Verlockung der Leidenschaft: Roman (German Edition)
Sie kann auch eine Bürde sein. Vielleicht wäre es das Beste, wenn du dich zukünftig von Lord Augustine fernhältst.«
Cecily ging ein wenig verwirrt, denn ihre Großmutter äußerte selten etwas Persönliches. Als sie in ihre Gemächer zurückging, traf sie zufällig ihren Bruder im Korridor vor den familieneigenen Apartments. Roderick blieb stehen, als er sie erblickte. »Ich habe dich gerade gesucht.«
Die Geschwister hatten dieselbe helle Haarfarbe und zarten Züge, außerdem waren sie altersmäßig nicht weit auseinander, sodass sie während ihrer Kindheit oft stundenlang miteinander gespielt hatten. Als Erbe war Roderick allerdings später nach Eton und anschließend nach Cambridge gegangen und war von seinen Schwestern getrennt aufgezogen worden, bis sie erwachsen waren, um ihn auf seine Aufgabe als zukünftiger Duke vorzubereiten. Erst als sie kürzlich nach London gekommen war, hatte sie wieder häufiger Kontakt mit ihrem Bruder pflegen können.
»Du hast gerade die Teestunde mit Großmama verpasst«, informierte sie ihn.
»Gott sei Dank«, murmelte er.
»Sind wir etwa ein wenig respektlos?«
»Das lag nicht in meiner Absicht, es war vielmehr eine aus tiefem Herzen empfundene Dankbarkeit den höheren Mächten gegenüber. Ich gebe gerne zu, dass sie mir oft genug Angst einjagt. Kann ich wohl mit dir sprechen?«
Cecily lachte, doch das Lachen verging ihr schnell, und sie sah ihn forschend und misstrauisch an. »Nur, wenn du nicht über Lord Augustine reden willst. Ich bin es inzwischen dermaßen leid, über dieses Thema zu reden. Die Gesellschaft bräuchte wirklich viel mehr wirklich interessante Ereignisse, die ihr den nötigen Nervenkitzel verschafft und sie beschäftigt.«
»Ich werde seinen Namen nicht erwähnen.« Ihr Bruder blickte sie finster an. »Obwohl ich fast versucht bin …«
Sie unterbrach ihn. »Wage es ja nicht«, sagte sie fest. »Wage es nicht, irgendetwas zu tun, damit mein Name weiterhin von den Klatschweibern des ton durch den Schmutz gezogen wird.«
Seine Augen waren von einem klaren Blau wie die ihres Vaters und ihrer Schwester Eleanor. Er zögerte und erwiderte ihren Blick, ehe er nickte. »Ich werde die Sache auf sich beruhen lassen.«
»Das rate ich dir auch.« Nicht nur um ihres eigenen Rufs willen, sondern auch, weil sie sich allzu lebhaft vorzustellen vermochte, dass Jonathan Bourne kein Mann war, dem ihr Bruder in einem Duell gegenüberstehen sollte. Roderick war nicht nur jünger, ihm fehlte auch diese gewisse, gefährliche Ausstrahlung. Außerdem war es nicht notwendig, ihre Ehre zu verteidigen. Abgesehen von der dreisten Bemerkung hatte er sie nicht beleidigt. Wenn sie nicht weiter reagierten, würde das Getuschel schon bald aufhören. Der ton war für seinen Wankelmut berüchtigt. »Also gut«, sagte sie und atmete tief ein. »Worüber möchtest du mit mir reden?«
»Über Viscount Drury.«
Sie wollte eigentlich nicht laut aufstöhnen, aber in diesem Fall konnte sie es einfach nicht verhindern. »Ach Roddy, ich …«
»Hör mich an«, unterbrach er sie mit einer ungeduldigen Geste.
Der elegante Korridor mit der hohen Decke und den kleinen, lackierten Tischen war ihr auf einmal nicht privat genug für dieses Gespräch. Sie wusste, was ihr Bruder vorschlagen wollte. »Nun gut. Ich würde lieber hier drinnen mit dir reden.«
Das kleine Wohnzimmer neben ihrem Schlafzimmer war wenigstens etwas verschwiegener. Wer wusste schon, wann eine Kammerzofe mit einem Stapel Bettwäsche vorbeikam. Wenn sie sich noch länger im Korridor stritten, belauschte sie vielleicht jemand. Nun, sie stritten zwar nicht unbedingt, aber sie wusste, dass Roddy und sie völlig gegensätzlicher Meinung wären.
Roderick folgte ihr und schloss leise die Tür. Als er sich zu ihr umdrehte, verkündete er unvermittelt: »Er wird um deine Hand anhalten. Das hat er mir heute Nachmittag erzählt. Sobald er sich Vaters Erlaubnis sicher ist, will er dir einen Antrag machen. Das wusstest du bestimmt schon.«
»Ich habe es befürchtet.« Cecily setzte sich auf die vordere Kante eines mit Seide bespannten Stuhls und seufzte. Elijah Winters, der Lord Drury, war in letzter Zeit besonders aufmerksam gewesen. Erst heute Morgen waren zwei Blumensträuße von ihm gekommen, und er hatte begonnen, fast jeden Tag bei ihr vorzusprechen. Es war in mehr als nur einer Hinsicht problematisch.
»Du hast es befürchtet? Das klingt nicht besonders vielversprechend.«
»Ich weiß schon, er ist dein
Weitere Kostenlose Bücher