Verliere nicht dein Gesicht

Handfläche nach oben und zeigte auf die frischen Blasen an ihren Fingern.
      "Ich habe bemerkt, dass du die Handschuhe nicht getragen hast. Nicht seit deiner Mittagspause mit Shay. Und den Rest konnte ich mir denken."
      "Ach so. Nicht, dass sie mir nicht gefallen. Aber ich konnte einfach nicht."
      "Sicher, ich weiß. Das ist alles meine Schuld." Er schaute sich in
      dem überfüllten Raunt um. "Können wir rausgehen? Ich muss dir etwas sagen."
      Tally nickte. Sie spürte den kalten Anhänger an ihrem Hals und daran was sie Shay versprochen hatte. "Ja. Ich muss dir auch etwas sagen."
            ***
      Sie gingen durch Smoke, vorbei an Kochstellen, die mit ein paar Schaufeln Erde gelöscht wurden, an Fenstern, hinter denen Kerzen und elektrische Birnen aufleuchteten, und an einer Handvoll junger Uglies, die ein entlaufenes Huhn jagten. Sie kletterten auf den Felsrücken, von dem aus Tally den ersten Blick auf die Siedlung geworfen hatte, und David führte sie zu einem kühlen, flachen Felssims. Dort öffnete sich zwischen den Bäumen ein weiter Ausblick. Einmal mehr fiel Tally auf, wie graziös David war, wie er jeden Schritt auf dem Pfad genau zu kennen schien. Nicht einmal Pretties, deren Körper perfekt ausbalanciert waren, so modelliert, dass sie in jeglicher Kleidung elegant aussahen, bewegten sich mit so viel müheloser Kontrolle.
      Tally riss ihre Augen von ihm los. Im Tal unter ihnen leuchteten die Orchideen im Mondlicht mit bleicher Boshaftigkeit, ein geborenes Meer vor dem dunklen Ufer des Waldes.
      David sprach zuerst. "Weißt du, dass du die Erste bist, die ganz allein hergekommen ist?"
      "Wirklich?"
      Er nickte und starrte noch immer auf das weiße Blumenmeer "Meistens hole ich sie her."
      Tally dachte an Shay, an ihre letzte gemeinsame Nacht in der Stadt, als sie gesagt hatte, der geheimnisvolle David werde sie nach Smoke bringen. Damals hatte Tally nicht geglaubt, dass eine solche Person tatsächlich existierte. Jetzt, wo er neben ihr saß, kam David ihr überaus wirklich vor. Er nahm die Welt ernster als alle anderen Uglies, denen Tally je begegnet war - ernster sogar als Mittel-Pretties wie ihre Eltern. Auf eine seltsame Weise strahlten seine Augen die gleiche Intensität aus wie die der grausamen Pretties, wenn ihnen auch deren Kälte fehlte.
      "Früher hat meine Mutter das gemacht", fügte er hinzu. "Aber jetzt ist sie zu alt."
      Tally schluckte. In der Schule hatte man ihr stets erklärt, dass nicht operierte Uglies am Ende zu Invaliden wurden. "Ach, das tut mir so leid. Wie alt ist sie denn?"
      Er lachte. "Sie ist noch total fit, aber den Uglies fällt es leichter, einem wie mir zu vertrauen, einem in ihrem eigenen Alter."
      "Ja, natürlich." Tally dachte daran, wie sie am ersten Tag auf den Boss reagiert hatte. Nur wenige Wochen später hatte sie sich daran gewöhnt, dass das Alter so viele verschiedene Gesichter produzierte.
      "Manchmal schaffen es Uglies auf eigene Faust, sie folgen kodierten Anweisungen, so wie du es gemacht hast. Aber das sind dann immer Gruppen von dreien oder vieren. Niemand ist je allein hergekommen."
      "Du musst mich für eine Idiotin halten."
      "Überhaupt nicht." Er nahm ihre Hand. "Ich finde das wirklich tapfer."
      Sie zuckte mit den Schultern. "So schlimm war das auch wieder nicht."
      "Nicht die Reise an sich erfordert Mut, Tally. Ich habe viel längere Strecken allein hinter mich gebracht. Von zu Hause wegzugehen, das ist schwer." Er fuhr mit dem Finger über ihre wunde Hand. "Ich kann mir nicht vorstellen, Smoke verlassen zu müssen, wegzugehen von allem, was ich je gekannt habe, und zu wissen, dass ich vermutlich niemals zurückkehren werde."
      Tally schluckte. Es war nicht leicht gewesen. Aber natürlich hatte sie im Grunde keine Wahl gehabt.
      "Aber du hast deine Stadt verlassen, den einzigen Ort, wo du je gelebt hast, ganz allein", sagte David jetzt. "Du kanntest keinen Smokey, niemanden, der dich aus eigener Erfahrung davon überzeugen konnte, dass es Smoke wirklich gibt. Du hast alles nur getan, weil du deiner Freundin vertraut hast, weil sie dich darum gebeten hatte. Ich glaube, deshalb habe ich auch das Gefühl, dir vertrauen zu können."
      Tally schaute hinunter auf das Unkraut und fühlte sich bei jedem Wort, das David sagte, noch elender. Wenn er nur den wahren Grund wüsste, warum sie hier war!
      "Als Shay mir gesagt hat, dass du kommen würdest, war ich richtig wütend auf sie."
      "Weil ich Smoke hätte