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Verliere nicht dein Gesicht

Verliere nicht dein Gesicht

Titel: Verliere nicht dein Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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dicke Gobelins hingen an den Wänden, färbten das Licht im Zimmer und glätteten alle scharfen Kanten. Maddy und Az hatten bei ihrer Flucht offenbar sehr viel aus der Stadt mitgenommen. Und anders als Uglies die nur ihre Schuluniformen und einige andere entbehrliche Dinge besaßen, hatten die beiden offenbar ihr Leben lang Gegenstände gesammelt, ehe sie der Stadt entkommen waren.
      Tally dachte daran, wie sie zwischen Sols Holzarbeiten aufgewachsen war, abstrakten Formen aus abgebrochenen Ästen, die sie als Winzling im Park gesammelt hatte. Vielleicht war Davids Kindheit doch nicht ganz anders gewesen als ihre eigene.
      "All das kommt mir so bekannt vor", sagte sie.
      "Hat David es dir nicht erzählt?", fragte Maddy. "Az und ich stammen aus derselben Stadt wie du. Wenn wir dortgeblieben wären, hätten wir dich vielleicht hübsch gemacht."
      "Ja, kann schon sein", murmelte Tally, Wenn sie in der Stadt geblieben wären, würde es kein Smoke geben und Shay wäre niemals weggelaufen.
      "David sagt, dass du ganz allein hergekommen bist", fuhr Maddy fort.
      Tally nickte. "Ich bin einer Freundin gefolgt. Sie hatte mir Anweisungen hinterlassen."
      "Und du hast beschlossen, allein zu kommen? Hättest du nicht
      warten können, bis David wieder in der Nähe war?"
      "Dazu hat die Zeit nicht gereicht", erklärte David. "Sie ist in der
      Nacht vor ihrem sechzehnten Geburtstag weggelaufen."
      "Da hast du ja wirklich bis zur allerletzten Minute gewartet", sagte Az.
      "Wie dramatisch", sagte Maddy beifällig.
      "Eigentlich hatte ich auch keine Wahl. Ich hatte noch nicht einmal
      von Smoke gehört, bis Shay, meine Freundin, mir erzählt hat, dass sie hinwollte. Das war ungefähr eine Woche vor meinem Geburtstag."
      "Shay? Ich glaube nicht, dass wir sie kennen", sagte Az.
      Tally sah David an, und der zuckte mit den Schultern. Er war also nie mit Shay hier gewesen? Für einen Moment fragte Tally sich, was wirklich zwischen David und Shay gelaufen war.
      "Du hast deinen Entschluss schnell gefasst", sagte Maddy.
      Tally zwang sich, wieder an die Gegenwart zu denken. "Das musste ich. Ich hatte ja nur diese eine Chance."
      "Da höre ich eine wahre Smokey sprechen", sagte Az und goss aus dem Kessel eine dunkle Flüssigkeit in die Tassen. "Tee?"
      "Ja, bitte." Tally ließ sich eine Untertasse geben und spürte die glühend heiße Flüssigkeit durch das dünne, weiße Porzellan. Als ihr aufging, dass das so eine zungenverbrennende Smokey- Erfindung war, nippte sie nur vorsichtig daran. Ihr Gesicht verzog sich bei dem bitteren Geschmack. "Hu. Ich meine ... tut mir leid. Ich hab noch nie Tee getrunken."
      Az machte große Augen. "Wirklich nicht? Als wir noch dort gelebt haben, war Tee sehr beliebt."
      "Ich habe davon gehört. Aber heute wird er eher von Runzlingen getrunken. Äh, ich meine, vor allem von späten Pretties." Tally gab sich alle Mühe, nicht rot zu werden.
      Maddy lachte. "Na, wir sind ziemlich runzlig, also ist es wohl in Ordnung für uns."
      "Sprich für dich selbst, Liebes."
      "Probier das mal", sagte David. Er ließ einen weißen Würfel in Tallys Tee fallen. Beim nächsten Schluck hatte sich süßer Geschmack im Tee verbreitet, der die Bitterkeit auflöste. Sie konnte jetzt an dem Gebräu nippen, ohne das Gesicht zu verziehen.
      "David hat dir ein wenig über uns erzählt, glaube ich", sagte Maddy.
      "Na ja, er hat gesagt, dass ihr vor langer Zeit weggelaufen seid. Noch
      vor seiner Geburt."
      "Ach wirklich?" Az schaute jetzt genauso wie David, wenn jemand aus dem Eisenbahnkommando mit einer Vibra-Säge etwas Gedankenloses und Gefährliches anstellte.
      "Ich habe ihr nicht alles erzählt, Dad", sagte David. "Nur, dass ich in der Wildnis aufgewachsen bin."
      "Den Rest überlässt du uns?", fragte Az ein wenig steif. "Reizend von dir."
      David hielt dem Blick seines Vaters stand. "Tally ist hergekommen, um sich davon zu überzeugen, dass es ihrer Freundin gut geht. Den ganzen Weg allein. Aber vielleicht will sie nicht bleiben."
      "Hier wird niemand zum Bleiben gezwungen", sagte Maddy.
      "So hab ich das nicht gemeint", sagte David. "Ich finde, sie sollte es wissen, ehe sie entscheidet, ob sie in die Stadt zurückkehren will."
      Tally ließ ihren Blick von David zu seinen Eltern wandern und staunte. Die drei kommunizierten auf eine so seltsame Weise, überhaupt nicht wie Uglies und Runzlinge. Es war viel eher wie eine Auseinandersetzung unter Uglies. Unter

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