch der erste auf der Gästeliste gewesen war? Dass ich als Erste in den Pool gehüpft war, bevor einer der Jungs die Gelegenheit bekam, mich hineinzuschmeißen? Ich senkte den Blick und hob ihn dann wieder, und er war verschwunden, dieser Ausdruck in ihren Augen, und nach einem weiteren stummen Moment beugte sie sich vor, um mich mit einem Arm in eine Umarmung zu ziehen, die kaum von einer Schulter zur anderen reichte.
    »Danke, dass du gekommen bist«, sagte sie. »Und danke für die Bücher.«
    »Es ist ein Erinnerungsalbum«, sagte ich, aber zu viel Zeit war verstrichen, und sie war bereits halb den Gang hinuntergeeilt, die Tüte mit meinem Geschenk in der Armbeuge vergraben, zusammen mit ihrem Rucksack, den widerlich süßen Rosen und einem brandneuen Kapuzenpulli der Theaterproduktion.
    »Was sollte das?«, fragte ich Emilio. Wir waren zurück in meiner Einfahrt, der Pick-up tickte noch und kühlte bei heruntergelassenen Fenstern ab. Grillen und Frösche sangen sich das Herz aus dem Leibe.
    »Ich hatte den Eindruck, du brauchst Beistand«, sagte er. »Hör zu, du warst total nervös und Zoe war das reinste Miststück. Tut mir leid, ich weiß, sie ist deine beste Freundin, aber das war sie.«
    Ich wusste nicht, ob der letzte Teil bedeuten sollte, dass Zoe tatsächlich ein Miststück gewesen war oder dass sie – Vergangenheitsform – einmal meine beste Freundin gewesen war. Ich wandte mich ihm zu, um ihm zu sagen, dass er mit beidem recht hatte, aber als das letzte bisschen Sonnenlicht in der Erde versickerte, zog das Dämmerlicht alles in seinen Bann, was es berührte, und zwischen uns breitete sich erneut Schweigen aus. Draußen zirpten und sangen die Grillen und dämpften das Fernsehgelächter vom Band, das durch die offen stehenden Fenster des Hauses nach draußen schallte. Ich blickte zum Wohnzimmer, das bläuliche Flackern des Fernsehbildschirms warf zuckende Schatten auf den Rasen.
    »Du kannst jedenfalls nicht einfach hingehen und Leute küssen, wann immer dir danach ist.« Ich wandte ihm den Blick zu, aber er starrte durch die Windschutzscheibe, stumm und still, seine Hände umklammerten das Lenkrad, als wären wir auf einer öden, staubigen Straße, die ins Nirgendwo führte.
    »Warum bist du so nett zu mir?«, flüsterte ich. Ein weiterer stummer Moment verging, und ich wandte mich ab, um die Tür zu öffnen, doch dann lag plötzlich seine Hand auf meinem Arm, und mein Name glitt wie ein zarter Hauch über seine Lippen. Ich dachte an die Brise, die zitternden silbernen Espen im Wald, und ich drehte mich wieder um, in der Erwartung, seine neckenden Grübchen zu sehen, an die ich mich im Laufe des Sommers so sehr gewöhnt hatte.
    Stattdessen erwartete mich Feuer. Feuer in seinem Atem, der plötzlich ganz flach war. Feuer in seiner Berührung, die meine Haut um etliche Grad erhitzte. Feuer in seinem Blick, wo es mit einer solchen Intensität loderte, dass mein Herz Salti schlug.
    »Du fragst, warum ich nett zu dir bin«, sagte er. »Warum, warum, warum. Aber du fragst mich nicht die Dinge, auf

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