Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)
einmal.
»Mach Sachen, Emmilein! Du hast dich tatsächlich ein bisschen verliebt?« Die Großmutter strahlte. Das war eine Geschichte ganz nach ihrem Geschmack. Natürlich erhoffte sie sich für ihre Enkelin einen Partner, der ihr Liebe und Sicherheit geben konnte. Andererseits wurde ein Mann für Fanny erst dann interessant, wenn er mehr als eine ausgefallene Eigenschaft besaß.
Während Emma die mitgebrachten Einkäufe in den Kühlschrank sortierte und im Gefrierfach eine Zahnpastatube entdeckte, die vermutlich für den nächsten Großmutterstreich bestimmt war, versuchte sie ihr Zusammentreffen mit Fürstberg zu beschreiben. Dabei stieg auch wieder Wut in ihr hoch. »Nur weil diese Schauspielerin aufgetaucht ist, hat er mich keines Blickes gewürdigt. Und als sie das Kleid endlich anhatte, war ich total abgemeldet. Die Garderobieren haben nicht einmal ›tschüs‹ oder ›danke‹ gesagt.« Sie pfefferte die Karotten mit Wucht in das Gemüsefach und schloss es danach ebenso kräftig. Rums.
»Spatzerl, ärger’ dich nicht«, versuchte Fanny sie zu beruhigen. »Was erwartest du denn, wenn du da als Fremde auftauchst? Dass sie dich hätscheln und tätscheln? Der Film ist ein hartes Geschäft, da wird einem nichts, aber auch gar nichts geschenkt. Da musst du schon ein bisserl deine Ellenbogen benutzen, wenn du diesen Regisseur erobern willst.«
»Aber ›danke‹ kann man doch sagen.« Emma zog einen Flunsch wie schon als Kind, wenn die Großmutter sie unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt hatte.
»Vielleicht sind die Madln dort einfach sehr unter Druck gestanden. Die haben vielleicht auch eine strenge Chefin, genau wie du. Und diesem Regisseur geht es möglicherweise nicht anders …«
So hatte Emma es noch gar nicht gesehen. Sie verzieh den Garderobieren im Handumdrehen und Fürstberg sowieso. Schon wieder etwas besser gelaunt verabschiedete sie sich von ihrer Oma und radelte durch die nächtlichen Münchner Straßen nach Hause. An der Isar sah man die ersten verliebten Pärchen dieses Jahres entlangflanieren. Offensichtlich begann jetzt wieder die Zeit, in der man statt des wohlig warmen Platzes vor dem knisternden Kamin einen Abend spaziergang in der lauen Frühlingsluft genoss.
Auf ihrem Anrufbeantworter fand sie eine Nachricht ihrer Freundin Hannah, die den heutigen Mädelsabend absagte: »Ich hoffe, du bist nicht böse, aber irgendwie passt es Kirsten und Yvonne auch nicht so recht.« Nein, Emma war nicht böse. Vielleicht sollte sie sich die Erlebnisse des heutigen Tages sowieso erst einmal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen, bevor sie den Freundinnen davon erzählte.
Weil sie nun den ganzen Abend für sich allein hatte, durchstöberte sie erst einmal ihren alten, schön bemalten Bauernschrank im Flur, der sich im Laufe der letzten Jahre bis unter den Rand mit DVDs gefüllt hatte. Und wie meistens fielen ihr zuallererst ihre Lieblingsfilme in die Finger. Emmas Blick fiel auf Jennifer Lopez und Ralph Fiennes, die sie vom obersten Cover verliebt anstrahlten.
Die Parallelen zwischen den Ereignissen des heutigen Tages und dem Film waren nicht zu leugnen. Ein wichtiger Mann mit anerkanntem Beruf, eine unbedeutende Frau in einem fremden Outfit – die perfekte Konstellation für eine romantische Liebesgeschichte, genau wie in Manhattan Love Story . Und schon hatte Emma die geeignete Unterhaltung für den Abend gefunden. Bevor sie es sich allerdings im Blümchen-Pyjama und mit einer Tüte Gummibärchen im Ohrensessel vor dem Fernseher bequem machte, gönnte sie sich noch einen kurzen Abstecher zum Kleiderschrank im Schlafzimmer.
Sie zog die Tür auf – und da hing es. Ein Traum aus roséfarbener Seide, tief dekolletiert und sanft gerafft, genau wie das Abendkleid, das Marisa alias Jennifer Lopez auf dem alles entscheidenden Empfang trägt. Emma hatte es vor etwa zwei Jahren in ihrer eigenen Größe nachgeschneidert, bis heute aber nicht ein einziges Mal wirklich getragen. Wann hatte eine kleine Schneiderin wie sie schon die Gelegenheit dazu? Die Herausforderung war mehr die möglichst perfekte Kopie des Originals und nicht so sehr die tatsächliche Nutzung gewesen. Schließlich musste sie auf irgendeine Weise Erfahrungen mit anspruchsvollen Stücken sammeln, wenn man ihr im Atelier schon nicht die Möglichkeit dazu gab.
Trotzdem holte Emma das Kleid jetzt aus dem Schrank und hielt es sich für einen kurzen Blick in den Spiegel vor den Körper. Nun ja, mit ihrem kurzen Lockenkopf, der
Weitere Kostenlose Bücher