Verliebt bis in die Haarspitzen (German Edition)
kurzes Gespräch und Helen brauchte fast nur Ja und Nein zu sagen. Aber die Folgen daraus waren gravierend, wie sie später feststellen durfte.
Wie in Trance lief sie ins Wohnzimmer, um das Telefon wieder in seine Station zu legen. Sofort stand Yvonne an ihrer Seite. „Alles okay?“, fragte sie vorsichtig.
Helen nickte langsam. „Das wird jetzt 'ne harte Zeit.“ Sie blickte in Yvonnes Gesicht, das gleichzeitig schuldbewusst und besorgt aussah. „Ich habe einen neuen Job! Im Schauspielhaus!“ Sie konnte selbst kaum fassen, was sie da eben sagte.
„Das ist ja fantastisch!“, jubelte Yvonne. „Endlich Helen! Ich wusste, du schaffst es! Sag, ab wann und was für ein Projekt?“
„Ab Morgen. Und erst mal muss ich ein fremdes Projekt zu Ende bringen.“
Yvonnes Augen wurden zu schmalen Schlitzen. „Wieso ab Morgen? Du hast schon einen Vertrag, den du noch erfüllen musst.“
Helen zuckte mit den Schultern. „Ich weiß“, wiegelte sie Yvonnes ‚mach keine Dummheiten‘ Gesichtsausdruck ab. „Das habe ich denen auch erzählt und es ist ihnen egal. Ich kriege den Job nur, wenn ich sofort anfange. Dort ist ein ganzer Teil der Belegschaft krank geworden und nun brauchen sie dringend Ersatz, damit sie die Premieren nicht verschieben müssen. Später bekomme ich mein eigenes Projekt.“
„Hört sich super an“, sagte Yvonne, blickte aber weiterhin skeptisch. „Und wie willst du das schaffen? Ohne Vertragsbruch kommst du auch aus deinem jetzigen Kleinprojekt nicht heraus.“
„Doppelt arbeiten!“, antwortete sie übermütig. „Wozu gibt es denn Nächte? Und mein aktueller Job ist in zwei Wochen zu Ende. Nun hat es also doch einen Vorteil, dass es nur ein so unbedeutendes Projekt ist.“
„Deshalb meintest du, es wird eine harte Zeit. Na, hoffentlich klappt das.“ Yvonne schien jetzt ein wenig beruhigter. „Ich werde dir hier jedenfalls so gut es geht den Rücken freihalten, so mit Einkaufen und Wäsche machen.“
„Danke dir!“ Normalerweise hätte Helen sofort ihre Freundin umarmt. Aber der Streit von vorhin lag ihr noch im Magen. Etwas hilflos standen sie voreinander und Helen überlegte schon, ob sie gehen sollte, um die peinliche Situation zu beenden.
„Entschuldigung“, kam es leise über Yvonnes Lippen. „Ehrlich! Ich wollte dich nicht verletzten und du hattest recht. Ich bin wohl durch meine Enttäuschung verblendet und dachte, dass du dir bei deinem auch nicht einfachen Kerl wieder was vormachst. Ich meine, die ganze Stadt denkt, er ist schwul. Außer dir eben. Da war es leichter, der Mehrheit zu glauben.“ Yvonne lächelte schief. „Aber spätestens, als du mir von seinem Ständer erzählt hast, hätte ich dir glauben müssen! Der kann schließlich nicht lügen!“ Sie knuffte Helen in die Seite.
Helen verdrehte die Augen, musste aber gleichzeitig grinsen. „Danke für die Entschuldigung. Habe ich eigentlich mal erwähnt, dass du unmöglich bist!“
„Mehrmals!“ Yvonne lachte sie frech an. „Und jetzt erzähl mal in Ruhe. Wie hat er sich angefühlt und wie weit seid ihr gekommen? Ich meine, ist er ...“
„Yvonne!“, unterbrach Helen sie empört. „Du weißt bereits genug!“
Spielerisch schmollte Yvonne, bis ihr etwas Neues eingefallen zu sein schien. „Wann willst du Fabian denn wiedersehen? Das wird wohl doppelt schwierig mit deinen zwei Jobs, oder?“
Helen biss die Zähne aufeinander. Daran hatte sie bisher noch gar nicht gedacht.
„Schön, dass du da bist.“ Grosi Vreni wuschelte Fabian durch die Haare. „Komm mit in den Garten und erzähl mir, was los ist.“ Sie ging voraus. Auf dem Weg schnappte sie sich einen bereitstehenden Becher, füllte ihn mit dampfendem Kaffee und stellte ihn vor Fabian auf ein schmiedeeisernes Tischchen. Danach setzte sie sich in einen der gepolsterten Stühle und knabberte an einem Keks.
Fabian ließ seinen Blick über den verwilderten Garten schweifen. Der warme Sommerwind wehte den Duft der Rosensträucher herüber, in denen gemütlich die Bienen summten. Hinter ein paar Fliederbüschen konnte er zuerst satte Wiesen und am Horizont die Hügel des Züricher Oberlandes erblicken. Fabian genoss den Ausblick, während er gleichzeitig überlegte, wie er anfangen sollte. Er wusste, dass seine Grosi auf eine Erklärung wartete, aber er wusste auch, dass sie Geduld hatte, und ließ sich Zeit. Die Idylle wäre perfekt gewesen, wenn nicht gerade in diesem Moment ein Motor laut aufgeheult hätte.
„Na endlich!“, kommentierte
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