Verlieb dich - Roman
Feierabend machen konnten, und am Samstag ist dann endgültig die Hölle los«, erklärte ihr Rafe.
Sie versuchte vergeblich, an den Menschenmassen vorbei einen Blick auf das Angebot der einzelnen Stände zu erhaschen, und gab es schließlich auf. »Ich bin kein großer Weinkenner, aber wie schafft man es auf einer dermaßen überfüllten Veranstaltung wie dieser, die Weine zu verkosten und zu vergleichen?«
»Gar nicht. Warte mal kurz.« Er drängte sich durch die Menschenmenge und kehrte gleich darauf mit einem Plastikbecher Weißwein zurück. »Zu Beginn ging es bei dem Festival tatsächlich noch um die Weinverkostung, aber mit der Zeit wurde daraus eher ein
Event, das einem einen guten Grund liefert, ordentlich zu bechern und zu feiern.«
Sie lachte und schwenkte ihren Plastikbecher. »Mich stört das nicht.«
»Mich auch nicht. Also dann, runter damit. Auf …« Er hob ebenfalls seinen Becher und brach jäh ab, weil er nicht recht weiterwusste.
»Auf unsere Freundschaft mit gewissen Extras«, sagte sie und stieß mit ihm an. Damit hatte sie dem, was zwischen ihnen war, einen Namen gegeben. Und zwar keinen sehr schmeichelhaften.
Sie war total durcheinander, weil ihr Rafe gestanden hatte, was er für sie empfunden hatte, als er noch verlobt gewesen war. Und weil er sie immer so verliebt ansah, wenn sie miteinander schliefen. Und weil er all diese Gefühle bei ihr auslöste … All das machte ihr derart zu schaffen, dass sie plötzlich das Bedürfnis verspürt hatte, emotionale Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen.
Rafe starrte sie entgeistert an. Sein Blick, der eben noch voller Wärme gewesen war, wurde kalt. »Danke, dass du mich daran erinnerst.« Er straffte die Schultern und zog sich nun seinerseits hinter einen emotionalen Schutzwall zurück.
Genau das hatte sie gewollt. Genau das brauchte sie. Und trotzdem störte sie dieser plötzliche Stimmungsumschwung mehr als die Gefühle, die sie vorher überrollt hatten. »Rafe …«
»Hinter den Pavillons legt ein DJ Musik auf. Lass uns rübergehen und ein bisschen zuhören«, schlug er
vor, ergriff ihre Hand und zog sie hinter sich her, fort von der Menschenmenge und von den Zelten.
Als sie sich dem offenen Platz näherten, wurde die Musik unversehens lauter. Sara stellte fest, dass hauptsächlich Songs aus den Charts gespielt wurden, die auf ein jüngeres Publikum zugeschnitten waren. Vor der Bühne tummelten sich die Kids. Obwohl Rafe nicht von ihrer Seite wich, herrschte eisige Kälte zwischen ihnen. Die lockere Fröhlichkeit von vorhin war wie weggeblasen.
Sara machte sich nichts vor. Hätte Rafe dem Captain nicht versprochen, er würde auf sie aufpassen, dann wäre er jetzt wohl schon längst über alle Berge. Aber Rafe war eben ein Ehrenmann, der zu seinem Wort stand. Verlässlich bis dorthinaus. Er verdiente etwas Besseres als eine Frau wie sie, die panische Angst davor hatte, sich auf eine Beziehung einzulassen.
Die nächste Stunde verging wie im Flug. Sie lernte einen ganzen Haufen Leute kennen. Zahlreiche Anbieter, die versuchten, Kostproben ihrer Weine unters Volk zu bringen, drückten ihr einen Becher in die Hand. Sara fand keine Gelegenheit, ungestört mit Rafe zu reden, denn er unterhielt sich betont jovial mit diversen Freunden und Nachbarn und stellte sie als Ex-Partnerin vor, die aus der Stadt zu Besuch war.
Nicht einmal als eine Freundin.
Sara hatte einen Kloß im Hals und konnte den Kummer, den sie selbst verursacht hatte, kaum aushalten. Gerade als sie das Gefühl hatte, Rafes Distanziertheit
nicht länger ertragen zu können, ergriff der DJ das Mikrofon und bat die Anwesenden um ihre Aufmerksamkeit.
»Hey, Leute, kommt alle auf die Tanzfläche. Jetzt wird richtig gefeiert. Wenn ich ›Schneeball‹ rufe, wisst ihr, was ihr zu tun habt!« Die Musik wurde schneller und lauter, und alle begannen zu tanzen.
Auch Rafe schnappte sich Sara und mischte sich mit ihr unter die Tanzenden. Schließlich hatte er ihr versprochen, nicht von ihrer Seite zu weichen.
Während des obligatorischen Tanzes versuchte er, das Tempo ein wenig zu drosseln, um ihr Knie zu schonen.
Nun, da sie ihn das erste Mal seit einer ganzen Weile wieder für sich hatte, hätte sie sich gern entschuldigt oder ihm zumindest ihre achtlose Äußerung von vorhin erklärt, aber die Worte blieben ihr im Hals stecken. Wie sollte sie ihm auch so ganz spontan und ohne viel Gestammel sagen, dass er ihr sehr viel bedeutete, dass sie es sich aber nicht erlauben konnte, sich auf
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