Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)
das sie im Nacken mit einer weißen Kunststoffblüte feststeckte. Nun noch das passende dezente Make-up. Fertig.
Am späten Nachmittag stand Emma wie für einen Ball zurechtgemacht vor dem heimischen Spiegel und betrachtete sich. Beinahe hätte sie vergessen, dass sie nicht heute, sondern erst am Dienstagabend mit Fürstberg verabredet war. Hoffentlich gelang das Gesamtkunstwerk dann auch wieder so gut. Denn so war es nahezu perfekt. Sie strahlte ihr Spiegelbild an und hätte platzen können vor Freude über das bevorstehende Rendezvous mit dem ersehnten Mann. Am liebsten hätte sie ihn jetzt sofort angerufen und zu sich nach Hause bestellt, um die Arbeit eines ganzen Tages nicht ungenutzt wieder zerstören zu müssen.
Natürlich! Sie konnte das Outfit heute durchaus noch sinnvoll einsetzen, indem sie es vorab an einem anderen Mann testete. Wenn sie nicht wollte, dass der lebenswichtige Dienstagabend ähnlich endete wie in ihrem Albtraum, musste sie üben. Und da sie nun schon von Kopf bis Fuß gestylt in ihrer Wohnung stand, konnte sie das Gesamtkunstwerk genauso gut probeweise zum Einsatz bringen. Nur – wer bot sich da als Versuchskaninchen an?
Männliche Freunde hatte sie eigentlich keine, das fiel schon mal flach. Ihr Vater war sicher nicht unbefangen, dazu wäre er viel zu begeistert von seiner hübschen Tochter. Außerdem: Wie sollte sie ihm die ungewöhnliche Aufmachung erklären, ohne die Wahrheit zu sagen? Schließlich wusste er genau, dass sie sich zum letzten Mal für Lisas Hochzeit so herausgeputzt hatte – und das auch nur unter Protest. Wie schade, dass sie keinen Bruder hatte. Aber doch immerhin einen Schwager …
Ja, Henning war ein guter Kandidat für die angemessene Beurteilung des Abendoutfits. Er war im richtigen Alter, als Arzt durchaus weltgewandt und, auch wenn ihr seine Gartenplanung nicht gefiel, sehr auf gute Optik bedacht. Aber stand er ihr nicht zu nah? Würde er ihr wirklich die Wahrheit sagen? Gab ein Mann einer Frau gegenüber jemals ehrlich zu, was er über ihr Aussehen dachte? Eine direkte Frage war vielleicht gar nicht der richtige Weg. Es musste eher subtil geschehen. Unauffällig. Ohne Worte.
Aber wer wäre dafür das geeignete Testobjekt? Henning würde sich vermutlich nur erkundigen, was sie vorhabe, wenn sie am Samstagabend im Cocktailkleid und bis in die Haarspitzen gestylt bei ihm und Lisa auftauchte. Wenn allerdings noch jemand anderes dabei wäre – ein Freund der Familie, der trotzdem den nötigen Abstand hatte … Willi vielleicht, dieser Landschaftsarchitekt. Er kannte Emma zu wenig, um über ihre außergewöhnliche Aufmachung besonders erstaunt zu sein. Schließlich könnte es ja sein, dass sie als Schneiderin jeden zweiten Tag so aufgetakelt herumlief. Vermutlich saß er ohnehin gerade mit Henning bei der Gartenplanung, die mit Sicherheit noch lange nicht beendet war.
Kurz entschlossen griff Emma zum Telefonhörer und wählte Lisas Nummer. Ihre Schwester war sofort am Apparat: »Merker!«
Für einen Rückzug war es jetzt zu spät. Nun ja, bei Fürstberg hatte die Augen-zu-und-durch-Methode ja schließlich auch gut geklappt.
»Seid ihr heute Abend daheim?«, tastete Emma sich vor, ehe sie ihr Anliegen vorbrachte.
»Natürlich. Wie an ziemlich genau neunundneunzig Komma neun Prozent aller Samstage im Jahr.« Es klang ein bisschen frustriert. »Willst du etwa vorbeikommen? Das wäre wenigstens eine kleine Abwechslung.«
»Wenn du möchtest, gern«, antwortete Emma und freute sich, dass sie gar nicht direkt hatte fragen müssen. Und wie brachte sie jetzt unauffällig Willi ins Spiel? »Seid ihr allein?«
»Natürlich. Wie an etwa fünfundneunzig Prozent aller Abende im Jahr.«
»Ach komm, Lisa, übertreib doch nicht so. Was ist denn los? Als ich das letzte Mal bei euch war, hattet ihr zum Beispiel diesen Willi zu Besuch.« Gar nicht schlecht.
»Na ja, das war aber quasi beruflich. Außerdem haben er und Henning sich bloß wieder gestritten.« Lisa war offensichtlich wirklich nicht gut drauf. Hoffentlich zeigte sie sich trotzdem zugänglich für kurzfristige Planänderungen. Die sich jetzt natürlich schon nicht mehr so naheliegend anboten. Egal.
»Dann lad ihn doch auch ein. Vielleicht würde es das Verhältnis der beiden etwas entspannen, wenn wir zu viert …« Weiter kam Emma nicht mit ihrem Vorschlag.
»Er hat dir also doch gefallen!«, unterbrach Lisa sie jubelnd. Von schlechter Laune oder Frustration war augenblicklich nicht das Geringste mehr zu
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