Verliebt in eine Diebin - Roman
und Gwen fragte: »Bist du jemals auf den Gedanken gekommen, hier zu bleiben und die Galerie zu übernehmen?«
»Nein.« Tilda prüfte ihr Spiegelbild in der Glastür des Büros und zupfte an ihren Locken.
»Nun ja...« Obwohl Gwen diese Antwort erwartet hatte, fühlte sie sich bitter enttäuscht.
»Weil ich noch mindestens zehn Jahre lang Fresken malen muss. Möchtest du denn, dass ich sie übernehme?«
»Eigentlich nicht. Aber ich werde dir nicht im Weg stehen.«
»Mir steht niemand im Weg«, erwiderte Tilda und brachte den Eimer durchs Büro hinaus.
So sollte ich auch reden, dachte Gwen und malte sich aus, wie sie Ford versicherte: Niemand steht mir im Weg. Allerdings wusste sie nicht, warum sie das Ford erklären wollte. Stattdessen sollte sie zu Mason sagen: Obwohl Sie sehr nett sind, Mason, werde ich Ihnen nicht gestatten, die Galerie zu leiten. Andererseits - falls er die Schulden bezahlte, wäre die Familie frei. Falls er ihnen die Schulden vom Hals schaffte, konnte er sie gleich obendrein dazubekommen.
Was natürlich bedeuten würde, dass sie niemals in südlichen Gewässern tauchen lernen würde. Aber die Familie wäre gerettet.
Genau darin lag das Problem. Sobald man Kinder bekam, dachte man nie mehr ich oder mir . Nur noch wir. Was ist am besten für uns? Selbst wenn das Beste für uns lausig für mich ist. Sie hatte zwei schöne Töchter, eine ebenso schöne Enkelin, alle glücklich und gesund. Und sie liebten und halfen einander. Sie musste nicht jeden Tag zu irgendeiner verhassten Arbeit gehen, konnte Rätsel lösen, wann immer sie wollte, und niemand mahnte: Gwennie, tu das nicht. Zumindest hörte sie das seit fünf Jahren nicht mehr. Also war alles okay.
Meistens. Klar, Tony war furchtbar autoritär, überlegte sie. Doch er hatte auch seine guten Seiten. Zum Beispiel Sex. Eindeutig ein Verlust. Bisher hatte sie sich mit ihrem enthaltsamen Dasein abgefunden. Und dann hatte es plötzlich Männer auf die Goodnights geregnet. Ständig wurde sie zu Lunches und Pina Coladas eingeladen. Vielleicht sollte sie sich die Sache überlegen, einen Plan schmieden. Immerhin war sie erst 54 und Mason offensichtlich interessiert - ein ehrbarer, solider Mann, der was von Finanzen verstand und die Galerie liebte. Wie leicht könnte sie ihn einfangen... Die Augen geschlossen, versuchte sie sich ein Leben an Masons Seite auszumalen.
Sporttauchen. In ihrer Fantasie erschien blau-grünes Meerwasser voller bunter Fische, wie in einem von Homers Gemälden. Nur echt. Sonne im Gesicht, Wellen, die ihren Körper umspülten, und Ford...
Um Himmels willen, sagte sie sich und begann, die Stühle ins Büro zu räumen. Sie könnte den Boden fegen - dazu brauchte sie keine Werkzeuge. Und müsste nicht gründlich nachdenken.
Einen großen Pinsel in der Hand, kam Tilda in die Galerie. »Bist du okay?«
»Oh, ich fühle mich großartig.«
»Davy will heute die Fassade streichen.« Tilda wies mit dem Kinn zum Büro, wo er forschend in einen offenen Farbeimer starrte. Mit gerunzelter Stirn spähte Nadine über seine Schulter. »Wahrscheinlich müssen wir den Eingang mit einem Seil absperren.«
»Und das wäre problematisch, weil wir unsere zahlreichen Kunden abschrecken würden?«, fragte Gwen. »Also wirklich …«
In diesem Moment schwang die Ladentür auf, und ein älterer Mann mit dunkelrotem Haar und dunklen Augen trat ein.
Irgendwie kam er ihr vertraut vor, und sie versuchte sich zu entsinnen, wo sie ihm schon einmal begegnet war. »Ja?«
»Hallo, Darling«, grüßte er.
Ein paar grausige Sekunden lang glaubte sie, er wäre jemand, mit dem sie vor der Beziehung zu Tony geschlafen und den sie völlig vergessen hatte. Seinem Alter nach - zwischen 40 und 80 - könnte das zutreffen. »Kennen wir uns?« Insgeheim kreuzte sie die Finger - nein, hoffentlich nicht.
»Nennen Sie mich Michael, Schätzchen«, bat er so unschuldig, dass ihre Augen schmal wurden. »Ich suche Davy. Ein großer Kerl, dunkles Haar. Ist er da?«
»Davy?« Erstaunt hob Tilda die Brauen. »Hinten...« Sie verstummte, denn der Mann lächelte sie warmherzig an und ging an ihr vorbei, um die Bürotür zu öffnen. »Äh - warten Sie …«
Im Büro hob Davy den Kopf und erstarrte.
Womöglich noch ein Profikiller, dachte Gwen. Wie viele Leute hassen diesen Jungen?
» Das hätte ich wissen müssen, Davy«, sagte der Mann leichthin. »Ich laufe da draußen auf den Straßen um mein Leben. Und du bist hier, ein Spitzenblatt in der Hand.«
»Ein
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