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Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Pilz
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wusste es und sie glaubte es, in diesem Augenblick mehr als je zuvor. Sie waren aufeinander angewiesen. Ohne sie wäre Milly gestorben.
    Wie viele Menschen hatte Matt schon geholfen zu retten? Wie viele Kinder? Wie viele Millys?
    »Danke«, sagte sie schließlich. »Ich kann gar nicht oft genug danke sagen.« Sie sah von Chloe zu Cullum und wieder zurück. »Ich dachte, sie stirbt. In meinem Traum, da …«
    Chloe verdrehte die Augen. »Als wäre bei dieser Träumerei je etwas Sinnvolles herausgekommen.« Sie bedachte Emily mit einem abschätzigen Blick. Sie wollte, dass Emily an ihre Mutter dachte, an Matts Eltern, an seinen Schmerz, und sie tat es. »Was du gerade eben das Glück hattest zu erleben«, sagte Chloe, » das sind Gaben. Sie sind kraftvoll, machtvoll – aber das hatte ich dir ja bereits angedeutet.«
    Richtig.
    Auch das hatte sie.
    Ziemlich deutlich sogar.
    Chloe trat den Rückweg zum Haus an, aber Emily rührte sich nicht. Sie dachte an das Gespräch, das sie gestern mit ihr hatte führen müssen – du wirst dich von ihm verabschieden, früher oder später , wir sind beide unverzichtbar, er küsst ganz fantastisch. Das waren die Worte, die sich in ihre Erinnerung gebrannt hatten wie Tattoos.
    Cullum beobachtete sie, und Emily begegnete seinem Blick. Der Moment, in dem Milly gestorben war, in dem Cullum sich aufgesetzt und sie tröstend in seine Arme gezogen hatte, in diesem Moment war etwas in Emily zerbrochen. Sie wusste nicht genau, was es war, aber sie spürte es deutlich. Und der Schmerz darüber kroch ganz allmählich in ihr Bewusstsein, zähflüssig wie heißes Wachs.

16
    D er Abschied von Milly fiel schwer. Die tintenschwarzen Finger umklammerten Emilys Bein, und die blonden Locken wippten dramatisch, als sie wieder und wieder den Kopf schüttelte. »Neinneinnein«, grummelte sie in den Stoff von Emilys Kleid. »Du musst doch etwas arbeiten, dann kannst du doch auch hierbleiben. Du darfst nicht mit den anderen fortgehen.«
    Emily strich sanft über Millys Kopf. Dann kniete sie nieder und nahm die Hände des Mädchens in ihre. »Es war schön, dich kennengelernt zu haben«, flüsterte sie. »Ich werde oft an dich denken. Hör nicht auf zu zeichnen, hörst du? Lass dich nicht unterkriegen.« Sie drückte Milly an sich und schloss für einen kurzen Moment die Augen.
    Bereits während sie ihre wenigen Sachen gepackt hatte, während sie ein letztes Mal durch die Tür ihrer Dachkammer und die Stiege hinunter in die Küche gegangen war, während sie sich von Hope und Becky, von Anna und Mrs. Whittle verabschiedet hatte, um sich mit Cullum, Adam und Eve vor dem Haus zu treffen – während sie all diese Dinge wie ferngesteuert erledigt hatte, war ihr ein Gedanke nicht aus dem Kopf gegangen.
    In dem Augenblick, in dem sie und die anderen, ganz Hollyhill, in ihre, in Emilys Zeit zurückreisten, in dem Augenblick, in dem sie in Jeans und T-Shirt unter der großen Eiche stehen und mit Fee und ihrer Großmutter in München und sonst wem Kontakt aufnehmen konnte, in diesem, in diesem Augenblick würde Milly lange tot sein. Sie alle hier in Travestor House. Binnen einer Sekunde in Emilys Leben würden sie alle gestorben sein, seit Ewigkeiten schon.
    Emily fröstelte, und Milly bemerkte es, denn sie schmiegte sich enger an sie.
    Lebe wohl, kleine Milly, dachte Emily. Und sie hoffte, sie betete, dieser Wunsch möge sich erfüllen, und die kleine, zauberhafte Milly würde ein wunderschönes, langes Leben leben.
    Emily drückte ihr einen Kuss auf die Stirn und schob sie von sich.
    »Auf Wiedersehen, Mr. Wakefield. Mr. Graham, Mrs. Pratt.« Sie knickste und verabschiedete sich von jedem von ihnen, auch von Mary, die trotz ihrer Drohung kein Wort über den frühmorgendlichen Vorfall am See erwähnt hatte, zu niemandem. Wozu auch? Sie waren ohnehin im Begriff abzureisen. Und es war klar, dass sie niemanden von ihnen je wiedersehen würden. Ob sie ein schlechtes Gewissen hatte? Wohl kaum. Ihre Augen blieben kalt und herablassend, wie üblich.
    »Wir sollten aufbrechen, wenn wir nicht allzu spät zu Hause ankommen wollen«, erklärte Adam, und Emily nickte. Sie lächelte Milly ein letztes Mal zu, stieg in die Kutsche und rutschte in die Ecke, weg von der Tür, weg von dem Mädchen, weg von den Splittern, die ihr gebrochenes Herz zurücklassen würde.
    Joe und Chloe waren bereits unterwegs, ebenso wie George Forley und Jonathan Wakefield. Mary war außer sich gewesen vor Wut darüber, dass ihr Bruder ihren untreuen

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