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Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Pilz
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geschehen. Sie wusste nicht, woher diese Gewissheit kam, doch sie war den ganzen Abend schon unruhig gewesen, und es wurde nicht besser. Sie hoffte, es hatte nichts mit Josh zu tun. Sie betete, es möge ihm bald besser gehen. Dass Matt sicher und wohlbehalten bei ihm ankam. Dass sich alles zum Guten wendete am Ende. Bitte.
    Sie wusste, sie hatte unrecht, in dem Augenblick, in dem ihr Bewusstsein den Schlaf berührte. Was nun kam, war das Schrecklichste, das Emily bisher in ihren Träumen begegnet war, das Schlimmste, was sie je gesehen hatte.
    Sie schrie und sie wand sich, sie rief einen Namen, doch am Ende saß sie entkräftet am Rande des Sees und alles, alles war ihren Händen entglitten.
    Dieses Leben war erloschen und mit ihm Emilys Liebe, Glaube und Hoffnung, alles zugleich.
    »Milly!« Emily schreckte hoch, riss die Augen auf und sah panisch auf die Seite vom Bett, auf der Milly gerade eben noch gelegen hatte. Sie war leer. Sie sprang auf und suchte mit den Augen das Zimmer ab, schließlich lief sie zum Fenster. Die Morgendämmerung hatte eingesetzt, der Mond war verschwunden, die Sonne noch nicht zu sehen, Wald und See lagen still und unberührt.
    Hektisch ruckelte Emily das Fenster nach oben und lehnte sich hinaus. Feuchte Morgenluft wehte ihr entgegen, es roch nach Tau und Nebel, und das Herz schlug ihr bis zum Hals, und alles in ihr wollte losrennen, doch für einen Moment versuchte sie stillzustehen. Sie lauschte. Auf die Stille, ein Käuzchen, auf das Knacksen von Zweigen.
    Da.
    Sie hörte etwas, eine Stimme. Am Ende des Walds schimmerte etwas Weißes durch die Bäume, etwas Weißes, das sich bewegte, und nun war aus der Entfernung schwach die helle Stimme Millys zu hören.
    »Mary!« Hell und voller Angst. »Mary! Komm zurück!«
    Emily wirbelte herum und riss die Tür zum Gang auf. Sie störte sich nicht an ihrer langen Unterwäsche, die sie trug, hielt sich nicht damit auf, Kleid oder Schuhe anzuziehen, sie stürmte die Treppe hinunter, in den Gang zur Küche, durch die Hintertür und rannte los.
    »Milly!« Emily stob durch den Wald und rief Millys Namen, lauter und lauter, in der Hoffnung, dass nicht nur das Mädchen, sondern auch die anderen sie hörten. »Milly!«
    In ihrem Traum hatte sie genug gesehen, um zu wissen, dass keine Zeit blieb, jemanden zu wecken. Sie musste Milly erreichen, bevor diese den See erreichte, und dafür blieb ihr nicht allzu viel Zeit.
    Vom Fenster aus hatte der Wald nicht sehr groß gewirkt, nun aber kam es Emily so vor, als nähmen die Baumreihen überhaupt kein Ende. Die Nadeln und Wurzeln schmerzten unter ihren blanken Füßen, und ihr Herz – ihr Herz hatte sich zu einem winzigen Knäuel zusammengekrümmt, das ihr kaum Luft zum Atmen ließ.
    Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis sie endlich die Bäume hinter sich ließ und den Streifen taunassen Grases erreichte, der hinunter zum See abfiel, bevor er in ein steiniges Ufer überging. Emily blieb stehen. Es war still hier, die Rufe hatten aufgehört. Die Wasseroberfläche lag dunkel und sie kräuselte sich, wie die Oberfläche eines blinden Spiegels. Rau. Unheilvoll.
    Emily ließ den Blick über das Wasser schweifen, während sie die Arme vor der Brust verschränkte, und dann sah sie sie: Mary, in einem winzigen, weißen Ruderboot, im hinteren Drittel des Sees. Sie saß aufrecht und mit dem Rücken zu ihr, starr wie eine Statue, es bewegten sich nicht einmal Wellenringe um sie herum.
    Hinter ihr, weit, weit hinter ihr, auf der imaginären Linie zwischen Boot und Ufer, watete Milly durchs sicherlich eiskalte Wasser, das ihr schon beinahe bis unter das Kinn reichte.
    Das Wasser reichte ihr bis zum Kinn, dann verschluckte es sie ganz und gar, bis der kleine Kopf wieder die Oberfläche durchbrach und Milly nach Luft japste.
    Sie hatte keinen Boden mehr unter den Füßen. Sie watete auch nicht mehr. Sie war bereits zehn, fünfzehn Meter vom Ufer entfernt – sie war schon viel zu weit gegangen.
    »Milly!« Emily lief los, es waren etwa einhundert Meter bis zu dem Punkt, an dem Milly ins Wasser gegangen war, sie konnte es schaffen. »Milly!« Emily lief und rief ihren Namen, sie hatte keine Ahnung, ob Milly schwimmen konnte oder nicht – nein, das war nicht wahr. Sie wusste, sie konnte es nicht. Sie hatte geträumt, was als Nächstes passieren würde. Und sie sah es, hier und jetzt, in der Wirklichkeit.
    Emily lief ins Wasser. O Gott, es war eisig, doch sie war so geschockt, dass es ihr nichts ausmachte, weil sie nichts

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