Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Sie saß , und zu Emilys maßlosem Erstaunen beugte sie sich vornüber und hustete Wasser aus.
Emily konnte es nicht fassen. Sie starrte einige weitere Sekunden auf die Szene, bis Cullum in ihre Richtung sah. Er nickte ihr zu, und, warum auch immer, dies löste die Versteinerung, in der sich Emily befand.
Cullum nickte, und Emily stolperte vorwärts. Sie lief, lief, lief auf die kleine Gruppe Menschen zu, und als sie dort ankam, warf sie sich Milly vor die Füße und drückte sie an sich.
»Heeeeeeeeemmmmpffff«, machte Milly, aber Emily ließ nicht los. Sie vergrub ihr Gesicht in den tropfenden Haaren des Mädchens, schloss ihre Arme um den kleinen, klammen Körper, und dann schluchzte sie all die Schluchzer, die ihr vorher nicht über die Lippen kommen wollten.
»Dddaaas wwwwwaaar kkkkkaaaalt«, bibberte Milly, und Emily drückte sie fester. »Mmmmmaaaary. Nnnnicht iiiiins Wwwwwaaasssser.«
Schniefend holte Emily Luft, schob Milly einige Zentimeter von sich weg und blickte nach oben, während sie Arme und Rücken des Mädchens warmrubbelte. Wortlos reichte ihr Cullum seine Jacke, die er vor seinem Rettungsschwimmen ausgezogen hatte, und Emily wickelte Milly darin ein. Sie wusste, wenn sie jetzt sprach, würde sie selbst nur bibbern können, so sehr fror sie, jetzt, nachdem sie die Kälte wieder spürte.
Also sagte sie nichts. Nichts davon, was sie gerade gesehen hatte, wessen sie gerade Zeuge geworden war, nichts davon, dass dieses kleine Mädchen doch eigentlich schon tot gewesen war, dass sie bereits zuvor davon geträumt hatte, letzte Nacht, im schlimmsten, plastischsten Traum ihres bisherigen Lebens.
Cullum sagte: »Du siehst auch nicht gerade nach karibischen Temperaturen aus, in … Was zur Hölle ist das? Lange Unterwäsche?«
Emily warf ihm einen finsteren Blick zu. Ihr war nicht nach Scherzen und ihm sollte auch nicht danach sein.
»Hey, Schwesterchen«, murmelte er, »du siehst noch ganz trocken aus. Würdest du uns wohl kurz dein Jäckchen borgen?«
Sie hörte Chloe schnauben, sie stand hinter Emily, dann legte ihr Cullum die kurze Jacke über die Schultern.
»Was war das eben?«, fragte Emily zittrig, aber Cullum schüttelte den Kopf.
Er richtete den Blick auf Mary, die inzwischen ans Ufer gerudert war und nun ungeschickt aus ihrem Boot kletterte. Sie marschierte auf Emily und die anderen zu, als wollte sie sie verhaften.
Der Gedanke war sicherlich gar nicht so abwegig.
»Was wollen Sie hier?«, fuhr sie Cullum an, »und was haben Sie mit meiner Milly gemacht?« Sie beugte sich herunter und riss Milly aus Emilys Armen, dann fauchte sie sie an: »Sie unbeaufsichtigt hier an den See zu lassen, wie fahrlässig von dir! Es hätte sonst etwas passieren können! Das wird Vater nicht dulden! Jetzt bist du eindeutig zu weit gegangen. Er wird euch nicht einfach so gehen lassen, auf gar keinen Fall. Das wird Konsequenzen haben, darauf kannst du dich verlassen!«
Sie drehte sich um und zog Milly hinter sich her. »Ich dachte, du wolltest ins Wasser gehen«, hörte Emily sie im Fortgehen jammern. »Wie Mama. Ich hab gerufen, aber du hast mich nicht gehört.«
»Ins Wasser gehen!«, gab Mary ärgerlich zurück. »In einem Boot! Kind, mach dich nicht lächerlich!«
Emily stand auf und sah den beiden nach.
»Sie haben keine Ahnung, was gerade passiert ist, oder?«, fragte sie, und Cullum antwortete: »Nope.«
Emily seufzte. »Sie wollte tatsächlich nicht ins Wasser gehen«, erklärte sie, »aber sie wollte, dass die anderen es denken . Sie wollte, dass George Forley und ihr Vater und Anna und Margaret, dass sie alle wissen, was man ihr angetan hat. Sie wollte, dass irgendwer irgendwann sie hier suchen und finden würde. Sie wollte allen einen Schreck einjagen, um sich selbst besser zu fühlen.«
»Und das weißt du deshalb so genau«, fragte Chloe kühl, »weil du jetzt schon die Gedanken der Leute träumst?«
Emily sah Chloe an. »Das weiß ich deshalb so genau«, antwortete sie, »weil ich gesunden Menschenverstand besitze.«
Cullum lachte.
Emily nicht.
»Ihr habt die Zeit zurückgedreht«, stellte sie fest. »Wie habt ihr das gemacht?«
Chloe öffnete den Mund, aber Cullum war schneller: »Ich bringe die Zeit zum Stillstand«, sagte er, »meine Schwester dreht sie für maximal fünf Minuten zurück. Wir können dies nur gemeinsam tun. Ein eingespieltes Team quasi.«
Er lächelte.
Emily blinzelte ihn an.
Sie wusste genau, was Cullum ihr hier zwischen den Zeilen mitteilen wollte, sie
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