Verlockend wie ein Dämon
Leute, Heather. Aber meine Schwester und ich haben ihnen ganz schön was eingeschenkt. Mein Dad behauptete, dass er mir die Schuld an Melanies Tod geben würde, aber weißt du was? Er hat’s nicht getan. Er hat sich selbst die Schuld gegeben. Woher ich das weiß? Er ist heute, sieben Jahre später, noch immer in Therapie.«
Das Mädchen entzog ihm seine Hand.
»Die beste Freundin meiner Schwester, Carla – sie hat die Drogen besiegt. Hat einen Entzug gemacht, wurde clean und ist heute Bibliothekarin. Ich kann’s mir schwer vorstellen, aber es stimmt. Es wird nicht leicht werden, es zu beenden, aber es ist möglich, wenn du es nur wirklich willst.«
Heather biss sich auf die Lippen. »Hast du es denn beendet?«
Er lächelte. »Was meinst du wohl?«
»Und wie?«
»Mit Hilfe.« Er sah zu Lena. »Jeder Tag ist ein steiniges Stück Weg, aber an irgendeinem Punkt merkst du plötzlich, dass schon sechs Jahre vergangen sind, und es geht dir immer noch gut. Du bist gesund.«
»Ich glaube nicht, dass ich wieder ich selbst werden kann.«
Brian blickte sie ernst an. »Ich will dich nicht anlügen. Du kannst nicht mehr die Heather sein, die du warst, bevor all das angefangen hat. Aber der Mensch, der du jetzt bist, ist schon viel stärker. Und er kann ein besserer Mensch werden, als er vorher war. Wenn du jetzt aufgibst, wenn du die Flinte ins Korn wirfst, wirst du diese Chance niemals bekommen. Aber ich gebe dir mein Wort: Es ist die Mühe wert, es anzupacken.«
Ihr Blick wurde etwas milder. »Aber wie kann man vergessen?«
Er schüttelte den Kopf. »Man kann nicht vergessen. Du lernst nur, damit zu leben. Keiner von uns ist perfekt – wir haben alle Fehler. Und einige haben mehr als andere.«
»Konntest du dir verzeihen?«
Brian holte tief Luft. »Lange Zeit nicht. Aber inzwischen schon, da ich etwas Besseres mit meinem Leben anstelle. Du kannst die Kurve noch kriegen, Heather. Lena und ich werden dafür sorgen, dass du die Hilfe bekommst, die du benötigst. Wir werden da sein, wenn du jemanden zum Anlehnen oder zum Reden brauchst.« Er war sich nicht sicher, ob Lena ihn so nahe bei sich haben wollte, aber zum Teufel damit. Sie würde sich eben arrangieren müssen. »Wir tun alles, was nötig ist, wenn du wirklich von der Nadel weg willst. Willst du?«
Heather sah zu Lena und dann wieder zu Brian.
Sie nickte.
»Gut«, sagte er lächelnd. »Erste Maßnahme: Du musst mit jemandem sprechen, der neutral ist. Mit einem Arzt.« Er machte ein Zeichen Richtung Tür, und Dr. Edwards, der Krankenhauspsychiater, trat ein. »Lena und ich warten draußen.«
Lena verließ mit Brian den Raum. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Ihre Hand griff instinktiv nach dem goldenen Anhänger, doch er war nicht mehr da. »Du hast mir diese Einzelheiten nicht erzählt, als wir über deine Abhängigkeit gesprochen haben.«
»Ich habe bis heute überhaupt noch niemandem davon erzählt.«
Er setzte sich auf einen Plastikstuhl im Flur und stützte die Ellbogen auf die Knie.
Lena ließ sich auf dem Stuhl daneben nieder. »Hast du dir wirklich verziehen? Oder hast du das nur gesagt, damit sich Heather besser fühlt?«
»Nein, es stimmt.«
»Hast du seither Kontakt mit deinen Eltern gehabt?«
Er schnaubte. »Wie denn? Ich bin tot, schon vergessen? Ich habe jeden Cent zurückgezahlt, den sie an mich verschwendet haben, indem ich ihnen einen Scheck von einer Scheinversicherungsgesellschaft schickte, aber ich kann wohl kaum bei ihnen vorbeischauen und sagen: ›Dad, Mom, es tut mir so leid, dass ich euch wehgetan habe. Ich hab’s ganz schön vermasselt. Könnt ihr mir noch mal verzeihen?‹«
Sie lehnte sich zurück, legte den Kopf an die Wand und dachte nach.
»Kannst
du
mir denn verzeihen?«, fragte er.
»Das ist leicht«, entgegnete sie. »Da gibt’s nämlich nichts zu verzeihen. Der Brian Webster, den ich kenne, ist die ehrenwerteste Person, der ich je begegnet bin. Wie auch immer er in der Vergangenheit gewesen sein mag, heute würde er stets das Richtige tun, egal, worum es geht.«
»Ich habe meine Schwester sterben lassen.«
»Ja«, bestätigte sie, »das hast du. Und ich habe nicht gehört, dass du die Schuld daran auf die Drogen oder den Druck geschoben hast, unter dem du gestanden bist. Du hast die volle Verantwortung für dein Verhalten übernommen, und es gibt nichts Ehrenhafteres als das.«
»Ich hätte Heather auch sterben lassen.«
»Aber nur, um Millionen andere zu retten.«
»Du hättest mich dafür
Weitere Kostenlose Bücher