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Verliere nicht dein Gesicht

Verliere nicht dein Gesicht

Titel: Verliere nicht dein Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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Dann können wir auf die Bretter steigen."
      "Gut", sagte Tally. Ihre Füße hatten in den neuen Schuhen schon Blasen. Aber diese waren wärmer als die zerstörten Griffschuhe, das merkte sie jetzt, und besser zum Wandern geeignet. Sie fragte sich, was passiert wäre, wenn die Förster sie ihr nicht gegeben hätten. Wie wurden in Smoke wohl neue Schuhe hergestellt? Musste man alle Lebensmittel dagegen eintauschen? Oder sie selber machen? Sie schaute die Füße vor ihren an, Davids, und seine Schuhe sahen handgemacht aus, wie achtlos zusammengestoppelte Lederstücke. Seltsamerweise bewegte er sich darin aber mit einer natürlichen Anmut durch das Dickicht, schweigend und selbstsicher, während die anderen sich wie die Elefanten ihren Weg brachen.
      Bei der bloßen Vorstellung, mit der Hand Schuhe herstellen zu müssen, wusste sie nicht mehr weiter.
      Es spielte aber keine Rolle, mahnte Tally sich jetzt und holte tief Atem. In Smoke brauchte sie ja nur den Anhänger zu aktivieren und dann würde sie innerhalb eines Tages oder sogar in wenigen Stunden zu Hause sein. Und würde dann jederzeit alle Kleider und alle Lebensmittel erhalten, die sie sich nur wünschen konnte. Ihr Gesicht wäre endlich hübsch und sie hätte Peris und alle ihre alten Freunde um sich.
      Und endlich hätte dieser Albtraum ein Ende.
            ***
      Bald hörten sie plätscherndes Wasser und erreichten eine kleine Lichtung. David zog wieder sein Gerät hervor und richtete es auf den Pfad, über den sie gekommen waren. "Noch immer nichts." Er grinste Tally an, "Herzlichen Glückwunsch jetzt gehörst du zu uns."
      Shay kicherte und drückte Tally an sich, während die anderen ihre Bretter bereitmachten. "Ich kann es noch immer nicht fassen, dass du hier bist. Ich dachte, ich hätte alles ruiniert, weil ich dir erst so spät davon erzählt habe, dass ich wegwollte. Und dann war ich so blöd und hab mich mit dir gestritten, statt dir einfach zu sagen, was ich vorhabe."
      Tally schüttelte den Kopf. "Du hattest schon alles gesagt, ich habe nur nicht zugehört. Als mir dann erst einmal klar war, dass du es ernst meinst, brauchte ich die Möglichkeit, darüber nachzudenken. Das hat eben eine Weile gedauert ... jede Minute, bis zur Nacht vor meinem Geburtstag." Sie holte tief Luft und fragte sich, warum sie das alles sagte, warum sie Shay belog, wo das doch überhaupt nicht nötig war. Sie hätte einfach den Mund halten, nach Smoke fliegen und die Sache hinter sich bringen sollen. Aber Tally ertappte sich dabei, dass sie weiter redete. "Dann ging mir auf, dass ich dich nie wiedersehen würde, wenn ich mich nicht auf den Weg machte. Und ich würde mich immer fragen, ob ich mich richtig entschieden habe."
      Der letzte Satz war immerhin die Wahrheit.
      Als sie weiter bergauf flogen, wurde der Bach breiter und floss unter einem Dach aus Ästen durch den dichten Wald. Die knorrigen kleineren Bäume machten höheren Fichten Platz, das Unterholz wurde dünner, der Bach brach sich ab und zu über kleinen Stromschnellen. Shay stieß einen Schrei aus, als sie durch die wirbelnde Gischt glitt.
      "Ich hab mich so danach gesehnt, dir das hier zu zeigen. Und die wirklich guten Stromschnellen kommen erst noch."
      Endlich verließen sie den Bach und folgten einer Metallader über eine Felskuppe. Von dort oben schauten sie in ein kleines Tal, in dem fast keine Bäume standen.
      Shay nahm Tallys Hand. "Hier ist es. Zu Hause."
      Unter ihnen lag Smoke.

 
 Das Model

      
      Smoke war wirklich voller Rauch.
      Überall im Tal brannten offene Feuer, an denen kleine Gruppen von Menschen saßen. Der Geruch von Holzrauch und Essen trieb zu Tally hoch und erinnerte sie an Campingtouren und Partys unter freiem Himmel. Außer dem Rauch hing noch der Morgendunst in der Luft, ein weißer Nebelfinger kroch aus einer oben am Berg klebenden Wolkenbank hinab ins Tal. Einige wenige Solarzellen leuchteten schwach vor sich hin und nahmen alles an Sonne auf, was der Nebel durchließ. Zwischen den Gebäuden, etwa zwanzig einstöckigen Konstruktionen aus langen Holzbrettern, waren hier und da kleine Gärten angelegt. Überall sah Tally Holz, als Zäune, als Bratspieße, als Gehwege auf morastigen Stellen und in hohen Stapeln bei den Feuern. Tally fragte sich, woher sie diese Holzmengen wohl nahmen. Dann sah sie die Baumstümpfe am Rand der Siedlung und keuchte auf. "Bäume ...", flüsterte sie entsetzt. "Ihr fällt Bäume."
      Shay drückte ihr die Hand. "Nur

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