Verliebt in einen Gentleman
– beschleicht mich jetzt das Gefühl – beim Computerspiel auf meinem Smartphone die Erfolgserlebnisse deutlich häufiger gesät sind.
Jedenfalls
ist das Scrabble-Spielen ein wunderschöner Zeitvertreib für Mrs. Derby und mich. Wir spielen eine Runde nach der anderen. Sie gewinnt fast immer.
„Das liegt bestimmt daran, dass Englisch nicht deine Muttersprache ist“, tröstete sie mich. „Ich finde, dafür schlägst du dich erstaunlich gut.“
„Ja, aber gegen Ihre Fähigkeiten könnte ich nie heran reichen, selbst wenn ich in England geboren wäre“, sage ich anerkennend.
Mrs. Derby wird ganz rot vor Freude über das Kompliment. „Ich spiele aber auch wahnsinnig gerne“, sagt sie, „es ist wie eine Sucht. Leider machen sich weder Ethan noch Theo etwas aus dem Spiel. Ich komme selten dazu.“
Während ich die kleinen Kacheln mit den Buchstaben hin und herschiebe, muss ich denken, dass es Mrs. Derby anscheinend mit Scrabble so geht, wie mir mit meinem Smartphone-Spiel. Beide sind wir nach Erfolgserlebnissen und Anerkennung ausgehungert. Bei diesen Spielen bekommen wir sie, weil wir darin wirklich gut sind, und obendrein ehrgeizig.
Wo bekommt Mrs. Derby sonst noch so eine Bestätigung im Leben? Vielleicht beim Gärtnern oder beim Kochen. Ich habe eine dunkle Ahnung, dass sie von ihren Söhnen, insbesondere von Ethan, so wie ich ihn im Umgang mit seiner Mutter erlebt habe, das nicht erhält.
Wie traurig ist das denn?
Ich schlafe zwar im Gästezimmer, aber nur der Form halber. Schon beim Abendbrot spüre ich, wie Ethans Hand unter dem Tisch meinen Oberschenkel findet und dort auf aufregende Weise herauf wandelt. Ich werde ein wenig rot und schaue schnell zu Mrs. Derby herüber, aber sie scheint nichts zu merken.
Als wir uns dann zum Schlafen zurückgezogen haben, dauert es nicht lange, da höre ich ein sanftes Klopfen an meiner Zimmertür.
Schon steht Ethan im Zimmer.
„Mückchen, ich bin gekommen, um dich zu holen. Mein Bett ist viel breiter. Da machen wir es uns bequem.“
Ich lasse mich nicht zweimal bitten. Der Gedanke, so nah bei ihm zu sein, unter einem Dach, und doch alleine in meinem schmalen Gästebett, war nicht sehr verlockend gewesen.
Also folge ich ihm auf Zehenspitzen in sein Schlafzimmer.
Ethans Bett ist in der Tat breiter.
„Es uns bequem machen“ bedeutet bei Ethan natürlich, dass wir uns schnell aus unseren Nachtkleidern befreien, und er, wie immer, über mich herfällt.
Doch diesmal lege ich beide flachen Hände auf seine Brust und sehe ihn bittend an.
„Muss es immer so schnell gehen, Ethan?“, frage ich. „Wir könnten doch den Moment ein wenig heraus zögern. Ich würde so gerne mit dir erst mal ein wenig zärtlich sein, ohne, dass es gleich zur Sache geht.“
Ethan schaut mich irritiert an.
„Was sind das denn für Anwandlungen, Mücke?“
„Nun ja, als Frau mag man es ganz gerne, wenn der Mann sich ein wenig Zeit lässt.“
„Wo hast du das denn her? Aus irgendeiner Frauenzeitschrift?“
„Nein, ich denke, das ist allgemeines Wissensgut.“
Ethan hebt eine Braue und sieht mich amüsiert an. „Ich möchte gerne wissen, wie du auf solche Ideen kommst. Mir sind sie neu.“
Ich komme mir wiedermal wie das letzte Döfchen vor. Das Thema ist auch – zugegebenermaßen – recht heikel, so dass ich jetzt doch recht verlegen bin.
Klar, dass Ethan bis jetzt nicht damit behelligt worden ist. Ich bilde mir nicht ein, dass ich die erste Frau für ihn bin. Im Gegenteil, die Frauen sind ihm sicher nur zu gerne ins Bett gefolgt. Und alle haben sich durch und durch glücklich geschätzt, dass er sich zu ihnen herab gelassen hat. Keine wird einen Mucks gesagt haben, selbst wenn es ihr nicht so hundertprozentig gefallen hatte. Auch in diesem Lebensbereich, hat Ethan sicher noch nie ein Wort der Kritik erfahren.
Ethan wirft sich neben mich und starrte an die Decke. Dann sagt er: „Also gut, Mückchen, komm her. Ich will dir ja nur alles recht machen.“
Das, was dann folgt, ist eher kümmerlich. Ich spüre, dass Ethan nicht wirklich Lust dazu hat, das zu tun. Außerdem: selbst wenn seine Zärtlichkeiten jetzt aufregender wären, würde ich darunter leiden, dass er von sich aus nie darauf gekommen wäre, und dass es ihm eher lästig ist. Natürlich ist der Sex im Endeffekt prima wie immer – erfüllend und schön. Doch er hätte noch besser sein können.
...und nachher liege ich noch eine Weile da und starre vor mich hin.
Ach je, klagt es in mir, es gibt noch
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