Verliebt in einen Gentleman
unten.
„Ah, du hast für drei Personen gedeckt“, sagt sie. „Ist Maura denn da? Habt ihr euch einander schon vorgestellt?“
„Ich vermute, dass sie oben in ihrem Zimmer ist.“
„Maura“, flötet Alice nach oben, „wir essen gleich.“
Ein ungekämmter Kopf erscheint über dem Treppengeländer.
„Ohne mich. Ich kann Blumenkohl nicht ausstehen. Hier oben stinkt schon das ganze Stockwerk danach. Ich bin gleich weg. Ron holt mich in einer halben Stunde ab.“
Alice presst die Lippen fest aufeinander, als würde sie gerne darauf etwas erwidern, aber sich dazu zwingt, es nicht zu sagen.
Wortlos kommt sie in das Wohnzimmer, stellt das eine Gedeck zusammen und bringt es in die Küche. Sie kehrt mit zwei Weingläsern und einer Flasche Chablis zurück, die vor Kälte beschlagen ist.
Mit Vehemenz dreht sie den Korkenzieher hinein. Es sieht ein bisschen so aus, als würde sie sich im Geiste vorstellen, dass Maura der Korken ist, den sie zornig durchbohrt.
Dabei stößt sie hervor: „Ist auch besser so. Sie hätte uns unser Essen nur durch ihre sauertöpfische Art verdorben.“
Sie schenkt uns jeden einen Schluck ein und hebt dann ihr Glas.
„Willkommen im Rose Cottage, Lea. Ich freue mich riesig, dass du schon hier bist. Ich glaube, wir werden es ganz gemütlich haben.“
Ich schiebe ihr die Schüssel mit dem dampfenden Blumenkohl hin und sage: „Nur schade, dass Maura nicht so denkt.“
Alice sieht mich scharf an. „Ach, hat sie dir das schon zu verstehen gegeben?“
„Ich fürchte, ja. Andererseits kann ich sie auch gut verstehen. Immerhin zahlt sie doch die volle Miete und soll sich jetzt noch vierzehn Tage lang das Bad mit mir teilen. Außerdem blockiere ich das Fernsehzimmer.“
Alice winkt ab. „Ach, die wird sich schon beruhigen. Ich zieh ihr von der Miete die Hälfte ab, und du zahlst ab sofort die andere Hälfte. Dann merkt sie, dass deine Anwesenheit nicht nur Nachteile für sie bringt.“
Jetzt lässt Alice es sich aber erst einmal schmecken. Sie kostet die Käsesauce und verdreht genüsslich die Augen. „Mmm“, sagt sie, „wenn du ein Mann wärst, Lea König, würde ich dir auf der Stelle einen Heiratsantrag machen. Das schmeckt ja noch besser, als es geduftet hat. Mir scheint, es brechen goldene Zeiten für mich an.“
Ich erwidere: „Kann sein, denn ich koche ausgesprochen gerne. Das hat mich auch ein wenig bei den Lanes gestört. Abby war die uneingeschränkte Herrscherin in ihrer Küche. Nie wäre es ihr eingefallen, mich auch einmal an den Kochtopf zu lassen. Ich glaube, dass sie nicht einmal weiß, dass ich überhaupt kochen kann.“
„Schön dumm von ihr“, sagt Alice und greift nach dem Brotkorb, um etwas vom Baguette in die Soße zu tunken. „Hier hast du freie Fahrt. Du ahnst gar nicht, wie mich das anödet, wenn ich aus London komme, hungrig und geschafft bin und noch kochen muss. Du kannst übrigens auch gerne auf meine Kosten einkaufen gehen und mir einfach nachher die Rechnung vorlegen.“
Ich frage: „Und Maura? Kocht sie auch einmal?“
Wieder macht Alice eine abfällige Handbewegung. „Ach, die! Schön wär's. Dieser Ron holt sich keine Hausfrau in sein Leben, das kannst du mir glauben. Ich weiß nicht, was er an ihr findet. Wahrscheinlich haben sie tollen Sex, das ist alles.“
Das klingt nun schon ganz schön bitter. Vorsichtshalber gehe ich auf diese Bemerkung nicht weiter ein.
Nach dem Essen räume ich ab und spüle das Geschirr. Alice verschwindet nach oben und nimmt ein Bad. Einmal höre ich die Haustür knallen. Maura ist anscheinend ausgegangen, wie angekündigt.
Ich
trage meine Taschen nach oben in das kleine Büro, sprich Fernsehzimmer. Es lohnt sich nicht, auszupacken. Es ging sowieso nicht, denn ich habe keinen Schrankplatz zu meiner Verfügung. Alice hat mir zwei rosa Laken und einen Kissenbezug auf die Couch gelegt. Daneben liegt ein Quilt und ein Kopfkissen. Ich mache mir das Bett fertig und sehe noch ein bisschen fern. Dann klappe ich meinen Laptop auf, gebe das Passwort für das WLAN ein und surfe noch eine Weile im Netz. Bei Facebook tut sich nichts Spannendes. Neben Jens' Namen sehe ich auch keinen grünen Punkt. Keiner chattet mich an, oder hat mir eine Nachricht geschickt. Wehmütig denke ich, dass es nicht lange dauert, bis man bei den Leuten daheim in so etwas wie Vergessenheit gerät.
Egal, ich bin mittlerweile redlich müde.
Alice steckt noch einmal den Kopf herein und wünscht mir eine gute Nacht, dann wird es ruhig im
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