Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Waschkammer.«
»Oh.«
»Ich will ihn nachher noch besuchen.«
Emily lächelte. »Das ist lieb von dir«, sagte sie.
»Emily?«
»Ja?«
»Ist es wahr, dass du letzte Nacht bei ihm geschlafen hast?«
»Was?« Emily ließ sich rückwärts auf den Boden sinken und schlug die Hände vor ihr Gesicht. Das wurde ja immer schlimmer!
»Nein!«, rief sie und richtete sich wieder auf. »Wir haben uns … unterhalten. Und dann ist es spät geworden. Himmel, wir haben nicht …«
»Das ist gut, dann kann er dich nicht verhaften lassen, oder?«, fragte Milly. »John. Er hat gesagt, er will euch beide verhaften lassen, sobald sie den Schmuck gefunden haben. Irgendwo muss er doch sein, hat John gesagt.«
»Milly …« Emily hörte das Kratzen von Feder auf Papier. Sicher saß die Kleine auf der anderen Seite der Tür und zeichnete. »Es tut mir leid, dass du das alles mit ansehen musst. Wir haben die Kette deiner Mama nicht gestohlen, ehrlich nicht.«
»Ich weiß.«
»Wir wissen eventuell, wer es getan hat, aber dafür müssen wir unbedingt noch …« Emily seufzte. Recherchieren. Den untreuen Bräutigam finden. Anna finden. Sie sollten mit Amber sprechen, beziehungsweise mit Margaret. Wenn sie je wieder aufwachte.
»Was?«, fragte Milly. »Was müsst ihr unbedingt noch?«
»Warte einen Augenblick.«
Der Traum. Seit sie die Augen aufgeschlagen hatte in Matts Armen, hatte sie nicht mehr an den Traum gedacht, doch nun fiel er Emily wieder ein. Die Figur auf der Pritsche, das konnte nicht Amber gewesen sein. Es war ein Junge. Ein Mann. Matt. Es war nur … es hatte sich nicht wirklich angefühlt wie Matt.
Emily schloss die Augen und versuchte, sich an das Bild aus ihrem Traum zu erinnern. Der Nebel. Sie war durch eine dampfende Wand gewatet, die ihr kaum Luft zum Atmen ließ. Sie hatte versucht, sich vorwärtszutasten, doch ihre Hände sahen nicht aus wie ihre. Emily kniff ihre Augen noch fester zusammen. Sie lauschte auf das Scharren von Millys Feder.
Das war nicht ich, schoss es ihr durch den Kopf. Da war noch jemand anders.
Milly kratzte unablässig auf ihr Papier, und in Emilys Vorstellung riss jeder einzelne Federstrich ein Loch in diese weiße Mauer aus Dunst.
»Was machst du? Kletterst du aus dem Fenster?«, flötete Milly.
Auf dem Bild vor Emilys geistigem Auge erkannte sie plötzlich jemanden – Silly. Und dahinter den raschelnden Umhang von Pfarrer Harry. Beide eilten sie zu dem schmalen Schlaflager, auf dem – mit dem Rücken zu ihnen – ein breiter Körper mit dunklen Haaren und verschwitztem schmutzigem Hemd kauerte. Sillys Gesicht war starr vor Angst, als sie den Mann bei den Schultern packte und schüttelte.
Josh, rief sie. Was ist mit dir? Eben war er noch wach. Harry! Gerade eben war er noch wach!
»Oh, nein!« Mit einem Satz sprang Emily auf.
»Hee, was ist los?«, hörte sie Milly durch die Tür rufen. »Hast du was angestellt?«
»Milly«, murmelte Emily. Sie drehte sich zur Tür und ging in die Hocke, auf die Höhe, auf der sie Millys Kopf vermutete, dann sagte sie: »Milly, du musst mir einen Gefallen tun, würdest du bitte?«
Papier raschelte, dann kam die Antwort: »Kommt darauf an. Was soll ich denn für dich tun?«
Emily schloss die Augen und atmete tief ein. Ihr war auf einmal schwindlig, und sie griff nach dem Türknauf, um die Balance zu halten.
Es wird ihm nichts passieren, sagte sie sich. Es geht ihm bald wieder gut.
»Du weißt doch, der Stallbursche«, begann sie, »der dir mit Chester geholfen hat …«
»Hm-hm.«
»Ihn haben sie nicht eingesperrt, oder?«
»Nein, aber John will ihn auf jeden Fall im Auge haben.«
»Behalten, meinst du.«
»Weiß nicht, ob er ihn behalten will. Er ist skeptisch.«
Wider Willen musste Emily lächeln. »Gut«, sagte sie, »aber, Milly, kannst du ihn bitte suchen? Und ihm sagen, dass ich ihn sprechen muss. Ihn und Matt. Sag ihm … sag ihm, es ist sehr, sehr wichtig, dass ich sobald wie möglich mit Matt spreche. Er wird wissen, was zu tun ist.«
»Hm.« Es schlurfte auf der anderen Seite, so als habe auch Milly auf dem Boden gesessen und sei nun aufgestanden. Ihr Wispern war kaum mehr zu hören. »Heißt das, er soll hier einbrechen?«, fragte sie.
»Womöglich«, flüsterte Emily zurück. »Ich muss wirklich ganz dringend mit Matt reden.«
»Okay«, hauchte Milly. Noch einmal knisterte Papier, und Emily spürte, wie sich ein Blatt durch den Spalt zwischen Tür und Fußboden gegen ihre Schuhspitze schob.
»Für dich«, raunte
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