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Verliere nicht dein Gesicht

Verliere nicht dein Gesicht

Titel: Verliere nicht dein Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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Wurzeln und Zweigen nach der richtigen Stelle zu suchen, um die Säge anzusetzen.
      "Blöde Bäume", murmelte Tally und knirschte mit den Zähnen, als sie das Sägeblatt wieder nach unten bewegte.
      Endlich traf die Säge auf Holz und stieß einen schrillen Schrei aus, als sie ihre Zähne in den Ast bohrte. Dann war sie durch und eine Sekunde lang frei, ehe sie sich spuckend und kreischend in den Boden bohrte.
      "Ja!" Tally trat zurück, hob ihre Schutzbrille und schaltete die Säge aus.
      Croy trat vor und beförderte den abgeschnittenen Ast mit einem Tritt von den Schienen. "Perfekter chirurgischer Schnitt Doktor", sagte er.
      "Ich glaube, langsam habe ich den Dreh raus", sagte Tally und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
      Es war fast Mittag und die Sonne brannte erbarmungslos über der Lichtung. Tally zog ihren Pullover aus, als sie merkte, dass die Kühle des Morgens sich längst verzogen hatte. "Du hattest Recht, die Bäume spenden Schatten."
      "Da sagst du was Wahres", erwiderte Croy. "Schöner Pullover übrigens."
      Sie lächelte. Zusammen mit ihren neuen Handschuhen war der Pullover ihr kostbarster Besitz. "Danke."
      "Was hast du dafür bezahlt?"
      "Sechs SpagBols."
      "Ganz schön teuer. Aber schön ist er." Croy fing ihren Blick ein. "Tally, erinnerst du dich an den Tag, an dem du hergekommen bist? Als ich mir deinen Rucksack geschnappt habe? Ich hätte dir deine Sachen wirklich nicht weggenommen. Jedenfalls nicht, ohne dir etwas dafür zu geben. Ich war nur so überrascht, als du gesagt hast, ich könnte alles haben."
      "Sicher, macht doch nichts", erwiderte sie. Jetzt, wo sie mit Croy zusammenarbeitete, fand sie ihn eigentlich ganz sympathisch. Sie hätte lieber mit David oder Shay ein Team gebildet, aber heute waren eben die
      beiden gemeinsam am Werk. Und es war sicher auch an der Zeit, andere Smokies besser kennenzulernen.
      "Und du hast auch einen neuen Schlafsack, hoffe ich."
      "Ja. Zwölf SpagBols."
      "Dann kann dir ja kaum noch was zum Tauschen bleiben."
      Sie nickte. "Hab nur noch acht."
      "Nicht schlecht. Aber trotzdem, ich wette, auf dem Weg hierher war dir nicht klar, dass du deinen zukünftigen Reichtum verzehrt hast."
      Tally lachte. Sie hockten unter dem halb zerschnittenen Baum und zogen bündelweise zerschnittene Schlingpflanzen von der Schiene.
      "Wenn ich gewusst hätte, wie wertvoll diese Packungen sind, hätte ich wohl nicht so viele gegessen, ob ich nun am Verhungern war oder nicht. Ich mag sie ja nicht mal mehr. SpagBol zum Frühstück war das Schlimmste."
      "Für mich klingt das köstlich." Croy grinste. "Sieht dieser Abschnitt hier sauber aus?"
      "Sicher. Machen wir uns an den nächsten." Sie reichte ihm die Säge.
      Croy erledigte zuerst den leichten Teil der Arbeit, er ging das Unterholz mit der brummenden Säge an. "Aber, Tally, eins finde ich irgendwie verwirrend."
      "Was denn?"
      Die Säge glänzte metallisch und ließ einen Funkenschwarm
      aufstieben.
      "An deinem ersten Tag hier hast du gesagt, dass du mit Proviant für zwei Wochen aus der Stadt aufgebrochen bist."
      "Ja."
      "Wenn du neun Tage für den Weg hierher gebraucht hast, dann dürftest du nur noch Essen für fünf Tage haben. Vielleicht fünfzehn Portionen insgesamt. Aber ich weiß noch, als ich an dem Tag in deinen Rucksack geschaut habe, da habe ich gedacht, meine Güte, die hat ja Tonnen bei sich!"
      Tally schluckte und versuchte sich nichts anmerken zu lassen.
      "Und ich hatte offensichtlich Recht. Zwölf plus sechs plus acht macht ... sechsundzwanzig?"
      "Ja, kann schon sein."
      Er nickte und setzte die Säge vorsichtig unter einem tiefsitzenden Ast an. "Dachte ich mir’s doch. Aber du hast die Stadt vor deinem Geburtstag verlassen, ja?"
      Tally überlegte schnell. "Sicher. Aber vielleicht hab ich nicht jeden Tag dreimal gegessen, Croy. Wie gesagt, ich hatte die SpagBol bald ziemlich satt."
      "Für so eine lange Reise hast du offenbar so gut wie gar nichts gegessen."
      Tally gab sich alle Mühe, das nachzurechnen, um festzustellen, welche Zahl dabei herauskam. Sie dachte daran, was Shay am ersten Abend gesagt hatte: Manche Smokies misstrauten ihr, fürchteten, sie könnte eine Spionin sein. Tally hatte geglaubt, inzwischen von allen akzeptiert zu werden. Aber offenbar irrte sie sich da.
      Sie holte tief Atem und versuchte sich ihre Angst nicht anhören zu lassen. "Hör mal, Croy. Ich muss dir was gestehen. Ein Geheimnis."
      "Was

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