Verliebt in einen Gentleman
hundert Wannenbädern angesammelt hat. Wenn es wirklich etwas mit Ethan und mir wird, schwöre ich mir, dann lasse ich eine richtig schöne Dusche in unserem Haus installieren, so wie man sie überall in Deutschland hat. Ich muss schmunzeln, denn mir fällt meine Freundin Marga ein, mit der ich im Auslandssemester in Lancaster war. Wir haben uns ein Studentenzimmer geteilt. Nach dem sie das erste Mal im Studentenheim geduscht hatte, kam sie in unser gemeinsames Zimmer, das nasse Handtuch noch um sich geschlungen, und sagte mit finsterem Gesicht: „Jetzt weiß ich, warum die Engländer alle lieber baden, statt zu duschen!“
Aus dem Duschkopf kam nie mehr als ein dünnes Rinnsal, das entweder eiskalt oder brüh-heiß war.
In meiner winzigen Abstellkammer ziehe ich mich um. Leider hängt hier kein Spiegel, also steige ich die Treppe zum Hausflur hinunter, um mich da vor dem halb blinden Spiegel zu schminken, denn auf einmal ist das Bad abgeschlossen. Eins der Gespenster?
Als ich gerade fertig bin, platzt die Haustür auf und fällt mir fast ins Kreuz. Der eine Bewohner, hieß er Bob?, stampft herein. Als er mich sieht, bleibt er plötzlich stehen und pfeift durch die Zähne.
„Hi, schöne Frau, kennen wir uns nicht?“, sagt er.
„Nicht wirklich“, sage ich kühl, sammle mein Schminkzeug zusammen und husche die Treppe hinauf.
Von unten ruft her hinter mir her: „Hätte man irgendwann die Chance auf ein Date mit dir, schöne Fremde?“
Ich überhöre es bewusst und kehre zurück in mein Zimmer. Manche Männer! Nachdem ich das Badezimmer und die Küche mit ihrem chaotischen durcheinander und den Dreckkrusten kennengelernt habe, bin ich mir in einem Punkt hundertprozentig sicher: kein Mann aus diesem Haus wäre für mich auch nur im Geringsten attraktiv.
Andererseits hat sein Bewunderungstaumel mir auch ganz gut getan. Zwar war ich schon gerade ganz zufrieden mit meinem Spiegelbild, aber Bob, oder wie er auch heißen mag, war mir in dem Moment ein ganz willkommenes Versuchskaninchen. Jetzt weiß ich, dass mein Outfit genau den Effekt hat, auf den ich ziele.
Als zur geplanten Zeit der rustikale Türklopfer durchs Haus dröhnt, schlägt mein Herz vor Aufregung schnell. Meine Kopfschmerzen haben den ganzen Tag angedauert. Vorsichtshalber habe ich eine Kopfschmerztablette genommen. Jetzt geht es einigermaßen.
Ich höre, wie Emmy mit ihrer hellen englischen Kopfstimme irgendetwas flötet. Dann ruft sie die Treppe herauf: „Lea, dein sensationell-aussehender Verehrer ist da!“
Ich schlüpfe in meine neuen High Heels. Bewusst habe ich den Moment aufgeschoben. Diese Schuhe sind kein Deut bequemer als die Folterwerkzeuge, die ich in Hohensyburg an hatte. Mensch, ich hatte mir doch geschworen, nie wieder solche Schuhe zu tragen, geschweige denn, neu zu kaufen. Aber was tut man nicht alles aus Liebe!
Ich schnappe mir meine Handtasche und tripple vorsichtig die Treppe hinunter.
Ethan sieht von unten hinauf. Für die Bewunderung, die sich auf seinem Gesicht spiegelt, hat sich die Mühe des Tages definitiv gelohnt.
„Wow“, sagt er, „du siehst super aus, Lea.“
Emmy steht neben ihm und sieht mich mit glänzenden Augen an. „Da kann ich nur zustimmen. Die sensationell-aussehende Frau passend zum sensationell-aussehenden Mann. Sieht so aus, als hättet ihr einen tollen Abend vor euch.“
Als ich meinen Mantel von der Garderobe nehme, fügt sie noch hinzu: „Es tut mir echt leid, dass wir dich so bald herausschmeißen müssen, Lea. Ich hoffe, dass das deine Pläne nicht zu sehr durcheinander bringt.“
„Ist schon okay“, sage ich nur, „mach dir keinen Kopf“, schlüpfe in den Mantel und folge Ethan hinaus zum Auto.
Ethan öffnet mir die Beifahrertür und setzt sich dann hinter den Lenker. Als er losfährt sagt er: „Wieso schmeißen die dich heraus? Hast du dich daneben benommen?“
Ich lache. „Nein, natürlich nicht. Die Bewohner der WG sind ab morgen alle verreist. Da möchten sie das Haus dicht machen.“
Ethan rümpft die Nase. „Als ob irgendjemand da etwas zum Klauen fände. Und wie geht es weiter?“
„Ich fahre zurück nach Gatingstone, was sonst?“
Ethan schweigt und sieht auf die Straße. Nach einer Weile sagt er: „Schade.“
„Ja“, sage ich, „mir tut es auch leid, aber ich kann mir halt keine andere Unterkunft leisten. So einfach ist das.“
Ethan runzelt die Stirn. „Leider weiß ich da auch keinen Rat. Ich wohne bei Theo. Da ist es verdammt eng.“
„Ist schon
Weitere Kostenlose Bücher