Verliebt bis unters Dach Roman
eigenen Sohn zu betrügen, und du bist erleichtert?«
Marilyn nickte glückselig.
»Du meinst, du freust dich, dass Nick immer noch derselbe Lügner und Betrüger ist?«
Marilyn nickte wieder, diesmal so heftig, dass sie fast davon Kopfschmerzen bekam.
»Ja, genau. Du ahnst ja nicht, was für ein Dilemma es für mich war, Liesel, Nick trotz aller Zweifel zu glauben. Dass er es ehrlich meinte, wieder am Leben seines Sohnes teilhaben zu wollen. Dass er mit uns zusammen sein wollte. Weißt du, dass er mich gefragt hat, ob wir mit ihm zusammen nach Australien gehen? Und ich habe in den letzten Stunden tatsächlich darüber nachgedacht! Ob ich dem Jungen die Chance geben soll, bei seinem Vater zu sein? Drei Jahre lang hat er es versäumt, daher wäre es ungerecht von mir, ihm diese Gelegenheit nicht zu ermöglichen. Sie sind blutsverwandt, nicht wahr? Und Blut ist dicker als Wasser, wie es so schön heißt. Für uns bedeutet die Familie alles, aber Tatsache ist, es sind bloß ein paar Gene. Familien brauchen nicht miteinander verwandt zu sein, Familie heißt, füreinander da zu sein, in guten wie in schlechten Zeiten, wie du für Eric da warst, als er uns brauchte, wie Kashia und Lorraine heute Abend.
Ed... na, Ed ist mehr wie ein Vater zu Alex, als sein eigener Vater es jemals war. Alex mag Nick nicht einmal leiden. Aber Ed, den liebt er. Liebt ihn echt...«
Dann hielt sie inne, bis ein strahlendes Lächeln ihr Gesicht überzog.
»Und ich liebe Ed ebenfalls.«
»Weiß ich doch. Wir lieben ihn alle. Er ist großartig.«
»Nein, ich meine, ICH LIEBE ED. Ich liebe Ed.« Das zweite Mal sagte sie es für sich, damit sie es endlich glaubte.
»Wirklich?«, fragte Liesel. Sie konnte ihre Hoffnung kaum verbergen.
Marilyn nickte heftig.
»Jaaaa, Lies, wie konnte ich nur so dumm sein... in so vielerlei Hinsicht?«
»Du bist nicht dumm, May. Du willst nur immer in allen das Gute sehen.«
»Genau, und ich habe so heftig bei jemandem danach gesucht, der davon nichts hat, dass ich es bei den anderen, die gut sind, nicht erkannt habe. Wie konnte ich es so weit kommen lassen, ohne zu erkennen, was mir ins Gesicht starrt. Ich hatte gesagt, ich sei über Nick hinweg, aber das war gelogen. Alles, was ich seit seinem Weggehen gemacht habe, stand unter dem Riesenschatten von Nick... Alles, aber jetzt nicht mehr! Jetzt nicht mehr!«, wiederholte sie staunend. Dann sah sie ihre Schwester ernst an. »Liesel, du hast mich um einen Rat gebeten, den ich dir bislang nicht geben konnte, weil ich ehrlich gesagt selbst keine Ahnung hatte. Aber ich weiß jetzt, dass das mit Nick keine Liebe war, es war nur ein abgebrochenes Stückchen davon. Und Bruchstücke haben scharfe Kanten und sind gefährlich. Echte Liebe, Liesel, wahre Liebe ist vollständig und heilsam und offen und ehrlich und glücklich.
Dann will man nicht in der Ecke sitzen und heulen. Wahre Liebe gibt dir Kraft, statt dich zu schwächen.«
»Vor zwei Stunden wolltest du noch auswandern«, sagte Liesel mit erstickter Stimme.
Marilyn griff nach der Hand der Schwester.
»Ich wäre nie ohne dich irgendwohin gegangen. Das weißt du doch, oder?«
»Klar, aber jetzt sind wir nicht mehr bloß zu dritt, nicht wahr? Noch einer mehr an Bord, dann kann das Team Alex eine Fußballmannschaft aufstellen.«
Einen Moment lang dachten beide darüber nach.
»Es heißt, man braucht eine Tragödie, damit man das Gute im Leben erkennen kann.«
»Das hier ist keine Tragödie, Liesel.«
»Für Nick schon, wenn ich ihn erwische. Glaubst du, er wagt es, sich hier nochmal blicken zu lassen?«
»Oh, ja, sicher. Er taucht hier in Kürze mit einer Entschuldigung wieder auf. Das Problem mit Nick ist, dass er sich für viel cleverer hält, als er in Wirklichkeit ist. Er hat immer gedacht, er könnte Leute gut überreden. Er hat sich sicher schon eine Ausrede überlegt.«
»Ich kann mir das kaum vorstellen. Kashia hat ihn, wie sie so schön ausdrückte, auf frischem Tod ertappt.«
»Stimmt.«
»Und Alex? Was werden wir ihm sagen?«
Marilyn seufzte, und Liesel sah, das einzig wirklich Tragische war, dass sie dem Jungen diese schreckliche, schmutzige Wahrheit beibringen musste. Das war sehr verletzend.
»Wir tun das, was wir immer tun.« Sie zuckte die Achseln. »Wir sagen die Wahrheit und helfen ihm dann, damit zurechtzukommen.«
Sie gingen alle erst in den frühen Morgenstunden ins Bett. Nicht nur Alex brauchte eine Erklärung, auch Ed und Eric. Und als Marilyn zu Alex sagte, sie müsse ihm
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