Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Milly, »bis ihr euch wiederseht.« Dann tippelte sie davon.
Emily nahm das Blatt und stand auf.
Die Zeichnung bestand nur aus wenigen Strichen, sie sah irgendwie halb fertig aus, und doch war sie unmissverständlich: Sie zeigte ein Paar, das sich umarmte. Sie zeigte alles, was Emily sich wünschte.
Es war schnell dunkel geworden, und Milly nicht zurückgekehrt. Emily saß wieder auf ihrem Bett und starrte in die Finsternis. Sie war sich nicht sicher, wie schlecht es Josh ging, warum und wie lange schon, sie hatte keine Ahnung, was mit Margaret war. Doch sie wusste, Josh war der wichtigste Mensch in Matts Leben, der Einzige, der von seiner Familie übrig, der, für den er zurückgekommen und geblieben war. Sie musste Matt unbedingt sprechen. Sie würde nicht zulassen, dass sich die Geschichte wiederholte und ein Traum sein Leben zerstörte. Diesmal würde er rechtzeitig dort sein. Diesmal würde er den Menschen retten können, den er liebte.
Jemand rüttelte an der Tür, und Emily sprang auf.
»Matt?«, flüsterte sie.
Sie bekam keine Antwort.
»Cullum?«
Das Rütteln hörte auf, stattdessen kratzte es leise auf der anderen Seite. Jemand machte sich am Türknauf zu schaffen. Konnte eigentlich jeder hier Schlösser knacken? Jeder außer Emily?
»Milly«, fragte sie, lauter jetzt. »Wer ist da?«
Sie war zu überrascht, um die Hände abzuwehren, mit denen sie aufs Bett geworfen wurde, als die Tür aufflog und eine Person hereinstürmte – eine zierliche Person, deren dunkler Umhang um ihren schmalen Körper flatterte, als sie herumwirbelte und die Schranktür aufriss.
Emily richtete sich auf. »Was soll das?«, fragte sie. »Wer …?«
»Wo ist es?«, rief das Mädchen, grell und ängstlich zugleich.
Anna, schoss es Emily durch den Kopf. Natürlich, wer sollte es sonst sein?
»Anna?«
Das Mädchen drehte sich um. »Wo ist das Kästchen?«, wiederholte es.
In dem finsteren Zimmer ließ sich kaum etwas erkennen, also stand Emily auf und machte einen Schritt auf die Fremde zu. Ihr Gesicht war halb von der Kapuze verdeckt, Emily sah nichts außer Schatten und einige braune Locken, die sich aus ihrem Versteck gelöst hatten.
»Bist du Anna?«, fragte sie und hob eine Hand, um das Mädchen am Arm zu berühren. Es zuckte zurück und schlug nach Emily, und ehe sie sichs versah, war sie abermals in ein Handgemenge verwickelt.
»Was … Nein«, sagte Emily schnell, während ihre Gegnerin versuchte, sie zurück aufs Bett zu manövrieren, »ich will dir doch gar nichts Böses. Vielleicht kann ich dir helfen. Anna!«
In der ungeübten Manier eines Mädchens, das sich sonst sicherlich nicht prügelte, wickelte Anna ihr Bein um das von Emily, sodass diese rücklings zurück auf die Pritsche stolperte.
»Anna«, rief sie wieder, doch Anna griff nach dem Holzkästchen auf Emilys Nachttisch, und als sie merkte, dass es leer war, stieß sie einen kleinen, verzweifelten Schrei aus.
»Wo sind sie?«, rief sie erneut. Sie presste die Schatulle mit beiden Händen gegen ihren Bauch und holte zittrig Luft. »Die Briefe?«
»Sie sind in Sicherheit«, sagte Emily betont ruhig und richtete sich auf, zum zweiten Mal. »Ehrlich, lass uns in Ruhe reden, ich gebe dir die Briefe, das verspreche ich dir.« Sie griff nach Annas Hand. »Komm, wir …«, begann sie, konnte den Satz jedoch nicht beenden.
Anna riss sich von ihr los, drehte sich zur Tür und wollte davonstürmen, Emily erwischte sie gerade noch am Rocksaum. Sie hielt ihn fest, und das Mädchen geriet ins Straucheln, sie stolperte auf die Tür zu, konnte sich jedoch nicht mehr halten und stürzte zu Boden. Dort schluchzte sie auf, Emily wollte ihr zu Hilfe eilen, doch in diesem Augenblick wurde die Tür aufgerissen und eine Figur stand im Rahmen, eine brennende Kerze in der Hand.
»Was soll das werden?«, fragte sie. »Schlammcatchen für Vierjährige?«
Emilys Augen weiteten sich. Da stand ausgerechnet Chloe.
»Was machst du hier?«, fragte sie verblüfft.
»Dir aus der Patsche helfen, was sonst?«, kam die kühle Antwort.
Neben Emily rührte sich etwas. Dann machte Anna einen Satz nach vorn, auf Chloe zu, die offene Tür im Visier.
»Auf keinen Fall«, sagte Chloe ruhig, griff nach Annas Arm, so fest, dass diese aufjaulte, drückte Emily ihre Kerze in die Hand und schloss die Tür. Während sie Anna so dagegendrückte, dass diese sich nicht mehr bewegen konnte, streifte sie einen ihrer weißen Handschuhe ab, die ihr bis zum Ellbogen reichten. »Ist sie dieses
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