Verliebt in den Feind?
Ungewöhnliches, etwas, das sie von anderen Frauen unterschied …
Doch er wollte sie jetzt loswerden. Als junger Mann hatte er, wie es die Tradition verlangte, etliche Stierkämpfe bestritten und dabei gelernt, auf seine innere Stimme zu achten. Und die warnte ihn im Augenblick deutlich …
„Wir möchten uns gern unter vier Augen unterhalten, wenn Sie nichts dagegen haben“, sagte er und sah sie dabei so kalt und abweisend an wie zu Hause aufdringliche Journalisten.
Doch Phillip sah so geschockt aus, dass Caitlyn fragte: „Soll ich lieber hierbleiben?“
„Ja. Bitte.“
Rafael überlegte. Also spielte sie hier eine wichtigere Rolle als vermutet. Wie dumm von ihm, dass er sie nicht gleich ernst genommen hatte! Estupido! Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete er sie. Megan Saxon, der er bei einer Weinpräsentation in Frankreich flüchtig begegnet war, war sie nicht. Außerdem hatte sie ja erklärt, nicht zur Familie zu gehören. Also, wer war diese Frau?
Wieder musterte er sie eingehend. In der Tat, für ein Familienmitglied waren ihr Benehmen zu wenig geschliffen, ihre Haare zu kunstlos frisiert, ihre Kleidung zu schlicht. Ihr Äußeres deutete darauf hin, dass sie eine Angestellte war – allerdings eine, die sich ziemlich wichtig nahm.
„Sie wollen sie dabeihaben? Auf Ihre Verantwortung“, sagte Rafael zu Saxon. „Dabei könnte ich mir vorstellen, dass Sie unsere Unterhaltung nicht öffentlich machen wollen. Zumindest nicht, bevor wir unter vier Augen verhandelt haben.“
Offenbar glaubte Saxon zu verstehen, denn er wirkte plötzlich erleichtert und machte ein geringschätziges Gesicht. Geld … Er würde Rafael sicherlich eine Abfindung anbieten. „Caitlyn, vielleicht solltest du uns doch besser allein lassen.“
Caitlyn? Caitlyn Ross! Die international bekannte Kellermeisterin hatte er sich älter und erfahrener vorgestellt. Wie konnte sie mit ihren bestenfalls fünfundzwanzig Jahren beruflich schon so viel erreicht haben?
Sie schüttelte den Kopf. „Er scheint dir drohen zu wollen. Ich bleibe lieber.“ Entschlossen sah sie ihn an.
Eine beherzte Frau, dachte Rafael, aber überaus lästig. „Sie sollten sich nicht in Dinge einmischen, die Sie nichts angehen“, sagte er mit gefährlich gesenkter Stimme.
„Wollen Sie mir jetzt etwa auch drohen?“, fragte Caitlyn ärgerlich und wurde rot.
„Natürlich nicht. Ich möchte Ihnen nur einen guten Rat geben“, antwortete Rafael ironisch. „Wissen Sie, es handelt sich um eine Familienangelegenheit“, fuhr er fort und warf einen spöttischen Blick zu Phillip.
„Was die Familie betrifft, geht auch mich etwas an!“
„Caitlyn gehört so gut wie zu uns“, stimmte Phillip ihr zu.
Saxon ist die Unsicherheit anzumerken, stellte Rafael kühl fest. Zum ersten Mal, seit er die Wahrheit erfahren hatte, kam Rafael etwas zur Ruhe. Jetzt saß Saxon in der Klemme und musste bald Farbe bekennen.
Sollte sich etwa diese Frau, die so unschuldig wirkte wie Milch und Honig, ganz unerwartet als Problem erweisen?
„Caitlyn, meine Liebe, was hast du mit dem Cateringservice vereinbart? Wo werden die Canapés angerichtet?“, fragte plötzlich Kay Saxon, Phillips Ehefrau, die unbemerkt zu ihnen getreten war.
Bevor Caitlyn antworten konnte, trat Rafael einen Schritt vor und befahl barsch: „Los, stellen Sie uns vor.“
Phillip Saxon wurde blass und blickte hilflos von Kay zu Rafael. „Ich möchte … Nein. Kay, das ist …“
Mit stoischer Ruhe stand Rafael da und wartete.
„Tut mir leid“, sagte Phillip schließlich. „Ich kenne Ihren Namen nicht.“
Rafael lächelte hinterhältig. „Ich heiße Rafael Carreras.“
Arglos streckte Phillips Ehefrau ihm die Hand entgegen. „Freut mich, Mr. Carreras.“
Offenbar hielt sie ihn für einen Geschäftspartner, was Rafaels Zorn noch weiter steigerte. „Ach, ein Handschlag ist immer so förmlich. Und da wir uns bald näher kennenlernen werden …“ Er trat auf sie zu und küsste sie auf beide Wangen. Über ihre Schulter hinweg sah er, wie entsetzt, ja, verzweifelt Phillip wirkte. Wie ein Mann, der nicht verhindern kann, dass das Unheil seinen Lauf nimmt, dachte Rafael. Saxon hat Angst. Gut. Weil er begriffen hatte, dass Rafael mit einem Schlag seine heile Welt zerstören und alles infrage stellen konnte, was ihm lieb und teuer war.
Caitlyn streckte die Hand aus. „Wenn es so ist, sollten auch wir beide uns vorstellen. Mein Name ist …“
Als er eine leichte Verbeugung machte, statt ihr die Hand zu
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