Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)
denn nun? Hat sie mit dir gesprochen? Und du hattest wirklich ihr Kleid an? Durftest du auch beim Dreh zuschauen?«
»Jetzt mal langsam.« Das war Emma nun doch zu viel Aufmerksamkeit, zumal sie bei Weitem nicht alle Fragen zufriedenstellend beantworten konnte. Deshalb begann sie mit dem, was sie im Moment am meisten beschäftigte: »Dieser Herr Fürstberg ist wirklich ein ganz toller Mann. Der hat das gesamte Filmteam mit einer Leichtigkeit im Griff, dass man nur staunen kann. War schon beeindruckend, das zu sehen. Die Schauspielerin fand ich jetzt nicht so besonders. Ist vielleicht auch Geschmackssache.« Emma zuckte scheinbar ungerührt mit den Schultern und wandte sich wie selbstverständlich ihrer Arbeit zu. Es funktionierte. Den Rest des Tages herrschte Ruhe.
Auf dem Heimweg vom Atelier radelte sie wie meistens noch kurz bei ihrer Oma Fanny vorbei. Da Emmas Eltern seit einigen Jahren in Tutzing lebten, waren Emma und ihre Schwester Lisa dafür zuständig, die Großmutter hin und wieder zu besuchen und für sie Besorgungen zu machen.
Das hatten beide Töchter auch sehr gerne übernommen, denn schließlich war Fanny für ihre dreiundsiebzig Jahre noch äußerst unternehmungslustig und immer gut gelaunt.
Manchmal kam sich Emma sogar älter vor als ihre fröhliche Großmutter, die vor nichts und niemandem Angst zu haben schien und ihre Umwelt mit skurrilen Einfällen des Öfteren zur Weißglut brachte. So hatte ihre Tochter Traudl, Emmas Mutter, vehement Einspruch erhoben, als Fanny mit Mitte fünfzig beschloss, ausgerechnet Karate zu lernen. Inzwischen hatte sie es immerhin bis zum grünen Gürtel gebracht und ließ keinen Zweifel darüber aufkommen, dass sie auf jeden Fall bis zum schwarzen weitertrainieren werde. Ihre Seniorenmannschaft und vor allem der Karatemeister bestärkten sie darin.
Heute begrüßte sie ihre Enkelin mit einem Kichern wie ein pubertierender Teenager. »Der Jung von nebenan heißt zwar ›Jung‹, ist aber im Kopf so vertrocknet wie eine ägyptische Mumie. Kaum zu glauben, dass jemand in unserem Alter so spießig sein kann.« Das sagte sie so entschieden, als spräche sie nicht von einem pensionierten Oberstudienrat, sondern von einem Studenten im ersten Semester. »Dabei hab ich ihm nur eine winzige Mausefalle zwischen die Post in seinen Briefkasten gesteckt. Und da will der gleich die Polizei rufen und Anzeige erstatten! Völlige Überreaktion, findest du nicht?«
»Mensch, Oma, wie oft hab ich dir schon gesagt, du sollst den armen Mann in Ruhe lassen? Was hat er dir denn getan?« Jetzt kam sich Emma schon wieder ganz spießig vor.
»Auf die Palme bringt er mich mit seinen dauernden Vorschriften und Regelungen!«
Fanny runzelte die Stirn, kniff den Mund zusammen und presste mit verstellter Stimme zwischen schmalen Lippen hervor: »Das Treppenhaus muss stets am Donnerstagvormittag gesäubert werden, da anderenfalls die Intervalle zwischen den Putzvorgängen zu sehr variieren würden. – ›Intervalle‹, ›Putzvorgänge‹, pah! Der will sich doch nur überall einmischen. Weil ihm sonst vor lauter Langeweile seine Stuckdecke auf die vertrocknete Birne fallen könnte!«
»Aber wenn du das nun schon weißt, Oma, gäbe es doch auch die Möglichkeit, ihn zu einem Spaziergang einzuladen, anstatt ihm Mausefallen in den Briefkasten zu schmuggeln.«
»Ach, du Spielverderberin«, maulte die Großmutter wie ein kleines Kind und fügte hinzu: »Ein Spaziergang mit dem? So weit kommt’s noch! Damit ich mich bei seinem komischen Gerede zu Tode langweile. Für seine merkwürdigen Ansichten ist mir meine kostbare Lebenszeit definitiv zu schad. Was ist denn heut eigentlich mit dir los, Herzerl? Du bist ja für gar nix zu begeistern.«
Welche Überraschung, wenn man mit einem so sensationellen Ereignis wie einer Mausefalle in der Post empfangen wurde! Tatsächlich aber traf Fanny wirklich jedes Mal ins Schwarze, wenn Emmas Stimmung im Keller war, deshalb hatte sie sich über die Jahre auch zu ihrer engsten Beraterin in Liebes- und Lebensfragen entwickelt. Sie trat eng an ihre Enkelin heran, schob die Brille fast bis zur Nasenspitze hinunter und blickte sie durchdringend an. »Na, was ist passiert?«, fragte sie streng. Da war Leugnen in jedem Fall zwecklos.
Also erzählte Emma ihr von der Begegnung mit Regisseur Fürstberg, die genau genommen ziemlich einseitig und deshalb gar kein richtiges Kennenlernen gewesen war. Das wahre Ausmaß des Blitzschlags verschwieg sie vorsichtshalber erst
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