Verliebt bis unters Dach Roman
kommen. »Wir müssen es eine Saison lang als Hotel betreiben.«
»Wie bitte?«
»Das Hotel leiten. Die ganze Sommersaison lang.«
»Das Hotel? Aber wir wissen doch gar nicht... ich meine, wie macht man denn so was?«
»Keine Ahnung, aber das Erbe ist an diese Bedingung geknüpft. Also, Alex und ich müssen das tun, aber du weißt ja, wen wir meinen, wenn ich wir sage.«
»Wir sind immer drei«, zitierte Liesel pflichtbewusst Marilyns Familiendogma Nummer zwei. »Aber können wir das?«
»Wir müssen einfach. Ansonsten verliert Alex das Anrecht darauf.«
»Und dann fällt es an ihn? «
Marilyn schüttelte heftig den Kopf.
»Nein, nein, ihn hat sie nicht einmal erwähnt. Offensichtlich hält sie von ihm ebenso viel wie wir.«
»Was passiert dann also?«
»Dann geht es an Godrich.«
»Godrich?« Liesel runzelte Stirn und Nase.
Marilyn begann wieder zu lachen, sie war immer noch wie hysterisch.
»Godrich von Woofenhausen.« Sie nickte.
»Wer zum Teufel...?«
»Das ist ein Hund. Wir müssen das Hotel eine Saison lang führen, andernfalls bekommt Alex keinen Pfennig und der Kasten fällt einem verdammten Köter zu.«
»Ihr Hund? Wir haben ja immer schon gewusst, dass sie verrückt ist.«
»Ich weiß. Aber wie kann ein Hund ein Hotel leiten?«
»Vermutlich besser als wir.« Liesel stimmte einen Moment lang in Marilyns hysterisches Gelächter ein, ehe beide in Richtung Flur blickten, an Alex dachten und sich beruhigten.
»Und was passiert nun?«
Marilyn biss sich einen Moment lang auf die Unterlippe.
»Nun, ich hatte gehofft, du würdest mitkommen, um das Hotel mit mir zu führen. Alleine kann ich das nicht, Liesel. Aber ich muss es für Alex versuchen. Was für eine Zukunft hat er hier schon?«
Liesel nickte. »Das würde ihm einen guten Start ins Leben geben. Wir brauchen ja nicht immer dort zu bleiben. Wir leiten es, erfüllen die Bedingungen des Testaments, dann verkaufen wir es und kaufen uns eine Bleibe, wo immer wir wollen, schicken Alex auf eine Schule unserer Wahl...«
»Aber es bedeutet, dass sich alles verändert, dass wir alles zurücklassen. Würdest du denn alles aufgeben, was du hier hast?«
»Wie, diese Jobs, die ich hasse? Die Freunde und Verwandten, die wir nicht haben? Unsere entsetzliche Wohnung mit dem wunderbaren Blick auf den Bahnhof von Hackney aus dem Badezimmerfenster, die verrückte Mary nebenan und ihre idiotischen Saufkumpane, die Nacht für Nacht bis zum Morgengrauen streiten und saufen, die Kriminaliät, der Dreck... das alles muss ich für ein Leben am Meer aufgeben? Am Meer, Marilyn, wo es Fische gibt...«
»Na, wenn du es so formulierst...« Marilyn grinste wieder, doch dann runzelte sie die Stirn. Sie hatte ihre Aufgabe, Liesel zu überreden, fast geschafft, und konnte daher jetzt ihre eigenen Zweifel äußern. »Aber wie du schon sagtest, können wir das überhaupt?«
»Du hast immer gesagt, wir können alles, was wir uns vornehmen. Was meint Alex denn?«
»Ich habe es ihm noch nicht gesagt. Ich habe darauf gewartet, dass du nach Hause kommst.«
»Dann hol ihn her, und wir erzählen es ihm.«
»Du meinst, dass du tatsächlich mitmachen willst?« Plötzlich sah Marilyn wieder optimistisch aus. »Du meinst, wir sollen das machen?«
»Mitmachen? Ich packe schon mein Eimerchen, meine Schaufel und meinen Bikini, hüpfe aufs Fahrrad und bin lange vor dir da! Ich bin doch immer diejenige, die zuerst das Meer sieht, weißt du noch?«
»Und die das Eis kauft! Jawohl!«, quietschte Marilyn, umfasste Liesels Gesicht mit beiden Händen und pflanzte ihr einen dicken, feuchten Kuss auf die Stirn. »Gott, ich liebe dich!«
»Na gut, wenigstens du!«, meinte Liesel gespielt schmollend.
Marilyn legte den Kopf schräg und lächelte dann mitfühlend.
»Ach ja. Mike. Du, das tut mir leid...«
»Na, mir nicht. Hol jetzt Alex.«
Marilyn tanzte aus der Tür, um Alex zu holen, während Liesel sich in die Sofakissen zurücklehnte und den Kopf schüttelte, um zu sehen, ob alles tatsächlich stimmte. »Sie ist wie eine Wetterfahne«, hatte ihre Mutter immer über eine bestimmte Freundin gesagt, deren Haltung sich von einem Moment zum anderen zu ändern schien. Komisch, das Leben schien auch manchmal so.
Nichts würde jemals wieder so sein wie zuvor. Sie würden London verlassen. Der Traum wurde endlich wahr. Nicht,
dass sie jemals geträumt hatten, ein Hotel zu führen, aber wenn das nötig war, ja, dann würden sie genau das tun.
Sie hätte es Marilyn nie im Leben
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