Verlieb dich nie in einen Vargas
Diedeldum verschmolzen, und die beiden fegten an uns vorbei und waren in einem Pulk Eltern verschwunden, ehe ich den Gruß erwidern konnte. Christina war anscheinend voll und ganz von den Theaterleuten angenommen worden.
Zoe musterte mich noch einen Moment länger, wartete vielleicht darauf, dass ich ihr noch ein paar Einzelheiten über Emilio liefern würde, eine Erklärung für die heutige Verabredung.
»Du hast das großartig gemacht«, sagte ich.
»Danke.« Ihr rot gemaltes Lächeln wankte nicht. »Es hat so viel Spaß gemacht. Dieses Jahr waren viele tolle neue Leute dabei. Christina war auch eine große Hilfe. Sie hat viele der Bühnenbilder mit gemalt.«
Ich fragte mich erneut, ob es von ihr als Spitze gemeint war oder nur als Tatsache, und von einer tiefen Traurigkeit erfasst, erkannte ich, dass es mir eines Tages womöglich egal sein würde, wie sie es gemeint hatte. Ich würde mich womöglich nicht an diesen Abend erinnern, an die vielen Male, die ich ihre Sommersprossen gezählt hatte, an die Tatsache, dass wir überhaupt je Freundinnen gewesen waren.
Ich spürte ein Ziehen in der Brust und wollte sie umarmen, ihre jede Kleinigkeit erzählen, die in diesem Sommer passiert war, ihr sagen, dass ich sie bereits vermisste und nicht wollte, dass sich die Dinge zwischen uns änderten. Aber dafür war es zu spät. Die Dinge hatten sich geändert, und im Gang, wo alle anderen jubelten und einander umarmten, schloss das Schweigen mich und meine beste Freundin in eine luftleere Blase ein, in der ich zu ersticken drohte. Es war nicht der passende Zeitpunkt, um ihr zu gestehen, was ich am Abend zuvor erfahren hatte; es war nicht der richtige Ort, um ihr von Emilio zu erzählen. Mir fiel nichts mehr ein, was ich noch zu ihrem Auftritt hätte sagen können. Sie fragte nicht nach meinen Eltern, Papis Gesundheit oder dem Motorrad.
Nach Jahren der Freundschaft, Übernachtungen im Haus der anderen, Lernsessions, getauschten Klamotten, Shoppingtouren, Sommern, Wintern, Schwärmereien und Pommes frites, Filmen und Theaterstücken waren uns die Dinge ausgegangen, die wir zueinander hätten sagen können. Wie in einer Momentaufnahme sah ich uns Hand in Hand den Dinosaurierpfad hinter der Bowl entlanglaufen, barfuß durch den roten Staub spazieren, und dann ließen wir los. Sie ging nach links, ich nach rechts. Keine von uns blickte zurück.
»Happy Birthday«, sagte ich endlich und reichte ihr die Geschenktüte. »Entschuldige, dass du es so spät bekommst. Es ist ein Erinnerungsalbum.« Ich rang um eine Erklärung, darum, das unbehagliche Schweigen mit Worten zu füllen, die mir nicht länger zur Verfügung standen. »Ich habe viele alte Fotos von uns benutzt. Die meisten sind von Theaterstücken und Sommer …«
»Kopf ab!« Ein Pulk nach wie vor kostümierter Herzkarten kreischte zur Tür herein, die auf den Parkplatz führte.
»Kopf ab!«, röhrte sie zurück und stach mit dem Finger in die Luft wie die Königin. Der Griff meiner Geschenktüte riss. Sie wurde mit einem Knall zu Boden geschleudert, und Zoe winkte noch immer ihren Freunden, als sei es ihr nicht aufgefallen. Ich hob die Tüte auf und wartete.
»Sorry«, sagte sie. »Theaterkram. Was hast du gerade gesagt?«
Meine Zunge war wie geschwollen. Theaterkram! Als müsste man mir das erklären. Als wäre ich nicht Teil ihrer letzten Theaterproduktion gewesen, genau wie von jeder einzelnen davor.
Zum zweiten Mal reichte ich ihr die Tüte. »Alles Gute nachträglich.«
»Komm schon, Zoe!« Das weiße Kaninchen winkte von der Tür aus. »Wir kommen zu spät, zu spät! Und wir haben keine Hemmungen, ohne dich loszufahren!«
»Bin gleich da.« Sie gab ihnen rasch einen gefakten Ganggruß, von dem ich mir ziemlich sicher war, dass er im Wunderland nicht existierte, und drehte sich wieder zu mir um. Ihr gezwungenes Lächeln ließ die weiße Schminke um ihre Mundwinkel herum bröckeln. Von unseren Plätzen im Zuschauerraum aus hatte sie heimtückisch und wunderschön ausgesehen, wie die perfekte Herzkönigin. Aber aus der Nähe betrachtet wirkten ihre Lippen clownesk und ungleichmäßig und das Haarfärbemittel rann ihr wie schwarzes Blut über die Stirn.
»Jude?« Ich hatte Emilio vollkommen vergessen, und jetzt war er einfach da, direkt hinter mir. Er ließ seine Hand unter meine Haare gleiten und umfasste meinen Nacken, beugte sich vor und küsste mich auf die Wange. »Bereit, abzuhauen?«
Ich funkelte ihn wütend an. »Fünf Minuten.«
Er zog sich an die
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