Verlieb dich - Roman
besten Willen nicht folgen. »Das musst du mir genauer erklären«, sagte er zu ihr.
»Ich habe beobachtet, wie Agnes Parker sich vorigen Sonntag in der Kirche an ihn rangemacht hat. In der Kirche!«
Rafe beschloss, sie einfach reden zu lassen, bis ihr Geschwafel einen Sinn ergab und er begriff, was Vi von ihm erwartete.
»Mein Ralph war mit ihrem ersten Mann befreundet, deshalb weiß ich, dass sie frigide ist. Das heißt, Pirro muss sich keine Sorgen machen, dass sie Sex von ihm will! Wahrscheinlich geht er deshalb zu ihr, anstatt
sich zu Hause neben mich ins Bett zu legen!«, erklärte Vi und brach erneut in Tränen aus.
Sara räusperte sich, und Rafe riskierte einen Blick in ihre Richtung. In ihrer Miene spiegelte sich eine Mischung aus Belustigung und Bedauern.
Dann meldete sie sich das erste Mal zu diesem Thema zu Wort. »Rafe könnte Ihrem Mann ja hinterherfahren, wenn Pirro das nächste Mal das Haus verlässt«, schlug sie vor. »Dann wird sich zeigen, wo er sich rumtreibt.«
Rafe schluckte. Ihm gingen gerade so viele bizarre, unaussprechliche Szenarien durch den Kopf, dass er von selbst nie auf die Idee gekommen wäre, Pirro einfach nachzufahren.
»Würdest du das tun?«, flehte ihn seine Tante an.
Rafe bedachte Sara mit einem dankbaren Blick. Sie hatte ihm soeben eine Lösung für das vorliegende Problem geliefert und eine Möglichkeit, sich abzuseilen. »Natürlich. Ruf mich an, wenn er das nächste Mal das Haus verlässt, ganz egal, ob bei Tag oder bei Nacht. Ich werde ihm folgen und versuchen, herauszufinden, was los ist.«
»Du bist ein Schatz!«, rief Tante Vi, und als sie ihn kräftig an sich drückte, fiel ihm wieder ein, warum er sie so gern hatte.
Sie hatte zwar zwei Töchter, behandelte Nick und ihn aber stets, als wären sie ihre Söhne. Sie war auf seinen diversen Schulabschlussfeiern gewesen und hatte seine Eltern zu jedem seiner Footballspiele begleitet. Sie war oft bei ihnen gewesen, hatte stundenlang mit
seiner Mutter Plätzchen gebacken, und wenn er nach Hause gekommen war, hatte sie ihm immer ein paar davon zugesteckt, obwohl ihm seine Mutter verboten hatte, vor dem Essen zu naschen.
Überrumpelt von diesen schönen Erinnerungen erwiderte er ihre Umarmung. »Mach dir nicht zu viele Gedanken«, sagte er, um sie zu beruhigen. Er war überzeugt, dass ihre Sorge unbegründet war, der Erfahrung mit der Affäre seines Vaters zum Trotz.
Zwar wollte er nicht über ihr Sexualleben nachdenken, er würde aber alles in seiner Macht Stehende tun, um ihr zu helfen. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Pirro sie betrog – ganz egal, ob nun Sex im Spiel war oder nicht. Pirro betete seine Frau an und küsste den Boden, über den sie ging. Er war ihr hundertprozentig treu.
Trotzdem sah es ganz danach aus, als hätte er etwas auf dem Kerbholz. Das mysteriöse Notizbuch, das er sogleich zugeklappt hatte, die Art und Weise, wie sich seine Freunde um ihn geschart hatten, als Rafe aus dem Doughnut-Laden gekommen war …
Tante Vi mochte bisweilen zu Übertreibungen neigen, aber es bestand kein Zweifel, dass ihr Mann irgendetwas im Schilde führte. Rafe musste bloß herausfinden, was es war.
Wenig später parkte Rafe wieder in seiner eigenen Einfahrt. Sara stieg aus und trat neben ihn, um ihren Koffer aus dem Jeep zu holen, aber Rafe versuchte, ihn ihr abzunehmen.
»Den trage ich«, sagte Rafe.
»Danke, ich weiß es zu schätzen, aber ich schaff das schon.« Keiner der beiden ließ den Koffergriff los. Sara wollte nicht, dass Rafe so schwer schleppte, schließlich hatte er gerade eine Operation hinter sich.
Sie räusperte sich und warf ihm ihren strengsten Ichmein’s-todernst-Blick zu. »Muss ich etwa deine Mutter anrufen und ihr erzählen, dass du dich nicht an die Anweisungen deines Arztes hältst? Dann quartiert sie sich womöglich stante pede hier ein, um dich zu überwachen. «
Sofort ließ er den Griff los. »Okay, okay, dann trag ihn eben selber.«
»Genau das habe ich vor.« Sie zerrte mit einem Grinsen den Koffer aus dem Auto und folgte Rafe zum Haus, ohne dem Ziehen in ihrem Knie Beachtung zu schenken. Es war ein langer Tag gewesen, natürlich machte ihr da ihre Verletzung zu schaffen.
Rafe schaltete die Alarmanlage aus und sperrte das massive Balkenschloss auf. Das Sicherheitssystem und die versteckte Lage des Hauses mitten am bewaldeten Seeufer gaben Sara ein Gefühl der Sicherheit.
»Tritt ein, bring Glück herein«, sagte er und hielt ihr die Tür auf.
»Danke.«
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