Verliere nicht dein Gesicht
Jahren der Benutzung blass gescheuert. Weiße Linien an den Fingergelenken zeigten, wie sie sich Davids Händen angepasst
hatten. "Die sind wunderschön."
"Komm schon", sagte David. "Die sind schließlich nicht magisch oder so."
"Nein, aber sie haben ... etwas." Geschichte, das ging Tally jetzt auf. In der Stadt hatte sie jede Menge Kram besessen - fast alles, sie sich wünschte, kam aus der Wand. Aber die Dinge in der Stadt waren zum Wegwerfen gedacht und konnten ersetzt werden, wie das T-Shirt, die Jacke und der Rock der Schuluniform. Hier in Smoke wurden die Gegenstände alt und trugen ihre Geschichte in Spalten und Rissen und Kerben mit sich herum.
David lächelte sie an, dann beschleunigte er und flog nach vorn zu Shay.
***
Als sie die Bahnlinie erreicht hatten, erklärte David, dass sie ein weiteres Stück Schienenstrang freilegen würden. Dazu mussten sie die Pflanzen, die die Schienen überwucherten, mit Vibra-Sägen zerschneiden.
"Was ist mit den Bäumen?", fragte Croy.
"Was soll mit denen sein?"
"Müssen wir sie umhacken?", fragte Tally.
David zuckte mit den Schultern. "Dieses Unterholz, taugt nicht viel. Aber wir werden es nicht vergeuden. Wir nehmen es zum Verbrennen mit nach Smoke."
"Zum Verbrennen?", fragte Tally. Die Smokies fällten normalerweise in ihrem Tal Bäume, am übrigen Berg aber nicht. Diese Bäume wuchsen hier seit Jahrzehnten und David wollte darauf einfach eine Mahlzeit kochen? Sie schaute Hilfe suchend zu Shay hinüber, aber das Gesicht ihrer Freundin war ganz bewusst neutral. Sie war vermutlich Tallys Ansicht, wollte sich aber nicht vor allen anderen mit David darüber streiten, wie er seine Aufgabe erledigte.
"Ja, zum Verbrennen", sagte er. "Und wenn wir die Schienen abmontiert haben, dann wird hier aufgeforstet. Dann werden wir da, wo früher die Eisenbahn verlaufen ist, brauchbare Bäume pflanzen."
Die fünf anderen sahen ihn schweigend an. Er drehte die Säge in seiner Hand hin und her, bereit anzufangen, aber ihm war klar, dass er noch nicht auf ihre volle Unterstützung zählen konnte.
"Weißt du, David", sagte Croy, "diese Bäume sind nicht nutzlos. Sie beschützen das Unterholz vor Sonnenlicht und das beschützt den Boden vor der Erosion."
"Okay, du hast gewonnen. Statt andere Bäume zu pflanzen, geben wir dem Wald das Land zurück. Und dann kann hier so viel schrottiges Unterholz und Gestrüpp wachsen, wie ihr wollt."
"Aber müssen wir unbedingt roden?", fragte Astrix.
David holte tief Luft. >Roden< bezeichnete das, was die Rusties mit den alten Wäldern gemacht hatten: Sie hatten jeden Baum gefällt und ganze Landstriche in Weideland verwandelt. Komplette Regenwälder waren zerstört worden und statt Millionen voneinander abhängiger Arten hatte es nur noch Herden von Rindern gegeben, die Gras fraßen, ein riesiges Lebensgefüge war gegen billige Hamburger eingetauscht worden.
"Hört mal, von Roden kann keine Rede sein. Wir holen uns nur den Müll, den die Rusties hinterlassen haben", sagte David. "Das ist nichts weiter als ein kleiner chirurgischer Eingriff."
"Wir könnten um die Bäume herumhacken", sagte Tally. "Und sie nur entfernen, wo es unbedingt sein muss. Wie du sagst: chirurgisch."
"Von mir aus." Er schmunzelte. "Mal sehen, was ihr von diesen Bäumen haltet, nachdem ihr ein paar davon aus dem Boden geholt habt."
***
Er hatte Recht.
Die Vibra-Säge fraß sich durch schwere Schlingpflanzen, zerteilte verworrenes Unterholz wie ein Kamm, der durch nasse Haare gezogen wird, und zerschnitt das Metall problemlos immer dann, wenn eine falsche Bewegung die Säge an die Schienen heranbrachte. Aber als ihre Zähne auf die knorrigen Wurzeln und verschlungenen Zweige der kleinen Bäume trafen, sah die Sache ganz anders aus.
Tally schnitt eine Grimasse, als ihre Säge wieder über das harte Holz rutschte und ihr Rindenstücke ins Gesicht schleuderte, während das leise Brummen sich in ein empörtes Geheul verwandelte. Sie gab sich alle Mühe, um die Säge in das harte alte Holz zu zwingen. Noch ein Schnitt und dieser Schienenabschnitt wäre freigelegt.
"Das sieht gut aus. Fast hast du es geschafft, Tally."
Sie bemerkte, dass Croy einen Schritt zurückgetreten war, bereit loszuspringen, falls ihr die Säge aus den Händen rutschte. Sie verstand jetzt, warum David die kleinen Bäume am liebsten gehackt hätte. Das wäre viel leichter gewesen, als im Gewirr aus
Weitere Kostenlose Bücher