Verliebt in einen Unbekannten
verfasste ich etwa zwanzig verschiedene E-Mails an Matty, die ich eine nach der anderen wieder verwarf. Der Augenblick, in dem ich auf Senden drückte, würde eine Kette von Ereignissen in Gang setzen, an deren Ende Hailey als Single mit gebrochenem Herzen dastünde. Möglicherweise schwanger.
Das brachte ich nicht über mich. Nicht heute. Und obwohl ich mich dafür hasste, so schwach zu sein, wenn ich doch für meine Freundin stark sein musste, wandte ich mich meiner Arbeit zu, tauschte ein paar unanständige Mails mit John über saucissons aus, dann verkroch ich mich mit eingekniffenem Schwanz ins Bett.
Ich rollte mich gerade erschöpft zusammen, als mein Handy zu klingeln begann. Ein beklommenes Gefühl beschlich mich. Auf dem Display leuchtete Shelleys Name. Schon wieder. Meine Begeisterung darüber, sie in Liebesdingen zu unterstützen, ebbte spürbar ab. William hatte ihr Blumen geschickt, was wollte sie denn noch?
Doch Shelley rief nicht an, um mich um Hilfe zu bitten: Sie rief an, um â einigermaÃen groÃspurig, wie ich fand â ihre Absicht zu verkünden, Sam und mir mit unserer Agentur »unter die Arme zu greifen«.
Leicht defensiv erinnerte ich sie daran, dass ich Geschäftsfrau genug war und First Date Aid ausgesprochen gut lief. »AuÃerdem ist es nicht länger an mir, mir darüber Gedanken zu machen â¦Â«
»Nein, nein«, unterbrach sie mich. »Hör mal, Charlotte, ich verwandle gut laufende Firmen in hypererfolgreiche Millionenunternehmen. Mit minimalem Aufwand verschaffe ich dir ein Riesenkapital und helfe dir, First Date Aid so groà zu machen, dass du bis ans Lebensende ausgesorgt hast.«
»Aber ⦠wir wollen gar nichts GroÃes daraus machen«, widersprach ich lahm. Natürlich war das gelogen. »Das ist wirklich nett von dir, doch â¦Â«
»Ich möchte dir für das danken, was du für mich getan hast«, tönte Shelley laut. »William und ich haben uns heute Abend drei Stunden lang unterhalten. Ich glaube, er ist der perfekte Mann für mich. Ich habe mich meiner Sache noch nie so sicher gefühlt, schon gar nicht nach so kurzer Zeit.«
Trotz allem musste ich lächeln. »Oh, das ist ja wunderâ¦Â«
»Tatsache ist, Charlotte, dass du über ein ausgezeichnetes Geschäftsmodell verfügst, das wir aggressiv ausbauen und in andere Länder expandieren könnten. Du hast nur einen einzigen Konkurrenten â in den USA  â, willst du etwa, dass er herkommt und dir Europa vor der Nase wegschnappt?«
»Ãhm â¦Â«
»Nein«, antwortete sie an meiner Stelle. »Das willst du nicht. Und genau aus dem Grund habe ich kurzfristig zwei Plätze für dich und Sam bei einem extrem wichtigen Investmentdinner am Donnerstag reserviert. Kommt um neunzehn Uhr ins Balmoral Hotel und fragt an der Rezeption nach der MDW -Veranstaltung.«
Ich sagte zu, wenn auch nur, um das Gespräch zu beenden. Das wäre wirklich das Allerallerletzte, was ich für First Date Aid machen würde. Danach würde ich mich komplett zurückziehen und mich zu tausend Prozent auf Salutech konzentrieren. Etwas anderes würde mir ohnehin nicht übrig bleiben.
Kapitel sechzehn
Am Donnerstagabend trippelte ich die Forth Street entlang auf meine Haustür zu, ein Baguette und Schinken aus dem Deli in der Hand. Mein Plan für den Abend war recht schlicht: Baguette essen, Schinken essen, mich finster über Johns französische Freunde beschweren, die immer noch bei ihm zu Besuch waren, und anschlieÃend ins Bett gehen.
Ich hatte eine herausfordernde Woche hinter mir. Margot hatte mehrere meiner kleineren Projekte übernommen, und es war angenehm gewesen, nicht ganz so viel um die Ohren zu haben, auch wenn sie es absolut nicht verdient hatte. Zu meiner Erleichterung hatte Bradley Chambers beschlossen, nächste Woche schon von Washington nach Edinburgh zu kommen, weshalb es auÃer Frage stand, ihr meine GroÃprojekte zu überantworten. Sogar Margot wusste, dass sie sich besser nicht mit Chambers anlegte, dem hundertprozentig eine Sicherung durchbrennen würde, wenn ich meine Abteilung nicht sichtbar im Griff hatte.
Bei meinen Eltern herrschte nach wie vor düstere Stimmung. Laut Mum war Dad völlig von der Rolle, und weitere zwölf Patienten waren ins neue Ãrztehaus in Dunbar übergewechselt, weil er seine Arbeit immer noch
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