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Verliere nicht dein Gesicht

Verliere nicht dein Gesicht

Titel: Verliere nicht dein Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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Schuh rutschte auf die Kante zu, bis ihre Zehen sich vor den Bäumen abzeichneten.
      Vor den Bäumen! Sie hatte sich fast seitlich gedreht, ihr Körper befand sich parallel zum Boden.
      Der Slalomwimpel jagte vorüber und plötzlich war alles vorbei. Das Brett schob sich wieder unter Tally, als ihr Kurs sich begradigte.
      Sie hatte die Kurve geschafft!
      Tally fuhr zu Shay herum. "Ich hab’s geschafft!"
      Und stürzte ab.
      Verwirrt von ihrer plötzlichen Drehung hatte das Brett versucht diese Bewegung nachzuvollziehen und sie dabei abgeworfen.
      Tally entspannte sich, als ihre Arme hochgerissen wurden und die Welt sich um sie drehte. Sie lachte, als sie sich, an ihren Armbändern hängend, dem Gras näherte.
      Shay lachte ebenfalls. " Fast geschafft."
      "Nein! Ich bin um die Wimpel herumgeflogen. Das hast du gesehen!"
      "Okay, okay, du hast es geschafft." Shay lachte und trat ins Gras. "Aber tanz danach nicht so blöd durch die Gegend. Das ist nicht cool, Scheelauge."
      Tally streckte ihr die Zunge heraus. In der vergangenen Woche hatte Tally gelernt, dass Shay den Spitznamen nur benutzte, um ihr eins auf die Finger zu geben. Shay bestand fast immer darauf, dass sie einander bei ihren richtigen Namen nannten, und daran hatte Tally sich schnell gewöhnt. Es gefiel ihr sogar. Niemand, außer Sol und Ellie - ihren Eltern - und ein paar hochnäsigen Lehrern, hatte sie jemals "Tally" genannt.
      "Wie du meinst, Skelett. Das war toll."
      Tally ließ sich ins Gras fallen. Sie fühlte sich wie gerädert, jeder einzelne Muskel war erschöpft. "Danke für den Unterricht. Fliegen ist das Größte."
      Shay setzte sich dicht neben sie. "Auf einem Hubbrett gibt’s keine Langeweile."
      "So was Tolles hab ich nicht mehr erlebt seit..." Tally nannte seinen Namen nicht. Sie schaute hoch zum Himmel, der wunderbar blau war. Ein perfekter Himmel. Sie hatten erst am späten Nachmittag angefangen. Über ihnen zeigten einige Wolken schon einen rosa Schimmer, obwohl es noch Stunden bis zum Sonnenuntergang waren.
      "Ja", sagte Shay zustimmend. "Ich auch nicht. Ich hatte es so satt, allein rumzuhängen."
      "Und wie lange hast du noch?"
      Shays Antwort kam sofort. "Zwei Monate und sechsundzwanzig Tage."
      Tally war für einen Moment sprachlos. "Bist du sicher?"
      "Sicher bin ich sicher."
      Tally spürte, wie sich ein strahlendes Lächeln über ihr Gesicht ausbreitete. Sie streckte sich im Gras aus und lachte. "Du machst doch Witze. Dann hätten wir denselben Geburtstag."
      "Nicht möglich."
      "Doch möglich. Das ist perfekt. Dann werden wir beide gemeinsam hübsch."
      Shay antwortete nicht sofort. "Ja, kann schon sein", sagte sie dann.
      "Neunter September, ja?"
      Shay nickte.
      "Das ist einfach cool. Ich meine, ich glaube nicht, dass ich es ertragen könnte, noch eine Freundin zu verlieren. Verstehst du? Wir brauchen uns keine Sorgen zu machen, dass die eine die andere im Stich lassen könnte. Nicht für einen einzigen Tag." Shay setzte sich auf, sie lächelte jetzt nicht mehr. "Ich würde das niemals tun."
      Tally kniff die Augen zusammen. "Das habe ich auch nicht behauptet, aber ..."
      "Aber was?"
      "Aber wenn du wechselst, dann ziehst du nach New Pretty Town um."
      "Na und? Die Pretties dürfen hierher zurückkommen, das weißt du. Oder schreiben."
      Tally schnaubte. "Aber das tun sie nicht."
      "Ich würde es tun." Shay schaute über den Fluss auf die Partytürme und schob sich energisch einen Daumennagel zwischen die Zähne.
      "Ich auch, Shay. Ich würde dich besuchen."
      "Bist du sicher?"
      "Ja. Total."
      Shay zuckte mit den Schultern, legte sich ins Gras und schaute zu den Wolken hoch. "Okay. Aber du bist nicht die Erste, die so ein Versprechen abgibt, weißt du."
      "Ja, das weiß ich."
      Sie schwiegen für einen Moment. Langsam schoben sich Wolken vor die Sonne und die Luft wurde kalt. Tally dachte an Peris und versuchte sich daran zu erinnern, wie er ausgesehen hatte, als er noch Nase gewesen war. Aber aus irgendeinem Grund konnte sie sich an sein hässliches Gesicht nicht mehr erinnern. Die wenigen Minuten, in denen sie ihn hübsch gesehen hatte, schienen die Erinnerungen eines ganzen Lebens ausgewischt zu haben. Sie konnte jetzt nur noch den hübschen Peris sehen, diese Augen, dieses Lächeln.
      "Ich wüsste ja gern, warum sie nie zurückkommen", sagte Shay. "Einfach zu einem Besuch."
      Tally schluckte. "Weil wir so hässlich sind, Skelett,

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