Verlockende Angst
Garten. » Du darfst keine Geschenke von denen annehmen, die dich vernichten wollen. «
» Und keine Süßigkeiten « , murmelte ich.
Piperi überhörte meinen Sarkasmus. » Du musst dich von dem einen fernhalten, der nichts als Kummer und Tod bringt. Hörst du? Er bringt nichts als den Tod. Das war schon immer so. Erkenne den Unterschied zwischen Begehren und Liebe, Schicksal und Zukunft. Wenn nicht, werden alle Opfer deiner Momma umsonst gewesen sein. «
Diese Worte weckten meine Aufmerksamkeit– vielleicht weil sie noch nie so klar gesprochen hatte. » Wer ist er? «
» Er ist nicht, was er zu sein scheint. Er führt alle hinters Licht– auch sich selbst. Das arme Kind erkennt es nicht. Er sieht es nicht und es hat sein Schicksal besiegelt. « Sie seufzte. » Dieser spielt auf beiden Seiten. Du weißt es nicht– du könntest es nicht erkennen. Er… « Sie fuhr ruckartig zurück und der Stock entglitt ihrer Hand. Er fiel auf den marmorgefliesten Weg auf und zerbrach in viele Stücke.
Ich streckte die Arme nach der Alten aus und rechnete damit, dass sie flach aufs Gesicht fiel. Umso schockierter war ich, als sie in sich zusammenschrumpfte und zu Flocken zerfiel. Und dann war nichts mehr von ihr übrig als ein Häufchen Staub.
9. Kapitel
D as alte Orakel ist von uns gegangen. « Lucian wandte sich um und sprach uns alle an. Es wirkte albern, wie sich seine weißen Gewänder dabei um seine schlanke Gestalt wickelten. » Ein neues Orakel hat seinen Platz eingenommen. «
Ich hatte Kopfschmerzen.
Anscheinend war es keine große Sache, wenn das Orakel starb. Grandma Piperi war uralt gewesen. Ich war einfach zufällig an ihrem Todestag über sie gestolpert– ich Glückspilz.
Leon hob einen muskelbepackten Arm und kniff sich in den Nasenrücken. Diese eilig einberufene Versammlung auf höchster Ebene war nicht gut gelaufen. Nachdem Grandma Piperi verpufft war, war ich gleich zu Marcus gegangen, und Marcus hatte alle in sein Büro gerufen. Unglücklicherweise hatte Lucian einen auf Krawall gebürsteten Seth mitgebracht. Und noch schlimmer– Aiden war aus unerfindlichem Grund schon vorher in Marcus’ Büro gewesen.
Marcus holte tief Luft. » Was genau ist passiert, Alex? «
» Das habe ich dir doch schon alles erzählt. Ich traf sie zufällig im Garten. Sie redete und in der nächsten Sekunde war sie einfach irgendwie verpufft… «
» Sie ist verpufft? « Seth lachte. Er lungerte in der Ecke herum, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und dieses verdammte Lächeln aufgesetzt. » Ernsthaft? «
» Ja, sie ist verpufft. In einer Sekunde war sie da und in der nächsten lag da nur noch ein Häufchen Staub. «
» Wir verpuffen nicht einfach, Alex. Das passiert nicht. «
» Ist aber passiert. Mit ihren knochigen Fingern ging sie auf mich los und erzählte verrücktes Zeug. Dann ist sie verpufft. «
Seth hob die Brauen und lachte wieder. » Was hast du heute gemacht? Etwas geraucht? «
An Marcus gerichtet, warf ich die Hände in die Luft. Ich hatte keine Ahnung, warum Seth sich mir gegenüber wie ein Armleuchter benahm. Es hatte in dem Moment angefangen, als er den Raum betreten hatte, und inzwischen hätte ich ihn am liebsten umgebracht. » Muss er hier sein? «
» Er ist dort, wo ich ihn brauche « , antwortete Lucian an Marcus’ Stelle. » Und ich brauche ihn hier. «
» Kann er dann wenigstens den Mund halten? « Ich vermisste Seths charmantere Ausgabe. Diese Version war einfach nur mies. » Warum muss er alles kommentieren, was aus meinem Mund kommt? «
» Ich kommentiere alles, weil du klingst, als hättest du Crack geraucht « , konterte Seth. » Wo bist du überhaupt den ganzen Tag gewesen? «
» Seth! « , warnte Aiden. Es war das erste Wort, das er seit dem Beginn der Versammlung sagte. Er hatte sich umgezogen und trug seine Wächteruniform, und es fiel mir verdammt schwer, ihn nicht anzusehen. » Können Sie nicht fünf Sekunden still sein? «
Seths gelbliche Augen flammten auf. » Muss er unbedingt hier sein? Er ist nur ein Wächter. «
» Er war schon hier, bevor Sie alle gekommen sind « , antwortete Marcus verkniffen. » Und verzichten Sie doch bitte auf Ihre Kommentare, Seth! «
Seth lehnte sich lässig an die Wand und hob ergeben die Hände. » Klar. Klar. Sprich weiter, Alexandria! Erzähl uns noch einmal, wie sie verpufft ist. «
» Das habe ich bereits erklärt « , sagte ich. » Es ist ziemlich einfach zu verstehen. Sogar für dich. Oder bist du heute mit dem falschen Fuß
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