Verlockende Angst
«
Unvermittelt hörte ich auf, mich zu bewegen. Ich hatte keine Ahnung, seit wann ich mich vor und zurück gewiegt hatte. » Duuu sieehst viel lächerlicher aus « , meinte ich in singendem Ton. » Du grübelst. Grübeln steht dir nicht. «
Er rieb sich das Kinn, und sein Blick folgte mir so eindringlich wie der eines Habichts, der eine Beute erspäht hat. » Das wird eine lange Nacht. «
» Vielleicht. « Ich schob mich näher an ihn heran, weil ich die Nähe zu etwas… zu jemandem suchte. » Hey. Du hast gelächelt. «
Er ließ die Hand sinken. » Nicht. «
Ich kicherte. » Was soll ich nicht tun? «
» Komm nicht näher, Alex! «
» Gestern Abend hattest du kein Problem mit meiner Nähe. Hast du etwa Angst vor mir? «
» Nein. «
» Warum darf ich dann nicht? «
Für einen Moment huschte Belustigung über sein Gesicht, verschwand aber sogleich wieder. » Du musst dich hinlegen, Alex. «
Ich wirbelte herum und mich überkam die Lust zu tanzen. Als wir auf dem Feld Walzer getanzt hatten– das hatte Spaß gemacht. Das wollte ich wiederholen und Seth sollte mitmachen. Allein zu tanzen, war irgendwie langweilig.
» Alex… «
» Okay. Ich setze mich ja schon. « Dann sprang ich auf ihn los. Ich musste ihn überrascht haben, weil er sich nicht rührte. Und Seth hätte wahrhaftig ausweichen können, wenn er gewollt hätte.
Aber er wollte wohl nicht.
Ich schlang ihm die Arme um die Hüften wie ein Oktopus und nun wollte ich auch nicht mehr tanzen. » Das fühlt sich gut an « , schnurrte ich und rieb meine Wange an seiner Hemdbrust.
Zuerst reagierte Seth nicht, obwohl ich wusste, dass es sich auch für ihn gut anfühlte. Dann ergriff er meine Hände und befreite sich aus meiner Umarmung. » Bitte, setz dich, Alex! «
» Ich will nicht. « Ich wollte seinen Hals umschlingen, aber er wich zurück. Ich runzelte die Stirn. » Warum läufst du vor mir davon? Hast du Angst vor mir? «
» Ja. Im Augenblick schon. «
Lachend warf ich den Kopf zurück. » Der große, böse Apollyon hat Angst vor mir? Mir ist heiß. Kannst du nicht ein Fenster aufmachen? «
Seth fuhr herum und ging zum Fenster. » Warum habe ich das nur vorgeschlagen? «
» Weil du mich ma…hagst « , zwitscherte ich und drehte und drehte mich, bis mir schwindelig wurde. » Du magst mich wirklich, wirklich gern. Götter, ich muss dieses Zeug öfter trinken! Ich fühle mich fantastisch. «
Stöhnend versuchte er das Fenster zu öffnen. » Später wird’s dir nicht mehr so gut gehen. «
» Wie? Du hast schon davon getrunken? Du hast davon getrunken! Du schmutziger, schmutziger Apollyon! « Ich warf mich aufs Bett. Es war so etwas von bequem. » Ich liebe dein Bett. « Genüsslich drehte ich mich auf den Bauch. » Ich liebe es so sehr, dass ich es heiraten würde, wenn ich könnte. «
Seth lachte laut. » Du würdest mein Bett heiraten? «
» Hmmm. « Ich ließ mich auf den Rücken fallen. An Seths Decke prangte ein Wandgemälde– Engel und andere geflügelte Wesen in hübschen Pastelltönen. » Ich würde, wenn ich heiraten könnte. Aber wir dürfen nicht heiraten. Nicht einmal tote Gegenstände. Da macht es irgendwie keinen Spaß, sich zu verlieben. «
» Ist das so? « , murmelte Seth.
Ich sprang vom Bett auf, weil ich nicht stillhalten konnte. Seth stand immer noch am Fenster und hatte offenbar vergessen, dass er es öffnen wollte. » Warst du schon einmal verliebt, Seth? «
Er blinzelte verdattert. » Ich glaube nicht. Zählt es, wenn man sich selbst liebt? «
Ich lachte. » Nein, aber ein guter Versuch. Seth? «
» Ja? «
» Es ist so heiß in diesem Zimmer. «
Kopfschüttelnd wandte er sich wieder zum Fenster. » Ja, warte, bis ich das verdammte Schloss an diesem Ding gefunden habe. Dann lasse ich frische Luft herein. «
Es war heiß. Einfach zu heiß hier drinnen und ich konnte das Gefühl des kratzigen Stoffs auf der Haut nicht mehr ertragen. Seth brauchte zu lange. Ich zog den Kapuzenpullover über den Kopf und warf ihn zu Boden. Sofort fühlte ich mich tausendmal besser.
Seth erstarrte und stieß einen erstickten Laut aus. » Sag nur, du hast dich gerade ausgezogen… «
Ich kicherte. » Na und? «
Er fuhr sich mit den Händen über den Kopf. Weitere seidenweiche Strähnen glitten ihm durch die Finger. » Das wird mir noch leidtun. Das wird mir noch so was von leidtun. «
» Ich bin nicht nackt, du Blödmann. « Ich fasste mein Haar im Nacken zusammen und drehte es zusammen. » Außerdem hast du versucht, mich
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