Verliere nicht dein Gesicht

streifte. Aber er lächelte. "Alles klar. Du bist clean."
      Tally seufzte erleichtert auf. Natürlich hatte sie den Anhänger noch nicht aktiviert, deshalb konnte das Gerät ihn nicht entdecken. Das Peilgerät hatte Dr. Cable nur angebracht, um die Smokies zu täuschen, um sie in Sicherheit zu wiegen. Tally selbst war die wahre Gefahr.
      Shay trat neben den Jungen und nahm seine Hand. "Tally, das ist David."
      Wieder lächelte der Junge. Er war hässlich, aber er hatte ein sympathisches Lächeln. Und sein Gesicht strahlte eine Art Selbstvertrauen aus, die Tally bei einem Ugly noch nie gesehen hatte. Er war vielleicht ein paar Jahre älter als sie. Tally hatte niemals einen Menschen, der älter als sechzehn war, auf natürliche Weise reifen sehen. Sie fragte sich plötzlich, ob die Uglies einfach nur in einem problematischen Alter waren.
      Aber David war natürlich kein Pretty. Sein Lächeln war schief und seine Stirn zu hoch. Aber Ugly oder nicht, es tat gut, Shay zu sehen. Und David und alle anderen. Abgesehen von den wenigen benommenen Stunden bei den Förstern hatte sie das Gefühl, schon seit Jahren keine menschlichen Gesichter mehr gesehen zu haben.
      "Und, was gibt’s?"
      "Hä?"
      Croy war einer der anderen Uglies, die sie abgeholt hatten. Auch er sah älter aus als sechzehn, aber ihm stand es nicht so gut wie David. Manche brauchten die Operation eben dringender als andere. Er streckte die Hand nach ihrem Rucksack aus.
      "Ach, danke." Ihre Schultern taten weh, weil sie jetzt eine Woche lang an diesem Ding festgeschnallt gewesen waren.
      Er öffnete den Rucksack im Weitergehen und schaute hinein. "Reiniger. Positionsfinder." Croy zog die wasserdichte Tasche heraus und öffnete sie. "SpagBol. Lecker!"
      Tally stöhnte. "Das kannst du haben."
      Er riss die Augen auf. "Wirklich?"
      Shay nahm ihm den Rucksack weg. "Nein, kannst du nicht."
      "Hör mal, ich hab das jetzt dreimal pro Tag gegessen, seit ... seit einer Ewigkeit, so kommt es mir vor", sagte Tally.
      "Ja, aber in Smoke kriegt man nur selten dehydrierte Nahrung", erklärte Shay. "Du solltest es dir zum Handeln aufbewahren."
      "Zum Handeln?" Tally runzelte die Stirn. "Wie meinst du das?" In der Stadt tauschten Uglies Arbeitsaufgaben oder gestohlenen Kram, aber Essen?
      Shay lachte. "An die Vorstellung wirst du dich schon noch gewöhnen. In Smoke fallen die Sachen nicht einfach aus der Wand. Du musst auf den Kram aufpassen, den du mitgebracht hast. Gib ihn nicht einfach weg, bloß weil dich jemand fragt." Shay warf Croy einen Blick zu, und der starrte verlegen zu Boden.
      "Ich wollte ihr etwas dafür geben", verteidigte er sich.
      "Aber sicher", sagte David.
      Tally bemerkte, dass seine Hand auf Shays Schulter lag und sie im Weitergehen sanft berührte. Sie dachte daran, wie Shay immer über David gesprochen hatte, verträumt irgendwie. Vielleicht war es nicht nur die Verheißung von Freiheit, die ihre Freundin hierhergelockt hatte.
      Sie erreichten den Rand des Blumenteppichs und dann einen Wald aus Bäumen und Unterholz, der am Fuße eines hohen Bergs begann.
      "Wie verhindert ihr, dass die Orchideen sich ausbreiten?", fragte Tally.
      Davids Augen leuchteten, als sei das sein Lieblingsthema. "Dieser alte Wald hält sie auf. Der steht schon seit Jahrhunderten hier, war wahrscheinlich sogar vor den Rusties da."
      "Darin gibt es jede Menge Arten", fügte Shay hinzu. "Deshalb ist er stark genug, um das Unkraut draußen zu halten." Sie schaute David Beifall heischend an.
      "Das übrige Land hier wurde als Farmland oder Weide genutzt", sagte jetzt David und zeigte auf die weißen Flächen hinter ihnen. "Die Rusties hatten ihm schon das Genick gebrochen, als das Unkraut kam."
      Als sie einige Minuten durch den Wald gegangen waren, wusste Tally, warum die Orchideen dem nicht gefährlich werden konnten. Das Unterholz und die Bäume waren auf beiden Seiten zu einer undurchdringlichen Wand verflochten. Sogar auf dem schmalen Pfad musste sie immer wieder Zweige und Äste wegschieben, über Wurzeln und Steine steigen. Sie hatte noch nie so raue und ungastliche Waldgegenden gesehen. Mit tückischen Dornen besetzte Schlingpflanzen zogen sich wie Stacheldraht durch das Halbdunkel. "Lebt ihr wirklich hier drinnen?"
      Shay lachte. "Keine Sorge. Wir haben unsere Wege. Wir wollen nur sichergehen, dass du nicht verfolgt wirst. Smoke liegt viel höher, wo die Bäume nicht so dicht stehen. Aber jetzt sind wir bald am Bach.