Verliebt in Paris: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
an den Satz in der Besprechung, wonach man mit so einfachen Dingen wie Papier und Tinte Romantik erzeugen kann? Und weißt du was? Auf dem Flug von Chicago hat mir irgendein Widerling einen Zettel geschrieben, dass er mich anhimmelt, und mir heimlich in die Handtasche gesteckt. Was sagst du dazu ? Und jetzt kommt der Hammer. Der Kerl war mit seiner Frau oder Freundin unterwegs.«
Ich klang zu abschätzig. Es war Andrews Stimme anzumerken.
»Woher weißt du, dass der Bursche verheiratet war?«, fragte er. »Oder eine Freundin hatte?«
»Ach ja, hab ich vergessen zu sagen«, erwiderte ich und bedauerte sofort, ihm überhaupt was von dem Zettel erzählt zu haben. »Auf dem Zettel stand, dass er nicht allein reise.«
»Das könnte alles Mögliche bedeuten«, sagte Andrew.
Warum nahm er den Kerl in Schutz? Um mir zu demonstrieren, dass ich Leute zu schnell abwertete? Er kannte mich nicht gut genug, um meine Charakterschwächen auf diese Weise herauszustellen.
Durchatmen, würde Nancy sagen. Hör auf, so zu denken. Hör auf, es persönlich zu nehmen. Bist du ihm böse? Nein. Deinen Eltern? Nein. Und wem bist du dann böse? Niemandem!
Durchatmen.
In dem Moment bimmelte Solanges Handy los.
»Ups! Ich muss auflegen«, sagte ich. »Können wir ein andermal weiterreden?«
»Sicher. Mach’s gut.«
Ich musste meinen Beutel auskippen, um Solanges Handy zu finden. »Hallo?«, meldete ich mich.
»Selber hallo«, sagte Solange. »Hab ich dich geweckt?«
»Nimm zur Kenntnis, dass ich kein Auge zubekommen habe seit unserem Treffen.«
Solange bestand darauf, dass ich meinen Abend und Morgen mit Andrew von A bis Z abspulte.
»Sehr schön«, meinte sie, als ich fertig war. »Darf ich dir verraten, welchen Ruf Andrew im kleinen Kreis europäischer Museumskuratoren hat?«
»O je«, stöhnte ich. »So schlimm?«
»Er ist der netteste Mann der Welt«, stellte Solange fest. »Als ich vor einigen Jahren zum ersten Mal überlegt habe, ob ich ihn beauftragen sollte, eine Ausstellung für mich zu gestalten, habe ich mir natürlich auch seine Referenzen vorgenommen. Nicht eine Stimme war dabei, die nicht völlig begeistert gewesen wäre. Alle schwärmen für ihn – von den Vorständen über die Geschäftsführer zu Museumswächtern. Er leistet ausgezeichnete Arbeit und ist gänzlich uneitel. Ein Prachtexemplar von Mann.«
Ich lächelte stillvergnügt. Ich hatte recht behalten. Er war nett.
»Warum ist er dann nicht verheiratet?«, fragte ich.
»Dasselbe könnte ich dich fragen«, konterte Solange. »Vielleicht, weil ihr beide arbeitssüchtig seid? Oder alleinerziehend? Oder weil du deine Zeit verschwendest an … wie hieß dieser Depp gleich? Dick?«
»Chuck. Der braucht dich nicht zu kümmern. Gabelt Andrew bei jeder Ausstellung Frauen auf, so wie er’s mit mir getan hat?«
»Du schienst es zu genießen«, bemerkte Solange. »Aber ich ruf nicht an, um über dich zu reden. Oder über Andrew. Ich wollte nach Coco fragen. Geht es ihr besser?«
»Ja und nein. Körperlich ist sie gesund. Es war wohl bloß Jetlag. Aber sie hat schlechte Laune. Irgendwas muss zu Hause im Gange sein. Gerade ist sie schon wieder unten in diesem Internetladen.«
»Sie soll mein Handy benutzen«, bot Solange an. »Es ist internetfähig. Sie kann ihren Freunden von der Wohnung aus mailen.«
»Bist du sicher?«
»Natürlich bin ich sicher. Und nimm das Telefon nachher mit nach Chicago. Bewahr es für deine nächste Reise hierher auf. In Europa kosten Telefone nicht so viel. Anders als in den Staaten. Hier kaufen wir die Apparate billig und benutzen dann Telefonkarten.«
Während Solange sprach, hörte ich Coco in die Wohnung kommen.
»Hier«, sagte ich und reichte ihr das Handy. »Da möchte dir jemand Hallo sagen.«
Ich sah Coco beim Telefonieren zu. Ihre Augen wirkten müde. Trauriger. Älter. Irgendetwas setzte ihr zu, doch ich traute mich nicht nachzufragen, sonst drohte eine weitere Kernschmelze.
Ihr Gespräch mit Solange dauerte. Unterdessen zündete ich im Wohnzimmer Kerzen an und bereitete unser Abendessen fertig zu: Crêpes mit Ratatouille, frittierter Spinat, Raukensalat und ein halbes Baguette.
»Magst du ein kleines Glas Wein zum Abendessen?«, fragte ich Coco, als sie aufgelegt hatte. »Solange hat uns eine Flasche im Kühlschrank dagelassen.«
»Mom, du weißt, dass ich keinen Alkohol trinke.«
»Weiß ich, und ich bin auch froh drüber. Aber da du im Herbst aufs College gehen wirst, wo es vorkommen soll, dass Studenten das
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