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Verliere nicht dein Gesicht

Verliere nicht dein Gesicht

Titel: Verliere nicht dein Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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Specials auftauchten, würde Shays Liebesleben für alle eine der geringsten Sorgen sein.
      "Hast du denn mit David darüber gesprochen? Scheint doch ein Thema zu sein."
      "Nein, hab ich nicht."
      "Warum nicht?"
      "Das hat sich eben nie ergeben."
      Shay verzog den Mund. "Wie bequem."
      Tally stöhnte. "Aber Shay, du hast es doch selbst gesagt. Ich sollte niemandem den Weg nach Smoke verraten. Ich bin nicht besonders stolz auf die ganze Sache. Und da werd ich nicht auch noch groß darüber reden."
      "Aber du trägst dieses Ding um den Hals. Was allerdings auch nicht viel genutzt hat, da David es ja offenbar nicht bemerkt."
      Tally seufzte. "Vielleicht ist es ihm auch egal, weil du dir das alles nur..." Sie konnte den Satz nicht beenden. Shay bildete sich das nicht nur ein, das sah und spürte sie jetzt auch. Als David ihr den Eisenbahntunnel gezeigt und ihr das Geheimnis seiner Eltern erzählt hatte, tat er das, weil er ihr vertraute, auch wenn das falsch von ihm gewesen war. Und dann dieses Geschenk. War es da wirklich möglich, dass Shay übertrieb?
      Tally wurde klar, dass ein Teil von ihr hoffte, es sei nicht so. Sie holte tief Luft und verdrängte diesen Gedanken. "Shay, was soll ich denn machen?"
      "Sag es ihm einfach."
      "Was soll ich ihm sagen?"
      "Warum du dieses Herz trägst. Dass es diesen mysteriösen Jemand gibt."
      Zu spät ging Tally auf, was sie für ein Gesicht machte.
      Shay nickte. "Das willst du nicht, oder? Das ist ja wohl klar."
      "Doch, ich tu’s. Bestimmt."
      "Aber sicher." Shay wandte sich ab, zog ein Stück Brot aus ihrer Suppe und biss wütend hinein.
      "Ich tu’s, hab ich gesagt." Tally berührte die Schulter ihrer Freundin, und statt sich abzuwenden, drehte Shay sich zu ihr um. In ihrem Blick lag etwas wie Hoffnung.
      Tally schluckte. "Ich werde ihm alles erzählen. Versprochen."

 
  Tapferkeit

      
      An diesem Abend aß sie allein.
      Jetzt, wo sie den ganzen Tag selber Bäume zersägt hatte, fand sie den Holztisch im Essraum nicht mehr entsetzlich. Das Holz fühlte sich beruhigend solide an und den Linien der Maserung mit Blicken zu folgen war leichter, als zu denken.
      Zum ersten Mal fiel Tally auf, wie gleichförmig die Kost hier war. Wieder gab es Brot und Eintopf. Einige Tage zuvor hatte Shay ihr erklärt, dass die Fleischstücke im Eintopf von Kaninchen stammten. Es waren keine Sojapräparate wie das dehydrierte Fleisch in den SpagBol, sondern echte Tiere aus dem vollgestopften Stall am Rand von Smoke. Die Vorstellung, dass Kaninchen getötet, abgehäutet und gekocht wurden, passte zu Tallys Stimmung. Wie der übrige Tag kam diese Mahlzeit ihr brutal und traurig vor.
      Shay hatte seit dem Mittagessen nicht mehr mit ihr geredet und Tally hatte keine Ahnung, was sie zu Croy sagen sollte, deshalb hatte sie einfach schweigend weitergearbeitet. Dr. Cables Anhänger wurde immer schwerer, wickelte sich um ihren Hals wie die Schlingpflanzen und Wurzeln, die die Schienen umklammerten. Sie hatte das Gefühl, dass alle in Smoke sehen konnten, was der Anhänger war: ein Symbol ihres Verrats.
      Tally fragte sich, ob sie jetzt überhaupt noch hierbleiben könnte. Croy hatte sie im Verdacht und es kam ihr vor, als sei es nur eine Frage der Zeit, bis alle es wissen würden. Den ganzenTag lang hatte sie sich mit einem entsetzlichen Gedanken herumgeschlagen: Vielleicht gehörte sie wirklich hierher nach Smoke, aber sie hatte jedes Recht darauf verloren, weil sie als Spionin gekommen war.
      Und jetzt war Tally zwischen David und Shay getreten. Ohne böse Absicht hatte sie ihre beste Freundin verletzt. Wie wandelndes Gift tötete sie alles.
      Sie dachte an die Orchideen, die sich unten in der Ebene ausbreiteten und das Leben aus anderen Pflanzen herauswürgten sogar aus dem Boden, selbstsüchtig und unaufhaltsam. Tally Youngblood war ein Unkraut. Und anders als die Orchideen nicht einmal ein hübsches.
      Als sie mit Essen fertig war, setzte David sich ihr gegenüber. "Hallo."
      "Hey." Sie brachte ein Lächeln zu Stande. Trotz allem war es eine Erleichterung, ihn zu sehen. Ihr einsames Essen hatte sie an die Tage nach ihrem Geburtstag erinnert, als sie in ihrer Uglygestalt feststeckte und alle gewusst hatten, dass sie jetzt eigentlich eine Pretty hätte sein müssen. Heute fühlte sie sich zum ersten Mal, seit sie hier in Smoke war, wie eine Ugly.
      David nahm ihre Hand. "Tally, das tut mir leid."
      "Es tut dir leid?"
      Er drehte ihre

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